Berlin - Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zeigt sich erneut besorgt über die jüngste Entscheidung der US-Regierung zur Einführung eines "Most-Favoured-Nation"-Preismodells (MFN) für Arzneimittel.
01.08.2025 - 16:55:32US-Regierung fordert Bestpreisgarantie für Arzneimittel: BPI warnt beim MFN-Entscheid vor schwerwiegenden Folgen für die globale Arzneimittelversorgung. Das Vorhaben, US-Preise künftig an die niedrigsten international verfügbaren Preise zu koppeln, stellt nach Ansicht des BPI eine erhebliche Bedrohung für die globale Arzneimittelversorgung dar - und verschärft die ohnehin kritische Lage infolge der kürzlich vereinbarten transatlantischen Zölle.
"Wir sehen mit großer Sorge, dass die MFN-Preisbindung nicht nur den freien Wettbewerb gefährdet, sondern die globale Arzneimittelversorgung ins Wanken bringen könnte", warnt Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI). "Wenn pharmazeutische Hersteller gezwungen sind, ihre globale Preisstrategie an den niedrigsten Preiswerten auszurichten, stehen Märkte mit ohnehin schon niedrigen Preisniveaus auf dem Spiel - mit voraussichtlich schwerwiegenden Folgen für den Zugang von Patientinnen und Patienten zu Innovationen."
Der aktuelle MFN-Erlass ist Teil einer umfassenden Initiative der US-Regierung zur Kostenkontrolle im Gesundheitssystem. Geplant ist, die Preise verschreibungspflichtiger Arzneimittel in den USA an jene in vergleichbaren Industrieländern anzupassen. Dieses Modell birgt nach Ansicht des BPI jedoch nicht nur finanzielle Risiken für Pharmaunternehmen mit einem aktiven USA-Geschäft, sondern auch versorgungspolitische Verwerfungen in der EU: Unternehmen könnten sich künftig gezielt aus niedrigpreisigen Märkten zurückziehen, um Preisanker-Effekte auf den US-Markt zu vermeiden.
"Werden europäische Preise zum Maßstab für den weltweit größten Pharmamarkt, hat das zwangsläufig Rückwirkungen auf die Einführung innovativer Arzneimittel in Europa. Damit droht eine deutliche Verzögerung oder gar ein Verzicht von Neuzulassungen in der EU - mit möglichen Folgen für Patientinnen und Patienten", sagt Joachimsen.
Die Situation verschärft sich zusätzlich durch die jüngst vereinbarte Zollregelung zwischen EU und USA. Erst vergangene Woche hatten sich beide Seiten auf einen pauschalen Zollsatz von 15 Prozent für eine Vielzahl von Produkten geeinigt. Zwar konnte eine Eskalation auf 30 Prozent abgewendet werden, doch der Schaden für den Standort Europa ist aus Sicht des BPI bereits Realität.
"Dass nun sowohl Zölle als auch regulatorische Eingriffe gleichzeitig greifen, ist ein riskanter Doppelschlag für unsere Industrie", betont Joachimsen. "Zölle verteuern nicht nur den direkten Handel, sondern wirken sich über höhere Preise bei Vorprodukten, Hilfsstoffen und Verpackungen auch indirekt auf die gesamte Lieferkette aus. In Kombination mit MFN-Mechanismen wird daraus ein toxisches Gebräu für unsere Unternehmen und die Arzneimittelversorgung auf beiden Seiten des Atlantiks."
Der BPI appelliert erneut an die Politik, die strukturellen Risiken ernst zu nehmen, und den Pharmastandort Europa resilienter zu gestalten. Dazu gehöre auch eine entschlossene Reform der Preisbildungsmechanismen hierzulande. In Deutschland gibt es über 30 verschiedene Preisregulierungsinstrumente. Vor allem das vor kurzem erst verlängerte Preismoratorium und eine Vielzahl an gesetzlichen Herstellerabschlägen belaste pharmazeutische Unternehmen.
"Unsere Industrie braucht Planungssicherheit, innovationsfreundliche Rahmenbedingungen und einen politischen Kompass, der die Gesundheitsversorgung als strategisches Gut begreift", so Joachimsen. "Gesundheit darf niemals zum Kollateralschaden wirtschaftspolitischer Maßnahmen werden - weder durch Zölle noch durch internationale Preisdiktate."
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