Recht, Abschalten

Recht auf Abschalten: Warum KI uns noch gestresster macht

24.11.2025 - 09:50:12

Die Arbeitswelt steht Kopf. Während Großbritannien und Australien das „Recht auf Nichterreichbarkeit” gesetzlich verankern, zeigen aktuelle Daten ein beunruhigendes Paradoxon: Künstliche Intelligenz sollte uns entlasten – stattdessen fühlen sich Arbeitnehmer ausgebrannter denn je.

Die Debatte um Work-Life-Balance ist längst keine Wellness-Diskussion mehr. Sie ist zur harten wirtschaftlichen Realität geworden. Zwei mächtige Trends prallen aufeinander: Der politische Wille, Freizeit zu schützen, und die technologische Realität einer hypervernetzten, KI-getriebenen Arbeitswelt.

Nach Australiens „Right to Disconnect”-Gesetz vom August 2024 zieht Großbritannien nach. Die Labour-Regierung hat mit ihrer Employment Rights Bill einen Prozess angestoßen, der die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben neu definiert.

Anders als das strikte französische Modell setzt der britische Ansatz auf „Codes of Practice”. Unternehmen müssen klare Regeln für die Kommunikation außerhalb der Arbeitszeit festlegen. Deutschland beobachtet diese Entwicklung genau – auch wenn das hiesige Arbeitszeitgesetz bereits theoretische Grenzen setzt.

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Die Krux: Rechtsexperten warnen vor Umsetzungslücken. Verstöße gegen die Verhaltenskodizes werden nicht direkt sanktioniert, sondern wirken nur als erschwerender Faktor in Arbeitsgerichtsverfahren. Dennoch signalisiert die Politik eine klare Abkehr von der „Always-On”-Kultur.

Das KI-Versprechen löst sich in Luft auf

Das Versprechen war simpel: KI übernimmt Routineaufgaben, wir haben mehr Zeit für Kreatives. Die Realität? Ernüchternd. Der Microsoft Work Trend Index zeigt: 75 Prozent der Wissensarbeiter nutzen KI – doch das führt nicht zu weniger Arbeit, sondern zu einer Verdichtung des Arbeitstages.

Experten sprechen von „Digital Debt” – digitaler Schuld. Die durch KI eingesparte Zeit wird sofort durch neue Mikro-Aufgaben und eine Flut KI-generierter Kommunikation gefüllt. Statt Entlastung entsteht neuer Druck.

Besonders alarmierend: Die Diskrepanz zwischen Führungskräften und Angestellten. Während 79 Prozent der Manager KI als geschäftskritisch ansehen, fehlt in 60 Prozent der Unternehmen ein klarer Implementierungsplan. Die Folge: Arbeitnehmer bringen eigene KI-Tools mit – was Sicherheitsrisiken birgt und den psychischen Druck erhöht.

Psychische Gesundheit: Die Zahlen sprechen Bände

Die menschlichen Kosten sind messbar und alarmierend. Der DAK Psychreport dokumentiert Rekordstände bei psychisch bedingten Fehlzeiten. Betroffen sind nicht nur klassische High-Pressure-Branchen, sondern zunehmend auch Care- und Bildungsberufe.

Die harten Fakten:

  • Depressionen und Burnout verursachen über 180 Fehltage pro 100 Versicherten in bestimmten Sektoren
  • Die Krankheitsdauer nimmt zu – Betroffene bleiben oft wochenlang dem Arbeitsmarkt fern
  • Gen Z meldet sich überproportional häufig wegen mentaler Belastungen krank

Diese Statistiken zeigen: Technologische Effizienzgewinne ohne Mental-Health-Strategien wirken kontraproduktiv. Die bloße Verfügbarkeit von Stressbewältigungs-Tools reicht nicht aus, wenn die strukturelle Arbeitslast weiter steigt.

Vom Individuum zum Systemfehler

Work-Life-Balance ist kein individuelles Problem mehr – sie ist zum harten Wirtschaftsfaktor geworden. Unternehmen, die das Recht auf Abschalten ignorieren oder KI nur zur Leistungssteigerung einsetzen, riskieren ihre wertvollste Ressource: gesunde Mitarbeiter.

Wirtschaftspsychologen beobachten eine Verschiebung von „Effizienz” zu „nachhaltiger Produktivität”. Das britische Modell könnte als Blaupause für eine flexiblere EU-Regulierung dienen. Gleichzeitig zeigt der versteckte Fachkräftemangel: Arbeitnehmer verlassen zunehmend Arbeitgeber, die ihre mentale Gesundheit nicht priorisieren.

Was kommt als Nächstes?

In den kommenden Monaten dürfte die Debatte auf EU-Ebene an Schärfe gewinnen. Die Harmonisierung der Right-to-Disconnect-Regelungen steht auf der Agenda vieler Gewerkschaften.

Technologisch könnten wir 2026 die erste Generation von „Well-being First”-KI-Tools sehen – Systeme, die aktiv warnen, wenn Kommunikationsmuster auf Überlastung hindeuten. Bis dahin bleibt die Verantwortung bei den Führungskräften: Sie müssen KI so einsetzen, dass sie tatsächlich Zeit schenkt, statt sie nur neu zu füllen.

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