EZB, Leitzins

Darum dreht die EZB an der Zinsschraube

22.06.2023 - 12:50:57

Die EZB hat lange Jahre eine Nullzinspolitik verfolgt, um die Eurozone stabil zu halten. Damit ist seit über einem Jahr Schluss. Nun wird der Leitzins kontinuierlich angehoben. Die Gründe hierfür sind vielfältig und haben ernste Konsequenzen für Sparer, Immobilienbesitzer und die Wirtschaft. Warum die EZB an der Zinsschraube dreht und welche Auswirkungen das im Einzelnen hat, erklärt dieser Artikel.

  • Die EZB hebt den Leitzins aktuell aus unterschiedlichen Gründen stark an. - Foto: pixabay.de © ptra CCO Public Domain

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  • Sparer bekommen dank der Zinswende endlich wieder attraktive Zinsen für ihr Geld. - Foto: pixabay.de © Shutterbug75 CCO Public Domain

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Die EZB hebt den Leitzins aktuell aus unterschiedlichen Gründen stark an. - Foto: pixabay.de © ptra CCO Public DomainSparer bekommen dank der Zinswende endlich wieder attraktive Zinsen für ihr Geld. - Foto: pixabay.de © Shutterbug75 CCO Public Domain

Die EZB hat ihre Nullzinspolitik aufgegeben

 

Bei der Nullzinspolitik, die die EZB rund ein Jahrzehnt lang verfolgt hat, ging es darum, die Eurozone stabil zu halten. Es sollte gerade den schwächelnden Euroländern trotz hoher Verschuldung möglich sein, sich frisches Geld am Markt zu besorgen und in ihre Wirtschaft zu investieren. Gleichzeitig sollte so die Inflation, die auf einem historischen Tiefpunkt war, auf ein Level von etwa 2% gebracht werden.

 

Nun ist es seit über einem Jahr jedoch so, dass die Inflation weit über diesem von der EZB anvisierten Ziel von 2% liegt. Die Gründe hierfür reichen von der Energiekrise, die der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöst hat, über die Corona-Pandemie bis hin zu Nachholeffekten, die nach den vielen Jahren der geringen Inflation irgendwann kommen mussten. Indem die EZB ihre Nullzinspolitik aufgegeben hat, versucht sie, die Inflation in den Griff zu bekommen.

 

Der Leitzins wird aktuell stark angehoben

 

Grundsätzlich hat die EZB weder die Möglichkeiten noch das Mandat, in die Wirtschaft einzelner Länder einzugreifen. Ihre einzige Möglichkeit, um Einfluss auf die Wirtschaft und somit auf die Inflation zu nehmen, ist der Leitzins. Deswegen hebt sie diesen kontinuierlich an. Das Ziel besteht darin, dass weniger Kredite vergeben werden, damit weniger Geld im Umlauf ist. Außerdem soll das Verhältnis von Angebot und Nachfrage wieder ins Lot gebracht werden, damit es auch hier keine Inflationstreiber mehr gibt.

 

Hierbei muss die EZB jedoch eine Gratwanderung meistern. Auf der einen Seite muss sie die Zinsen stark anheben, um erfolgreich gegen die Inflation vorzugehen. Tut sie das jedoch zu stark, besteht die Gefahr, dass sie die Wirtschaft abwürgt und die Eurozone in eine Rezession stürzt. Da die gewünschten Effekte auf die Inflation allerdings noch nicht zu erkennen sind, hat die EZB eine neue Leitzinserhöhung bereits angekündigt.

 

Auswirkungen der Leitzinserhöhung auf Sparer

Der stark gestiegene Leitzins hat positive Auswirkungen für Sparer. Diese mussten sich während der Nullzinsphase mit Zinsen von deutlich weniger als einem Prozent zufriedengeben. Sie hatten somit kaum oder keine Möglichkeiten, auf klassische Weise Geld anzusparen. Die Folge war, dass der Wert ihres Geldes immer weiter abnahm und Produkte wie Lebensversicherungen, Tagesgeldkonten und Festgeldkonten unattraktiv wurden. Sie mussten sich daher neuen Anlagestrategien zuwenden und sich neu orientieren.

