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TRGS 540: Neue Regeln für Biozide verschärfen Schädlingsbekämpfung

10.12.2025 - 00:10:12

Der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) hat im November 2025 die neue Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 540 verabschiedet – die größte Umwälzung im Bereich Schädlingsbekämpfung seit über einem Jahrzehnt. Was bedeutet das für Betriebe, die Biozide einsetzen?

Während viele Sicherheitsbeauftragte noch die Auswirkungen der Gefahrstoffverordnungs-Novelle vom Dezember 2024 aufarbeiten, schafft die TRGS 540 bereits konkrete Handlungspflichten. Betroffen sind Schädlingsbekämpfer, Facility Manager und landwirtschaftliche Betriebe – und zwar sofort.

Die neue Regel mit dem Titel „Verwendung von Biozidprodukten” ersetzt die zersplitterten Vorschriften der Vergangenheit durch einen einheitlichen Rahmen. Besonders brisant: Sie klärt endlich die Verwirrung um Übergangsfristen für Sachkundebescheinigungen.

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Die TRGS 540 führt ein völlig neues System der Qualifikation ein. Vorbei sind die Zeiten pauschaler Sachkundenachweise, die für alle Anwendungen gleichermaßen galten.

Kernänderungen im Überblick:

  • Spezialisierte Module: Die Sachkunde wird künftig nach konkreten Einsatzbereichen unterteilt – etwa Nagetierbekämpfung, Begasung oder Materialschutz. Wer Rodentizide einsetzt, braucht einen anderen Nachweis als Desinfektionsexperten.

  • Auffrischungspflicht: Alle sechs Jahre muss die Sachkunde durch anerkannte Fortbildungen erneuert werden. Diese Regelung gilt ab sofort und betrifft auch Altinhaber von Zertifikaten.

  • Integrierter Pflanzenschutz wird Pflicht: Chemische Bekämpfung darf nur noch als „letzte Option” eingesetzt werden. Betriebe müssen dokumentieren, dass sie zunächst physikalische und biologische Alternativen geprüft haben.

Diese Verschärfung folgt der EU-Biozid-Verordnung und harmonisiert deutsche Standards mit europäischen Vorgaben. Doch wie sieht es mit bestehenden Zertifikaten aus?

Aufatmen bis 2027: Übergangsfrist verlängert

Nach der Gefahrstoffverordnungs-Änderung Ende 2024 herrschte monatelang Unsicherheit: Bleiben alte Sachkundenachweise gültig? Die Antwort sorgte für Erleichterung bei vielen Anwendern.

Die ursprünglich für 28. Juli 2025 angesetzte Frist wurde um zwei Jahre verschoben. Gelegenheitsanwender – etwa Landwirte, Hausmeister oder kommunale Abwasserbetriebe – dürfen ihre alten Berechtigungen noch bis 28. Juli 2027 nutzen.

Wichtig: Diese Fristverlängerung gilt ausschließlich für den Einsatz von Produkten durch bereits qualifizierte Fachkräfte. Neueinsteiger müssen sofort die neuen TRGS-540-Standards erfüllen. Wer jetzt erstmals Rodentizide verwenden will, kommt um die modulare Sachkunde nicht herum.

Doch Vorsicht: Die Verlängerung ist keine Einladung zum Nichtstun. Spätestens 2027 endet die Schonfrist – und dann wird es eng für alle, die ihre Qualifikation nicht rechtzeitig aktualisiert haben.

Warum gerade jetzt? Das Timing der Vorschriften

Die parallele Entwicklung von Verordnung und technischer Regel hat für Verwirrung gesorgt. Was ist bereits Gesetz, was steht noch aus?

Die aktuelle Rechtslage:

  • Gefahrstoffverordnung (GefStoffV): Die letzte große Novelle trat am 5. Dezember 2024 in Kraft. Eine weitere Anpassung zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2023/2668 befindet sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren – Frist: 21. Dezember 2025.

  • TRGS 540: Diese technische Regel wurde im November 2025 vom AGS beschlossen und definiert, wie die Compliance konkret umzusetzen ist. Sie ist das eigentliche „Breaking News”-Element.

Während die Verordnungsänderung noch auf ihre finale Verkündung wartet, schafft die TRGS 540 bereits Fakten. Sicherheitsbeauftragte können nicht auf die Veröffentlichung der Novelle warten – die Standards der TRGS 540 gelten jetzt.

Diese zeitliche Überlappung erklärt, warum viele Betriebe überrascht wurden. Die Behörden setzen auf schnelle Umsetzung, besonders bei der Dokumentation integrierter Schädlingsbekämpfungsstrategien.

Was Betriebe jetzt tun müssen

Der Deutsche Schädlingsbekämpfer-Verband (DSV) begrüßt die neue Klarheit, mahnt aber zur zügigen Umsetzung. Die Industrie erwartet strenge Kontrollen – insbesondere bei der Dokumentation.

Sofort-Maßnahmen für Arbeitgeber:

  1. Zertifikate inventarisieren: Alle Mitarbeiter, die Rodentizide handhaben, müssen erfasst werden. Wann wurde das Zertifikat ausgestellt? Unter welcher Regelung?

  2. Gültigkeit prüfen: Fallen die Bescheinigungen unter die 2027er-Übergangsfrist? Falls nicht, ist sofortige Nachschulung nach den neuen Modulen erforderlich.

  3. Gefährdungsbeurteilungen aktualisieren: Die TRGS 540 verlangt explizit die Dokumentation der „Kontrollhierarchie”. Wer in seiner Risikoanalyse nicht-chemische Alternativen übergeht, verstößt gegen die neuen Vorschriften.

  4. Schulungsbudget planen: Mit dem sechsjährigen Auffrischungszyklus werden Fortbildungen zu einem wiederkehrenden Kostenfaktor. Vorausschauende Planung spart böse Überraschungen.

Besonders heikel: Die Behörden werden voraussichtlich gezielt prüfen, ob die IPM-Prinzipien (Integriertes Schädlingsmanagement) wirklich gelebt werden. Pauschale „Wir machen das schon richtig”-Aussagen reichen nicht mehr.

Ausblick: Verschärfung in Sicht

Anfang 2026 erwarten Experten die finale Veröffentlichung der angepassten Gefahrstoffverordnung, die vollständig mit der EU-Richtlinie 2023/2668 harmoniert. Doch die operative Realität hat sich bereits verschoben.

Die Vollzugsbehörden werden die TRGS 540 rigoros durchsetzen. Inspektionen dürften sich auf zwei Schwerpunkte konzentrieren: die lückenlose Dokumentation integrierter Schädlingsbekämpfung und die Gültigkeit alter Sachkundenachweise.

Unternehmen sind gut beraten, die Verabschiedung der TRGS 540 im November 2025 als faktischen Startschuss für das neue Compliance-Regime zu betrachten. Wer jetzt nicht handelt, riskiert empfindliche Bußgelder – und im Ernstfall die Betriebserlaubnis.

Die Botschaft ist klar: Aufschub gibt es nicht mehr. Die Zeit bis 2027 sollte intensiv für Schulungen und Dokumentationsaufbau genutzt werden. Denn eines steht fest – die Anforderungen werden nicht wieder gelockert.

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