Deutschland, Konjunktur

Hohe Stromkosten, Bürokratie, ausbleibende Reformen: Der Frust in der Wirtschaft über die Bundesregierung wächst.

06.11.2025 - 13:30:57

Frust in den Betrieben: DIHK sieht noch lange Durststrecke. Verbände nennen klare Punkte für die Entlastung von Unternehmen.

  • Der DIHK sieht noch einen langen Ausweg aus der Krise (Archivbild) - Foto: Sebastian Gollnow/dpa

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  • Holger Schwannecke, Generalsekretär des Handwerksverband ZDH, berichtet von Frust aus seiner Branche (Archivbild) - Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/ZB

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  • Die Stromkosten in Deutschland sind laut DIHK doppelt hoch wie in Frankreich (Archivbild) - Foto: Jens Büttner/dpa

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Der DIHK sieht noch einen langen Ausweg aus der Krise (Archivbild) - Foto: Sebastian Gollnow/dpaHolger Schwannecke, Generalsekretär des Handwerksverband ZDH, berichtet von Frust aus seiner Branche (Archivbild) - Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/ZBDie Stromkosten in Deutschland sind laut DIHK doppelt hoch wie in Frankreich (Archivbild) - Foto: Jens Büttner/dpa

Betriebe im Stimmungstief, Zurückhaltung bei Investitionen und Pessimismus für die Konjunktur: Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht noch eine lange Durststrecke, bis die deutsche Wirtschaft aus der Krise kommt. Auch im Handwerk und Mittelstand macht sich Frust über die wirtschaftliche Lage und die Politik der Bundesregierung breit - der Ruf nach schneller Entlastung wird lauter.

Nur 15 Prozent der Betriebe erwarten in den kommenden zwölf Monaten eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, zeigt eine neue DIHK-Konjunkturumfrage unter 23.000 Betrieben aus allen Branchen. Jedes vierte Unternehmen rechnet mit einer Verschlechterung. «Die Stimmung hat sich seit Regierungsantritt nicht verbessert, sondern im Gegenteil leicht eingetrübt», sagte DIHK-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov in Berlin.

«Zuversicht ist weitgehend aufgebraucht»

Ähnlich äußerte sich Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). «Die Zuversicht, die in weiten Teilen des Handwerks mit dem Regierungswechsel verbunden war, ist weitgehend aufgebraucht», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. 

Kanzler Friedrich Merz (CDU) hatte bei seinem Amtsantritt im Mai auf einen baldigen Stimmungsumschwung in der Wirtschaft gesetzt. Doch anfänglichem Optimismus etwa wegen der staatlichen Milliardenausgaben für Infrastruktur und Verteidigung ist Ernüchterung gewichen, auch wegen Uneinigkeit in der schwarz-roten Regierungskoalition.

Pessimistischer als die Bundesregierung

Die DIHK ist bei ihren Konjunkturerwartungen pessimistischer als die Bundesregierung und erwartet für 2026 nur ein Mini-Wachstum von 0,7 Prozent. Die Bundesregierung sowie führende Ökonomen rechnen nach einer Stagnation oder allenfalls einem Mini-Wachstum im laufenden Jahr für 2026 mit einem Plus von 1,3 Prozent.

Melnikov begründete die schlechtere Prognose mit schwachen Aussichten für den Export sowie der Investitionszurückhaltung bei Firmen. «Was heute nicht investiert wird, ist morgen nicht da.» Laut Umfrage plant nur jedes fünfte Unternehmen höhere Investitionen, jedes dritte will sie kürzen. Nach wie vor bremsten vor allem strukturelle Probleme die Betriebe: Laut Umfrage sehen 56 Prozent in den hohen Arbeitskosten eines ihrer größten Geschäftsrisiken – dies sei ein Rekord.

Auch Handwerk in Stimmungstief

Auch im Handwerk ist die Stimmung trüb. «Die Betriebe warten noch immer auf das Ende der konjunkturellen Tristesse», sagte ZDH-Generalsekretär Schwannecke. Nach dem neuen Konjunkturbericht bewerteten die Betriebe ihre aktuelle Lage etwas schlechter als im Vorjahr. Die Erwartungen für die kommenden Monate seien verhalten. 

«Sinkende Auftragsbestände, schwache Umsätze und eine anhaltend niedrige Investitionsneigung prägen das Bild.» Gleichzeitig belasteten steigende Material-, Energie- und Lohnkosten das Handwerk. Weder der Export noch der private Konsum gäben derzeit Impulse, so Schwannecke. Auch der Wohnungsbau komme nicht wieder in Gang. Schwannecke kritisierte eine überbordende Bürokratie, lange Genehmigungsverfahren, hohe Energiepreise, eine hohe Steuer- und Abgabenlast.

Mittelstand investiert vorsichtiger

Auch Mittelständler in Deutschland halten sich mit Investitionen zurück, wie eine Umfrage des Mittelstandsverbundes unter seinen Mitgliedsfirmen zeigt. Demnach investierten 26 Prozent im dritten Quartal stärker als im Vorjahreszeitraum – 24 Prozent investierten weniger. «Viele Unternehmen investieren deutlich vorsichtiger – und das nicht aus Mangel an Ideen», sagte Hauptgeschäftsführer Henning Bergmann. Politik und Verwaltung müssten den Mut haben, Bürokratie konsequent zu streichen.

Enttäuschung wegen fehlender Stromsteuersenkung

DIHK-Hauptgeschäftsführerin Melnikov nannte zwei Maßnahmen für einen Stimmungsumschwung: Die Abschaffung des Lieferkettengesetzes, mit dem Unternehmen etwa die Einhaltung von Umweltschutz und Menschenrechten bei ihren Lieferanten nachweisen müssen, sowie die Senkung der Stromsteuer für alle. Die Stromkosten in Deutschland seien drei- bis viermal so hoch wie in den USA und zweimal so hoch wie in Frankreich.

CDU, CSU und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, die Stromsteuer für alle zu senken. Beschlossen wurde aber mit Blick auf Haushaltszwänge, die Stromsteuer nur für die Industrie sowie die Land- und Forstwirtschaft zu reduzieren. Das sorgte vor allem im Mittelstand für große Enttäuschung. «Das hallt bis heute nach», sagte Melnikov.

@ dpa.de

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