Große Differenzen sind bei ersten Beratungen zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung für vereinfachte Abschiebungen zutage getreten - auch innerhalb der Regierungskoalition.
30.11.2023 - 11:03:05Hitzige Debatte zu vereinfachten Abschiebungen - Grüne haben Bedenken
"Der Rechtsstaat darf sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Donnerstag im Bundestag. Der Entwurf für ein "Rückführungsverbesserungsgesetz" sehe teils Maßnahmen vor, die einen "Eingriff in elementare Grundrechte" darstellten, kritisierte die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat. Ihre Fraktion wolle genau prüfen, ob dies gerechtfertigt sei. Der FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae sagte dagegen, dies sei eine Reform mit Augenmaß.
Das Vorhaben soll dafür sorgen, dass Abschiebungen nicht mehr so oft im letzten Moment scheitern, etwa weil die Betroffenen nicht auffindbar sind. Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams soll von derzeit 10 auf 28 Tage verlängert werden. Ferner sind erweiterte Befugnisse von Behörden vorgesehen, etwa sollen Behördenvertreter in Gemeinschaftsunterkünften auch andere Räume als das Zimmer des Abzuschiebenden betreten dürfen. Schleuser sollen zudem schneller ausgewiesen werden können.
Einige dieser Maßnahmen, seien von der Union 2019 vorgeschlagen und von der damaligen SPD-Bundesjustizministerin Christine Lambrecht verhindert worden, sagten Politiker von CDU und CSU. Es sei zwar zu begrüßen, dass die Ampel nun erste Anstrengungen unternehme, um Abschiebungshindernisse zu beseitigen, sagte der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries. Diese seien aber nicht ausreichend. Noch wichtiger wäre es, die Kontrolle darüber, wer einreise, zurückzugewinnen.
In den Jahren 2021 und 2022 gab es pro Jahr rund 12 000 Abschiebungen. Im Gesetzentwurf heißt es, es werde angenommen, dass durch die verschärften Regelungen jährlich rund 600 Ausreisepflichtige mehr als bisher abgeschoben werden könnten.
Ende Oktober hielten sich nach Angaben des Bundesinnenministeriums 250 749 Ausreisepflichtige in Deutschland auf. Darunter waren 201 084 Menschen, die eine Duldung besaßen, also eine temporäre Aussetzung der Abschiebung. Gründe für eine Duldung können etwa eine Erkrankung sein oder fehlende Ausweisdokumente.
Das Gesetzesvorhaben zeige, dass sich die Koalition aus SPD, Grünen und FDP "dem gesellschaftlichen Druck von Rechts" gebeugt habe, kritisierte Clara Bünger (Linke). Bernd Baumann (AfD) sagte, ein Ausreisegewahrsam unter einem halben Jahr "bringt gar nichts".