Russland, China

Die Nato will in Europa aufrüsten.

11.07.2024 - 17:33:46

Russland und China kontern Nato: «Kriegsrhetorik». Und Russland fühlt sich bedroht und überarbeitet seine Atomdoktrin. Aus Chinas kommt Verärgerung als Antwort auf den Jubiläumsgipfel der Allianz in Washington.

  • Einer für alle, alle für einen: Das ist die Botschaft, die vom Nato-Gipfel ausgehen soll. - Foto: Evan Vucci/AP

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  • Gastgeber Joe Biden: Der US-Präsident repräsentiert die größte Militärmacht der Welt. - Foto: Kay Nietfeld/dpa

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  • Immer auf der Suche nach Unterstützung: Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson (r) trifft sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Kapitol. - Foto: Jose Luis Magana/FR159526 AP/AP

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  • Aus Sicht der Nato eine gefährliche Freundschaft:  Wladimir Putin (r) und Xi Jinping, Präsident von China. (Archivbild) - Foto: Sergey Guneyev/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

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Einer für alle, alle für einen: Das ist die Botschaft, die vom Nato-Gipfel ausgehen soll. - Foto: Evan Vucci/APGastgeber Joe Biden: Der US-Präsident repräsentiert die größte Militärmacht der Welt. - Foto: Kay Nietfeld/dpaImmer auf der Suche nach Unterstützung: Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson (r) trifft sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Kapitol. - Foto: Jose Luis Magana/FR159526 AP/APAus Sicht der Nato eine gefährliche Freundschaft:  Wladimir Putin (r) und Xi Jinping, Präsident von China. (Archivbild) - Foto: Sergey Guneyev/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

Russisch-chinesischer Schulterschluss gegen die Aufrüstungspläne der Nato in Deutschland: Russland hat eine militärische Antwort auf die am Rande des Nato-Gipfels angekündigte Stationierung weitreichender US-Waffen angekündigt. China verurteilte am Donnerstag den Vorwurf der Allianz, den russischen Präsidenten Wladimir Putin im Angriffskrieg gegen die Ukraine zu unterstützen. Die Erklärung des Jubiläumsgipfels der Nato zu China in Washington sei voll von Kriegsrhetorik, Verleumdung und Provokationen. 

Dagegen begründete Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die geplante Stationierung von US-Marschflugkörpern mit einer Reichweite von bis zu 2500 Kilometern mit der Bedrohung aus Russland begründet. «Wir wissen, dass es eine unglaubliche Aufrüstung in Russland gegeben hat, mit Waffen, die europäisches Territorium bedrohen», sagte Scholz am Rande des Gipfels. Die Stationierung weitreichender Waffen sei bereits vor einem Jahr in der ersten Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesrepublik festgeschrieben worden. «Deshalb passt die Entscheidung der Vereinigten Staaten genau in diese Strategie, die wir öffentlich diskutieren seit langer Zeit.»

Die USA wollen erstmals seit dem Kalten Krieg wieder Waffensysteme in Deutschland stationieren, die bis nach Russland reichen. Das hatten das Weiße Haus und die Bundesregierung am Mittwoch vereinbart. Moskau ist etwa 1600 Kilometer Luftlinie von Berlin entfernt. Von 2026 an sollen Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit, Flugabwehrraketen vom Typ SM-6 und neu entwickelte Überschallwaffen für einen besseren Schutz der Nato-Verbündeten in Europa sorgen. 

Zum Abschluss des dreitägigen Treffens in Washington garantierten die 32 Staats- und Regierungschef des Bündnisses dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj militärische und politische Unterstützung, die eines Tages in einem Nato-Beitritt münden soll. Mit Blick auf China nahmen auch Vertreter aus Indopazifik-Staaten an den Beratungen teil.

Treffen sich Orban und Trump in Florida?

Für Verärgerung im Bündnis sorgte angebliche Pläne des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, den Ex-Präsident Donald Trump in Florida nach dem Gipfel zu besuchen. Eine offizielle Bestätigung für diese Medienberichte unter anderem der «New York Times» stand aus. Die britische Zeitung «Guardian» meldete unter Berufung auf eine Quelle aus dem Umfeld Orbans, das Treffen werde in Trumps Residenz Mar-a-Lago stattfinden. 

Trump will nach der US-Wahl im November für die Republikaner wieder ins Weiße Haus einziehen. Der Wahlkampf gegen US-Präsidenten Joe Biden befindet sich mitten in der heißen Phase. 

