Österreich kämpft gegen EU-Entwaldungsverordnung: Bürokratiemonster stoppen
19.11.2025 - 23:53:12Die österreichische Regierung und Wirtschaftsvertreter lehnen die geplante EU-Entwaldungsverordnung als praxisfern und existenzbedrohend ab. Kritikpunkte sind übermäßiger Bürokratieaufwand und fehlende Differenzierung zwischen Risikoländern.
Die heimische Bundesregierung geht in die Offensive gegen Brüssel. Die geplante EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) soll nicht nur verschoben, sondern grundlegend überarbeitet werden. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) und Interessenvertreter aus Forst- und Holzwirtschaft kritisieren die Regelung scharf: praxisfern, unverhältnismäßig, existenzbedrohend für kleine Betriebe.
Die Verordnung will ab Ende 2025 sicherstellen, dass Produkte wie Holz, Kaffee, Kakao oder Rindfleisch nicht zur globalen Entwaldung beitragen. Doch was nach Umweltschutz klingt, entpuppt sich für österreichische Betriebe als bürokratische Mammutaufgabe – mit fragwürdigem Nutzen für ein Land, dessen Wälder seit Jahrzehnten wachsen statt schrumpfen.
Geolokalisierung für jeden Baum: Was die EUDR konkret fordert
Unternehmen müssen künftig lückenlos nachweisen, dass für ihre Produkte nach dem 31. Dezember 2020 keine Wälder gerodet wurden. Das bedeutet: Geolokalisierungsdaten für jedes einzelne Produktionsgrundstück erheben und weitergeben. Ein Datenberg, der durch ein zentrales IT-System verarbeitet werden soll.
Die EU-Entwaldungsverordnung bringt umfangreiche Prüfpflichten für Lieferketten mit sich – und wer sie nicht erfüllt, riskiert Sanktionen. Dieses kostenlose E‑Book erklärt praxisnah, welche Rohstoffe betroffen sind (z. B. Holz, Kaffee, Kakao, Rindfleisch), wie Sie Ihre Lieferketten richtig prüfen und welche Nachweise Behörden erwarten. Inklusive praktischer Checkliste zur schnellen Selbstprüfung Ihrer Betroffenheit und Schritt-für-Schritt‑Anleitung zur Umsetzung. Jetzt kostenloses E‑Book zur Entwaldungsverordnung herunterladen
Totschnig bringt es auf den Punkt: “Die EU schafft ein Gesetz für ein globales Problem, das wir in Europa gar nicht haben – und baut dafür einen massiven Bürokratieapparat auf.” Österreich verfügt über eines der strengsten Forstgesetze weltweit. Die Waldfläche wächst kontinuierlich. Warum also sollen heimische Betriebe denselben Aufwand betreiben wie Produzenten aus Hochrisiko-Regionen?
“Reine Kosmetik”: Branche lehnt EU-Vorschläge ab
Die Reaktionen aus der Wirtschaft sind eindeutig. Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, fordert die komplette Abschaffung der Verordnung. Jüngste Vereinfachungsvorschläge der Kommission? “Reine Kosmetik”, so Moosbrugger. Die Kernprobleme – Vorab-Registrierung und Geolokalisierung – bleiben bestehen.
Die Land&Forst Betriebe Österreich warnen drastisch: Der EU-Vorschlag verfehle “die Probleme der Praxis völlig” und gefährde nachhaltige Lieferketten sowie Arbeitsplätze. Besonders die Holzindustrie schlägt Alarm. Mit über 320.000 Beschäftigten ein Schwergewicht der heimischen Wirtschaft, sieht sich die Branche existenziell bedroht. Fachverbandsobmann Erlfried Taurer nennt die EUDR “nicht umsetzbar, überflüssig und teuer”.
Brüssel signalisiert Aufschub – aber reicht das?
Die EU-Kommission argumentiert mit harten Zahlen: Der Konsum in der EU soll für rund 16 % der weltweiten Entwaldung verantwortlich sein. Die Verordnung solle sicherstellen, dass EU-Produkte nicht zur Waldzerstörung beitragen.
Doch offenbar zeigt die Kritik Wirkung. Brüssel erwägt einen weiteren Aufschub um ein Jahr. Offiziell wegen technischer Schwierigkeiten beim IT-System. Beobachter vermuten dahinter auch politischen Druck von Handelspartnern und Deregulierungsbefürwortern.
Totschnig wertet die Verschiebung als “wichtigen Erfolg” und “Atempause”. Doch aus österreichischer Sicht bleiben die Kernprobleme ungelöst. Die gewonnene Zeit müsse für grundlegende Nachbesserungen genutzt werden – nicht nur für kosmetische Korrekturen.
Zielkonflikt: Waldschutz ja, aber wie?
Die Auseinandersetzung offenbart einen fundamentalen Konflikt. Das Ziel – Schutz der globalen Wälder – findet breite Zustimmung. Die Umsetzung wird jedoch als unverhältnismäßig kritisiert.
Hauptkritikpunkte:
* Keine Unterscheidung zwischen Hochrisiko-Ländern und Staaten mit nachhaltiger Forstwirtschaft
* Überproportionale Belastung kleiner und mittlerer Betriebe
* Fehlende “Null-Risiko-Kategorie” für Länder wie Österreich
* Gefahr der Marktverdrängung durch administrative Überforderung
Umweltorganisationen warnen derweil vor den Folgen wiederholter Verzögerungen: Die Glaubwürdigkeit europäischer Umweltpolitik könnte Schaden nehmen. Dringend notwendige Maßnahmen gegen globale Abholzung drohen verwässert zu werden.
Entscheidende Monate voraus
Das Europäische Parlament und der Rat der EU müssen die Verschiebung noch formell bestätigen. Österreich will die Zeit nutzen, um Druck zu machen. Die zentralen Forderungen: deutliche Entbürokratisierung und Ausnahmen für Länder mit nachweislich nachhaltiger Waldbewirtschaftung.
Gelingt ein solcher Kompromiss nicht, dürfte der Widerstand aus Wien und anderen Mitgliedsstaaten weiter wachsen. Die Frage bleibt: Kann die EU einen Weg finden, der globalen Waldschutz effektiv voranbringt, ohne die europäische Wirtschaft zu gefährden? Oder wird die EUDR zum nächsten Beispiel gut gemeinter, aber schlecht gemachter EU-Politik?
PS: Noch unsicher, ob Ihr Unternehmen betroffen ist? Die kostenlose Checkliste im Leitfaden hilft Ihnen schnell zu klären, ob Ihre Rohstoffe geprüft werden müssen und welche Nachweise jetzt nötig sind. Praktische Vorlagen und Prüfhinweise zeigen, wie Sie Risiken minimieren und Bußgelder vermeiden. Kostenlose Checkliste & Leitfaden anfordern


