Rückenschmerzen, Milliarden

Rückenschmerzen kosten Milliarden: Ergonomie wird zum Unternehmensfaktor

28.09.2025 - 19:03:02

Rückenschmerzen verursachen jährlich 40 Millionen Krankheitstage und Milliardenschäden in der deutschen Wirtschaft. Ergonomische Arbeitsplätze können Beschwerden deutlich reduzieren.

Eine neue Welle des Gesundheitsbewusstseins rollt durch deutsche Unternehmen und Heimbüros. Angesichts alarmierender Statistiken über Arbeitsausfälle wegen Muskel-Skelett-Erkrankungen rückt die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung in den Fokus.

Mehr als 80 Prozent der deutschen Beschäftigten leiden mehrmals jährlich unter Rückenschmerzen – das zeigt eine aktuelle Umfrage der Aktion Gesunder Rücken (AGR). Diese Zahlen verdeutlichen ein Problem, das längst zur Volkskrankheit geworden ist. Besonders brisant: Die Grenzen zwischen klassischem Büro und Homeoffice verschwimmen immer mehr.

Milliardenschwere Last für die deutsche Wirtschaft

Die Kosten sind dramatisch. Rückenschmerzen verursachen nach Schätzungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) Produktionsausfälle in Milliardenhöhe. Der TK-Gesundheitsreport beziffert die dadurch bedingten Krankheitstage bundesweit auf rund 40 Millionen.

Sowohl körperlich belastende Berufe als auch sitzende Tätigkeiten sind stark betroffen. Ein ernüchterndes Detail der AGR-Umfrage: Bei ergonomisch gut ausgestatteten Arbeitsplätzen sind 28 Prozent der Beschäftigten beschwerdefrei – ohne rückenfreundliche Ausstattung sind es nur 5 Prozent.

Mehr als nur Stuhl und Schreibtisch

Was macht einen wirklich ergonomischen Arbeitsplatz aus? Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) liefert klare Vorgaben: Ein ergonomischer Bürostuhl braucht verstellbare Sitzhöhe, anpassbare Rückenlehne mit Lordosenstütze und Armlehnen. Der Schreibtisch sollte höhenverstellbar sein.

Die wichtigsten Faustregeln:
Sitzhöhe: Füße stehen flach auf dem Boden, Knie- und Hüftgelenke bilden 90-Grad-Winkel
Armlehnen: Unterarme liegen locker auf, Schultern und Nacken bleiben entspannt
Tischhöhe: Ober- und Unterarme bilden rechten Winkel

Doch Ausstattung allein genügt nicht. „Ein Arbeitsplatz gilt erst als ergonomisch eingerichtet, wenn der Beschäftigte im Umgang mit seinen Arbeitsmitteln unterwiesen ist“, betont die DGUV.

Bewegung schlägt perfekte Haltung

Selbst der beste Stuhl hilft nicht gegen starres Sitzen. Das Konzept des „dynamischen Sitzens“ ist entscheidend – die Haltung muss häufig wechseln. Regelmäßige Pausen fördern die Durchblutung und entlasten die Bandscheiben.

Die Details machen den Unterschied: Der Bildschirm sollte so positioniert sein, dass der Blick leicht nach unten gerichtet ist. Bei Laptops im Dauerbetrieb sind externe Tastatur, Maus und separater Monitor laut BAuA unerlässlich.

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Homeoffice: Das neue Problemfeld

Die hybride Arbeitswelt hat die Ergonomie-Problematik in Wohn- und Küchenzimmer verlagert. Improvisierte Arbeitsplätze führen oft zu massiven ergonomischen Mängeln. Doch das Arbeitsschutzgesetz gilt auch im Homeoffice.

Arbeitgeber stehen in der Pflicht: Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) fordern, dass Telearbeitsplätze mit geeignetem Mobiliar ausgestattet werden. Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter aktiv unterstützen – durch Ausstattung, finanzielle Zuschüsse oder professionelle Ergonomie-Beratungen.

Kulturwandel statt nur neue Stühle

Die hohen Krankenstände zeigen: Ergonomie ist mehr als eine Ausstattungsfrage. Es geht um einen Wandel der Arbeitskultur. Unternehmen, die in die Gesundheit ihrer Mitarbeiter investieren, profitieren von weniger Krankheitstagen und höherer Produktivität.

„Je zufriedener die Beschäftigten, desto niedriger der Krankenstand“, so TK-Chef Dr. Jens Baas. Die Investition in Ergonomie wird zur strategischen Entscheidung für die Zukunftsfähigkeit.

Smart und personalisiert: Die Zukunft des Arbeitsplatzes

Sensorgestützte Stühle, die Feedback zur Haltung geben, oder Software für Bewegungspausen werden Realität. Das Fraunhofer-Institut forscht bereits an körpergetragenen Exosuits, die bei anstrengenden Tätigkeiten entlasten.

Der Trend ist klar: weg von reaktiver Behandlung, hin zu proaktiver, technologiegestützter Prävention. Intelligente Systeme werden den Arbeitsalltag prägen – und die Gesundheit der Mitarbeiter langfristig sichern.

@ boerse-global.de