Bundeskanzler Scholz (SPD) sagte dazu beim Nato-Gipfel auf Nachfrage, er kommentiere die Reisepläne von Regierungschefs anderer Länder nicht. Der ungarische Ministerpräsident agiere als solcher und nicht im Rahmen der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft. 

Orban hatte bereits in den Tagen vor dem Tagen des Gipfels für Schlagzeilen gesorgt. Im Rahmen einer als "Friedensmission" inszenierten Staaten-Tour besuchte der Regierungschef des Nato-Landes China, Russland und die Ukraine. 

US-Wahlkampf beim Gipfel: Wie schlägt sich am Ende Joe Biden?

Joe Biden stand beim Nato-Treffen unter ständiger Beobachtung, nachdem er bei einem TV-Duell gegen Trump Ende Juni Zweifel an seiner geistigen und körperlichen Fitness gesät hatte. Die ersten beiden Tage kam Biden als Gastgeber nahezu pannenfrei durch. Die größten Schnitzer leistet sich Biden aber ohnehin in der Regel nicht, wenn er Reden vom Teleprompter abliest. Schwierig wird es für den 81-Jährigen, wenn er frei spricht. Daher steht die eigentliche Bewährungsprobe für den US-Präsidenten auch noch aus: In der Nacht zum Freitag will er zum Ende des Nato-Gipfels eine Pressekonferenz geben. 

Moskau: Nato-Pläne «Kettenglied im Eskalationskurs»

Russland will nach Angaben des Außenministeriums militärisch auf die geplante Stationierung weitreichender US-Waffen in Deutschland reagieren. Die russische Sicherheit werde durch solche Waffen beeinträchtigt, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Es handle sich um «ein Kettenglied im Eskalationskurs» der Nato und der USA gegenüber Russland. «Wir werden, ohne Nerven oder Emotionen zu zeigen, eine vor allem militärische Antwort darauf ausarbeiten.» 

Russland überarbeitet Atomdoktrin

Der Kreml nannte die Nato-Beschlüsse zur Ukraine eine Bedrohung der eigenen Sicherheit und kündigte Gegenmaßnahmen an. Die Entscheidung, die Ukraine früher oder später in die Allianz aufzunehmen, verdeutliche das Hauptziel des Bündnisses, Russland kleinzuhalten, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow und erwähnte einmal mehr die russische Atomdoktrin. Er bestätigte, dass an Veränderungen gearbeitet werde. Das bisherige Leitprinzip lautet, dass Russland Atomwaffen nur als Reaktion auf einen Atomangriff oder einer existenziellen Gefahr für das Land bei einem konventionellen Angriff einsetzen darf.

China nennt Nato-Kritik völlig unberechtigt

China übt scharfe Kritik an der Erklärung des Nato-Gipfels. Sie übertreibe hinsichtlich der angespannten Lage im Asien-Pazifik-Raum und sei voll von Kriegsrhetorik, Verleumdung und Provokationen gegenüber China, sagte Außenamtssprecher Lin Jian in Peking. 
Die Verantwortung Chinas im Ukraine-Krieg, die die Nato propagiere, sei ungerechtfertigt, erklärte Lin. Die Nato verbreite falsche von den USA geschaffene Informationen, und untergrabe damit die Zusammenarbeit zwischen China und Europa. 

Ukraine-Kommando in Wiesbaden

Die Nato koordiniert künftig von Wiesbaden aus Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte. Er soll am Freitag beginnen und dann nach und nach bislang von den USA wahrgenommene Aufgaben übernehmen. Für das neue Nato-Kommando sollen insgesamt rund 700 Mitarbeitende im Einsatz sein, Deutschland will davon bis zu 40 Mitarbeiter stellen, darunter auch einen Zwei-Sterne-General als stellvertretenden Kommandeur.

Viel Geld an die Ukraine für Waffen - Weg zum Beitritt unumkehrbar

In der Gipfelerklärung wird der Ukraine zugesichert, dass sie auch innerhalb des nächsten Jahres wieder Militärhilfen im Wert von mindestens 40 Milliarden Euro erhält. Das ist in etwa der Betrag, der auch im vergangenen Jahr mobilisiert werden konnte. Die Zusage entspricht nicht der mehrjährigen Verpflichtung, die der scheidende Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ursprünglich gefordert hatte. Beim Streitthema Nato-Beitrittsperspektive gibt es einen Kompromiss. Das Bündnis sichert der von Russland angegriffenen Ukraine zudem zu, dass sie auf ihrem Weg in das Verteidigungsbündnis nicht mehr aufgehalten werden kann. Sicherheitssektors.

 

 

 

 

@ dpa.de