Das Bundesinnenministerium hat vor einem weiteren Treffen mit Unionsvertretern zur Migrationspolitik rechtliche Bedenken bei der Zurückweisung von schutzsuchenden Flüchtlingen aus Drittstaaten im Rahmen der vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen artikuliert.
10.09.2024 - 14:19:56Innenministerium hat rechtliche Bedenken bei Zurückweisungen
Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union setze demnach das Vorliegen "einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (öffentliche Ordnung) oder des Funktionierens der Einrichtungen des Staates, seiner wichtigen öffentlichen Dienste oder des Überlebens der Bevölkerung (innere Sicherheit) voraus", heißt es in der Rechtseinschätzung des BMI. "Deutschland müsste konkret darlegen (Beweislast), dass der Tatbestand erfüllt ist und die Ausnahme erforderlich sowie verhältnismäßig ist", heißt es weiter. Hierbei komme dem Mitgliedsstaat zwar ein Beurteilungsspielraum zu. Die Anforderungen seien aber "eng" und vom EuGH an unionsrechtlichen Maßstäben gerichtlich überprüfbar. Erforderlich wäre eine die "substantielle Darlegung der Ausnahmesituation". Schließlich weist das BMI in seiner Einschätzung darauf hin, dass ein Vorgehen auf Grundlage von Art. 72 AEUV durch den EuGH gerichtlich überprüft werden könnte. "In Betracht kommt die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland oder aber auch ein Vorabentscheidungsersuchen eines deutschen Gerichts, mit dem der Verstoß gegen Unionsrecht gerügt wird", heißt es zum Schluss in der Bewertung.