Mitglieder des Europaparlaments haben auf Initiative des Vorsitzenden des Unterausschusses für Menschenrechte, Udo Bullmann (SPD), fraktionsübergreifend einen offenen Brief an die EU-Führungsspitze geschrieben, in dem sie mehr Engagement zum Schutz und zur Gewährung von Asyl für russische Kriegsdienstverweigerer durch die EU-Mitgliedstaaten fordern.
24.07.2023 - 06:21:59Europaparlamentarier fordern mehr Schutz für russische Deserteure
In dem Schreiben, über das die Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland" berichten, machen die Unterzeichnenden darauf aufmerksam, dass das russische Militärkommando Berichten zufolge 13 illegale Gefangenenlager in den besetzen ukrainischen Gebieten Luhansk und Donezk errichtet hat, in denen über 600 Russen inhaftiert sind, die sich geweigert haben, am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine teilzunehmen. Die Autoren des Schreibens, welches an EU-Ratspräsident Charles Michel, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell gerichtet ist, vertreten die Auffassung, "dass es die Pflicht der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten ist, russische Kriegsdienstverweigerer zu schützen und ihnen Asyl zu gewähren", wie es in dem Brief heißt.
In Deutschland hatten bis Ende April dieses Jahres nach Angaben des Bundesinnenministeriums 2.485 männliche russische Staatsangehörige im wehrfähigen Alter von 18 bis 45 Jahren einen Antrag auf Asyl gestellt. 814 Fälle wurden entschieden, davon 55 positiv und 88 negativ. In den verbleibenden 671 Fällen kam es den Angaben zufolge zu einer "formellen Verfahrenserledigung", entweder durch "Entscheidungen im Dublin-Verfahren" oder durch die "Rücknahme des Asylantrags". Laut Dublin-Verfahren ist immer nur ein EU-Staat für ein Asylverfahren zuständig, damit nicht gleichzeitig oder nacheinander in mehreren EU-Staaten Asylanträge gestellt werden können. Grundsätzlich hat derjenige Mitgliedstaat den Asylantrag zu prüfen, in den die Asylbewerber zuerst nach der Flucht aus ihrem Heimatland eingereist sind. Der Verein für Kriegsdienstverweigerer Connection in Offenbach, der Verweigerer aus Russland, Weißrussland und der Ukraine unterstützt, kritisiert seit Monaten die zögerliche Haltung deutscher Behörden, Geflüchtete unter Schutzstatus zu stellen. Connection-Geschäftsführer Rudi Friedrich sagte dem RND, jeder und jede habe das Recht, jederzeit den Kriegsdienst zu verweigern. Die Verweigerer würden auch zeigen, dass es Widerstand gegen den Krieg gibt. "Das muss unterstützt werden", so Friedrich: "Deutsche Behörden lehnen die Betroffenen hingegen nach wie vor ab. Das ist ein untragbarer Zustand." Die EU-Abgeordneten appellieren am Ende ihres Briefes an die EU-Führungsspitze, weitere Maßnahmen zu ergreifen für eine "gemeinsame Visapolitik" in den EU-Mitgliedstaaten, für eine "Anpassung der Richtlinien zur Erteilung von Einreisevisa" und zur Prüfung von Asylverfahren für russische Staatsbürger, die aus ihrem Land fliehen, weil sie sich weigern, in den russischen Streitkräften zu dienen.
dts Deutsche Textservice Nachrichtenagentur GmbH