Der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Stefan Wolf, sieht in den Haushaltsplänen der Bundesregierung nur "Flickwerk".
29.12.2023 - 06:16:21Gesamtmetallchef: Einigung zum Haushalt nur 'Flickwerk'
"Die Regierung greift die Probleme nicht an der Wurzel an", sagte Wolf der Deutschen Presse-Agentur. "Ich habe das Gefühl, es fehlt der Wille und auch die Kraft dieser drei Koalitionäre, mal den gesamten Haushalt auf Einsparmöglichkeiten abzuklopfen." Insbesondere bei den Sozialleistungen hätte es mehr Einschnitte gebraucht, um stärkere Anreize zum Arbeiten zu schaffen.
"Es wird vieles abgewälzt auf die Bürger und Unternehmen, die das jetzt bezahlen sollen, anstatt nach wirklichen Einsparmöglichkeiten zu suchen", betonte Wolf.
Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts, hatte die Bundesregierung sich Mitte Dezember auf einen neuen Bundeshaushalt für 2024 geeinigt. Nach dem Urteil aus Karlsruhe fehlen 60 Milliarden Euro im sogenannten Klima- und Transformationsfonds, die für die nächsten Jahre schon fest eingeplant waren. Der Bund verständigte sich unter anderem darauf, dass es deshalb keine Reduzierung bei sozialen Standards geben werde. Gestrichen wurde aber ein geplanter milliardenschwerer Netzentgeltzuschuss für das Stromnetz. Auch die Förderung für den Kauf von Elektro-Autos lief früher als geplant aus.
Auch diese Maßnahme kritisierte Gesamtmetall-Präsident Wolf: "Die Regierung hat gesagt, wir setzen auf Elektromobilität und treiben das auch voran als einen Teil der Mobilität der Zukunft", sagte er. "Aber dann muss man auch was dafür tun und nicht Hopplahopp die Förderung von Elektroautos auslaufen lassen." Wolf rechnete damit, dass die Zahl der Elektro-Neuzulassungen stark zurückgehen wird, nachdem nun die staatliche Förderung ausgelaufen ist.
Mit Blick auf die wirtschaftliche Lage der Metall- und Elektroindustrie äußerte er sich besorgt. "Es sind unglaublich viele Unsicherheiten da: Die Kriege in der Ukraine und in Israel, die Haushaltskrise, dann die hohen Energiepreise." Noch immer sei unklar, wie die Energieversorgung in Deutschland langfristig gesichert werden könne. Diese Unsicherheiten führten zu einer Zurückhaltung sowohl in der Industrie als auch bei den Verbrauchern. "Das wirkt sich in der Summe auf die Konjunktur und die Wachstumschancen aus", betonte der Präsident. "Wir rechnen für 2024 mit einem Produktionsrückgang um 2 bis 2,5 Prozent."
Ein Problem sei vor allem die überbordende Bürokratie. Wolf bekräftigte etwa die Kritik seines Verbands am sogenannten Lieferkettengesetz. Dieses gilt seit Anfang des Jahres in Deutschland für Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten und nimmt sie in die Pflicht, bei ihren Lieferketten genauer hinzusehen. Die Firmen müssen unter anderem analysieren, wie groß das Risiko ist, dass sie von Menschenrechtsverstößen wie Zwangsarbeit profitieren. Wenn sie Hinweise auf Verstöße haben, müssen sie Maßnahmen ergreifen, "um diese Verletzung zu verhindern, zu beenden oder das Ausmaß der Verletzung zu minimieren", heißt es im Gesetz.
"Ich bin absolut gegen Menschenrechtsverletzungen und gegen Kinderarbeit weltweit", betonte Wolf. "Aber zu glauben, dass wir mit einem deutschen oder europäischen Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz es schaffen, Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen weltweit zu verhindern, das ist naiv." Das Gesetz führe dazu, dass die Bürokratiekosten für Unternehmen weiter stiegen.
Auch die Werbung von Fachkräften aus dem Ausland müsse einfacher werden. "Wenn ein hochqualifizierter IT-Experte aus Indien im Ausland arbeiten will, meinen Sie, der geht in ein Land mit einem Spitzensteuersatz von 42 Prozent ab 62 800 Euro Bruttoverdienst - eventuell noch mit Soli obendrauf?" Wolf schätzt: "Eher nicht." Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sei ein Schritt in die richtige Richtung. Andere Länder wie Kanada hätten aber bessere Lösungen. "Es muss für die Menschen einfacher und transparenter werden", sagte Wolf.