Verfassungsgericht, Beamtenbesoldung

Verfassungsgericht kippt Beamtenbesoldung: Öffentlicher Dienst vor heißem Tarifwinter

19.11.2025 - 23:09:12

Karlsruhe und die Gewerkschaften setzen Deutschlands öffentlichen Dienst massiv unter Druck: Während das Bundesverfassungsgericht heute die Beamtengehälter in Berlin für über ein Jahrzehnt als verfassungswidrig einstufte, fordern die Gewerkschaften für die anstehende Tarifrunde satte sieben Prozent mehr Lohn. Personalräte werden damit zur Schlüsselfigur in einem Konflikt, der Bund und Länder Milliarden kosten könnte.

Die Entscheidung aus Karlsruhe trifft die Hauptstadt mit voller Wucht: Die A-Besoldung für Beamte war zwischen 2008 und 2020 schlicht zu niedrig – ein klarer Verfassungsverstoß. Was zunächst nach einem Berliner Problem klingt, dürfte eine Welle durch die gesamte Republik auslösen. Denn die ver.di-Gewerkschaft sieht in dem Urteil einen Präzedenzfall, der alle Bundesländer und den Bund zwingt, ihre Gehaltsstrukturen auf den Prüfstand zu stellen.

Das Bundesverfassungsgericht ließ am 19. November keinen Zweifel: Berlins Bezahlung seiner Beamten verletzte systematisch das Prinzip der “amtsangemessenen Alimentation”. Konkret bedeutet das: Die Gehälter reichten nicht aus, um einen Lebensstandard zu sichern, der der Verantwortung und dem Status der Beamten entspricht.

Sowohl der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) als auch ver.di feiern das Urteil als überfälligen Weckruf. “Die Folgen werden nicht nur Berlin treffen, sondern alle Bundesländer und den Bund”, erklärte ver.di. Der dbb beamtenbund sprach von einem weiteren “Warnsignal für alle Arbeitgeber” im öffentlichen Dienst. Für Personalräte bundesweit ist das Urteil eine Steilvorlage: Sie können nun mit Rückendeckung des höchsten Gerichts Gehaltsüberprüfungen und Nachzahlungen einfordern.

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Ver.di fordert 300 Euro Mindesterhöhung

Zeitlich könnte das Urteil kaum brisanter kommen. Bereits am 17. November hatte ver.di ihre Forderungen für die Tarifrunde der Länder (TV-L) vorgelegt: sieben Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 300 Euro monatlich für die rund 1,2 Millionen Landesbeschäftigten. Auszubildende sollen 200 Euro zusätzlich erhalten – und nach erfolgreichem Abschluss automatisch übernommen werden. Laufzeit des Tarifvertrags: nur zwölf Monate.

Ver.di-Chef Frank Werneke begründet die Forderungen mit dem dramatischen Personalmangel: “Der öffentliche Dienst muss attraktiv bleiben, um qualifiziertes Personal zu sichern.” Hunderttausende Stellen seien unbesetzt. Eine Erhöhung deutlich über der Inflationsrate sei nötig, um mit der Konkurrenz mithalten zu können – und um an den Tarifabschluss für Bund und Kommunen vom Frühjahr 2025 anzuknüpfen. Auch der dbb fordert kräftige Aufschläge. Dessen Vorsitzender Volker Geyer sieht nur einen Weg, den Staat als Arbeitgeber wieder attraktiv zu machen: deutlich bessere Bezahlung.

Gesetzgeber will Mitbestimmungsrechte beschneiden

Doch nicht nur ums Geld geht es in diesem Winter. Ein Gesetzentwurf zur Änderung des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes alarmiert Arbeitnehmervertreter. Wie der dbb am 17. November berichtete, drohen “personalratsfreie Räume” – Bereiche ohne jegliche Personalratsvertretung, insbesondere in hochsensiblen Geheimschutzstellen.

Rechtsexperte Dr. Andreas Gronimus warnt in der Zeitschrift für Personalvertretungsrecht (ZfPR): Die geltenden Gesetze böten bereits einen verlässlichen Rahmen für die nötige Trennung zwischen Personalverwaltung und Sicherheitsbereichen. Die geplanten Änderungen seien eine unnötige Aushöhlung von Mitbestimmungsrechten. Personalräte fürchten einen Präzedenzfall, der ihre Einflussmöglichkeiten in sensiblen Regierungsbereichen dauerhaft einschränken könnte.

Harte Verhandlungen voraus

Der öffentliche Dienst steht vor einem konfliktreichen Winter. Das Karlsruher Urteil hat den Gewerkschaften und Personalräten eine verfassungsrechtliche Argumentation geliefert, die über bloße Tarifverhandlungen hinausgeht: Faire Bezahlung ist nicht verhandelbar, sondern Verfassungsgebot.

Die TV-L-Verhandlungen dürften besonders zäh werden. Finanzminister der Länder müssen Gewerkschaftsforderungen und neue verfassungsrechtliche Maßstäbe gegen klamme Haushalte abwägen. Personalräte werden dabei zur Schlüsselrolle: Sie müssen die Angebote der Arbeitgeber an die Beschäftigten kommunizieren – und im Zweifel zu kollektiven Aktionen mobilisieren. Auch die Debatte ums Sicherheitsüberprüfungsgesetz bleibt eine Baustelle, die über die künftige Macht der Arbeitnehmervertretung entscheidet. Die erste TV-L-Verhandlungsrunde wird zeigen, wie hitzig dieser Tarifwinter wirklich wird.

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