Mitbestimmung: SPD und Gewerkschaften starten Offensive
09.12.2025 - 00:30:12Die Zukunft der betrieblichen Mitbestimmung steht im Zentrum politischer Debatten. Während die SPD-Bundestagsfraktion ein neues Tariftreuegesetz vorantreibt, zeigen Pilotprojekte, wie Teilhabe in der Praxis gelingen kann – und Experten warnen vor Umgehungsstrategien in der Plattformökonomie.
Dienstag, 9. Dezember 2025 – Deutschland ringt um die Zukunft der Arbeitnehmerrechte. Gleich drei Entwicklungen verdeutlichen: Das System der Mitbestimmung steht unter Druck – doch Politik und Gewerkschaften setzen zum Gegenschlag an.
Anfang Dezember lud die SPD-Bundestagsfraktion zur großen Betriebsrätekonferenz. Das Signal: Arbeitnehmervertretungen sollen gestärkt aus der wirtschaftlichen Transformation hervorgehen. Im Mittelpunkt stand das geplante Bundestariftreuegesetz – ein Hebel, der öffentliche Aufträge künftig an Tarifverträge binden soll.
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„Diese Konferenz zeigt erneut, wie entscheidend starke Interessenvertretungen für Zusammenhalt und Fairness im Betrieb sind”, betonte der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Matthias Miersch. In Zeiten „großer Veränderungen” bräuchten Beschäftigte „verlässliche Strukturen und eine Stimme, die Gehör findet”.
Doch was steckt dahinter? Das Gesetz soll verhindern, dass Unternehmen bei staatlich finanzierten Projekten Tarifstandards unterlaufen. Kritiker monieren seit Jahren, dass die Tarifbindung sinkt – das neue Instrument könnte diesen Trend umkehren. Für Betriebsräte bedeutet das: Ihr Einfluss wächst, wo der Staat als Auftraggeber auftritt.
Inklusions-Coaches revolutionieren Mitbestimmung
Während in Berlin Gesetze diskutiert werden, liefert ein dreijähriges Modellprojekt handfeste Erfolge. Der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB) und die Diakonie Deutschland präsentierten die Ergebnisse von „Mehr Mitbestimmen” – einem von Porsche finanzierten Programm, das Menschen mit Behinderungen den Weg in Mitbestimmungsgremien ebnen sollte.
Das Konzept: Sogenannte Inklusions-Coaches – gemischte Teams aus Menschen mit und ohne Behinderung – schulten Beschäftigte in Werkstätten. Der Erfolg übertraf die Erwartungen. 30 neue Mitbestimmungsgruppen entstanden zwischen 2023 und 2025.
„Wir sind Expertinnen und Experten für Mitbestimmung – fast wie Professoren!”, zitiert der Abschlussbericht eine Teilnehmerin. Die Methode könnte Schule machen: Sie zeigt, wie Mitbestimmung über klassische Betriebsratsarbeit hinaus funktionieren kann – gerade in Bereichen, wo Beschäftigte bislang kaum repräsentiert waren.
Plattformökonomie untergräbt Betriebsratsstrukturen
Doch nicht überall läuft es so harmonisch. Das Hugo Sinzheimer Institut (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung schlägt Alarm: In der Plattformökonomie werden mühsam aufgebaute Mitbestimmungsstrukturen systematisch ausgehebelt.
Als Paradebeispiel nennen die Experten die Lieferbranche. Unternehmen wie Lieferando setzen verstärkt auf Subunternehmer – und umgehen so bestehende Betriebsräte. Eine rechtliche Grauzone, die das HSI schließen will: mit einem Direktanstellungsgebot, das Plattformen verpflichtet, Fahrer direkt zu beschäftigen.
„Viele mit großem Aufwand errichtete Betriebsratsstrukturen sind bedroht”, warnt das Institut. Eine Studie von Prof. Dr. Manfred Walser und Anneliese Kärcher aus dem Jahr 2025 liefert die juristische Grundlage: Ein Verbot von Subunternehmertum in bestimmten Sektoren sei rechtlich machbar.
Der Zeitpunkt ist günstig. Die EU-Richtlinie zur Plattformarbeit muss in nationales Recht umgesetzt werden – eine Chance, die Lücke zu schließen, bevor 2026 neue Spielregeln gelten.
Was jetzt auf dem Spiel steht
Zufall ist das alles nicht. Im März 2026 stehen reguläre Betriebsratswahlen an – und Gewerkschaften wie SPD wollen mit Erfolgen punkten. Das Bundestariftreuegesetz könnte die sinkende Tarifbindung stoppen. Das Inklusions-Modell beweist: Mitbestimmung funktioniert auch jenseits klassischer Lohnverhandlungen. Und die Plattform-Debatte entscheidet, ob Arbeitnehmerrechte auch in der Gig-Economy greifen.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob dieser politische Dreiklang verfängt. Fest steht: Die Mitbestimmungslandschaft wird neu vermessen – mit weitreichenden Folgen für Millionen Beschäftigte.
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