 

Das ist durch die Zinswende nun anders geworden. Die Banken müssen keine Strafzinsen mehr zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Im Gegenteil bekommen sie hierfür teils attraktive Zinsen. Deswegen ist es für sie wieder lukrativ, viel Kapital zur Verfügung zu haben. Entsprechend bemühen sie sich darum, Kunden zu gewinnen, indem sie teils äußerst attraktive Zinsen anbieten. Entsprechend lohnt es sich wieder, in Tagesgeld und Festgeld zu investieren. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die hier gebotenen Zinssätze die Inflation oft nicht ausgleichen, sodass der Geldwert nach wie vor absinkt.

 

Auswirkungen der Leitzinserhöhung für Immobilienbesitzer

 

Die Leitzinserhöhungen der EZB haben nicht nur Auswirkungen auf Sparer, sondern bringen auch Konsequenzen für Immobilienbesitzer mit sich. Das zeigt sich einerseits an den Immobilienpreisen. Diese sind über viele Jahre hinweg durch die Decke gegangen, sodass sich Immobilien als Anlageobjekte hervorragend geeignet haben. Durch die Leitzinserhöhung haben nun Marktkorrekturen stattgefunden und der Wert von Immobilien ist etwas zurückgegangen.

 

Gleichzeitig sind die Zinsen für Kredite deutlich angestiegen. Geld hat wieder einen höheren Wert und führt nicht mehr dazu, dass Strafzinsen gezahlt werden müssen. Entsprechend ist es für Kreditnehmer schwieriger, eine geeignete Finanzierung zu bekommen. Somit muss man genau rechnen, ob man sich den Kauf oder den Bau einer Immobilie noch leisten kann.

 

Auswirkungen der Leitzinserhöhung auf die Wirtschaft

 

Die Leitzinserhöhungen haben konkrete Auswirkungen auf die Wirtschaft. Beispielsweise führen die gestiegenen Zinsen dazu, dass Unternehmen nicht mehr so leicht an günstige Kredite kommen. Entsprechend verschieben sie bestimmte Investitionen in die Zukunft oder geben sie komplett auf. Gerade für Zukunftsbranchen wie den Energiesektor, der auf Investitionen stark angewiesen ist, stellt das ein erhebliches Problem dar.

 

Entsprechend groß ist die Gefahr einer Rezession in der Eurozone. Wenn die Unternehmen nicht genügend Kapital zur Verfügung haben, um ihre Verbindlichkeiten zu begleichen, die Betriebsprozesse am Laufen zu halten und Investitionen zu tätigen, ist ihre Wirtschaftlichkeit stark gefährdet. Die EZB muss daher genau überlegen, wie stark sie an der Zinsschraube dreht und welches Risiko auf eine Rezession sie bereit ist einzugehen.

 

Wie lange werden die Zinsen noch steigen?

 

Aktuell ist die Inflation nach wie vor ausgesprochen hoch. Die EZB ist somit weit von ihrem Ziel entfernt, eine Inflation von 2% zu erreichen. Sie hält es daher für nötig, den Leitzins weiter anzuheben. Dies möchte sie so lange tun, bis ich die gewünschten Effekte einstellen und die Inflation im Euroraum spürbar nachlässt. Allerdings hat die Vehemenz der Zinserhöhungen bereits nachgelassen. Lange Zeit wurden Zinsschritte von zwei Basispunkten beziehungsweise 0,5% vorgenommen. Mittlerweile erhöht die EZB den Leitzins nur noch um einen Basispunkt beziehungsweise 0,25%. Hieran zeigt sich, dass die Währungshüter sich bewusst sind, dass eine Rezession droht. Es ist deshalb davon auszugehen, dass für den Rest des Jahres keine Zinssenkungen stattfinden. Wie es im nächsten Jahr weitergeht, hängt stark von der Entwicklung der Inflation ab.

 

Fazit

 

Die EZB sieht sich aktuell mit zahlreichen Schwierigkeiten konfrontiert. Sie muss die Inflation bekämpfen, darf die Eurozone hierbei jedoch nicht sehenden Auges in eine Rezession treiben. Gleichzeitig sind die Ursachen, die zu finanziellen Schwierigkeiten der Euroländer und zu der großen Bankenkrise von 2008 geführt haben, noch längst nicht im Griff. Entsprechend nötig wäre es, möglichst schnell wieder zu einer Phase der niedrigen Zinsen zurückzukehren, damit sich die Euroländer günstig refinanzieren können. Es bleibt abzuwarten, ob der aktuelle Kurs der EZB zu den gewünschten Ergebnissen führt und welche Entwicklungen sich im kommenden Jahr ergeben werden.

@ ad-hoc-news.de