Microsoft, KI-Agenten

Microsoft läutet Ära autonomer KI-Agenten ein

21.11.2025 - 01:30:12

Nicht mehr nur Chatbot-Assistenz: Der Tech-Riese aus Redmond stellt auf seiner Ignite-Konferenz eine neue KI-Generation vor, die eigenständig komplexe Geschäftsprozesse abwickelt – ohne menschliches Zutun.

Mit dem neuen Azure AI Agent Service und dem Copilot Control System vollzieht Microsoft einen radikalen Kurswechsel. Vorbei die Zeiten passiver Chatbots, die nur auf Anfrage reagieren. Die auf der Jahreskonferenz in Chicago präsentierten Systeme agieren proaktiv, überwachen Geschäftsvorgänge und treffen eigenständige Entscheidungen. Für 2025 plant CEO Satya Nadella nichts Geringeres als das “Jahr des Agenten” – während zugleich Sicherheitsbedenken der Unternehmenskunden adressiert werden müssen.

Vor über 14.000 Teilnehmern skizzierte Nadella eine Vision, in der KI nicht mehr bloßes Werkzeug, sondern vollwertiger Teampartner ist. “Am besten stellt man sich diese als Kollegen vor”, erklärte der Microsoft-Chef. Die neue Technologie solle Mitarbeiter nicht ersetzen, sondern eigenständig Arbeitsabläufe übernehmen und durchführen.

Den strategischen Rahmen fasste Nadella prägnant zusammen: “Copilot ist die Benutzeroberfläche für KI.” Die vertraute Oberfläche wird zur Kommandozentrale für ein ganzes Ökosystem autonomer digitaler Arbeitskräfte. Kein Zufall, dass der CEO von den “mittleren Innings” der KI-Entwicklung spricht – der eigentliche Durchbruch steht seiner Einschätzung nach noch bevor.

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Autonomie statt Assistenz

Das Herzstück der Ankündigungen bildet der Azure AI Agent Service, der nun als Vorschauversion verfügbar ist. Über die Azure AI Foundry können Entwickler autonome Agenten orchestrieren, ausrollen und skalieren, die komplexe Geschäftsprozesse automatisieren. Der entscheidende Unterschied zu bisherigen Copilot-Versionen? Diese Agenten benötigen keine ständigen Anweisungen mehr.

Sie überwachen selbstständig Ereignisse – etwa eingehende E-Mails oder Datei-Uploads – und lösen daraufhin Aktionsketten über mehrere Systeme hinweg aus. Ein Agent könnte beispielsweise eine Lieferkettenunterbrechung erkennen, alternative Lieferanten kontaktieren und gleichzeitig das Projektteam informieren, ohne dass ein Mensch eingreifen muss.

Parallel dazu erweitert Microsoft sein Copilot Studio für Low-Code-Nutzer. Auch weniger technisch versierte Anwender können nun Agenten erstellen, die im Hintergrund arbeiten – sei es für Lieferkettenüberwachung oder IT-Helpdesk-Triage.

“Wir bewegen uns von einer Welt einzelner Copilots zu einer Welt der Agenten”, heißt es in den begleitenden Pressematerialien. Die Unterscheidung ist fundamental: Während ein Copilot Menschen in Echtzeit unterstützt, lässt sich ein Agent mit einer Aufgabe beauftragen und meldet sich erst bei Fertigstellung oder Problemen zurück.

Kontrollsystem gegen KI-Wildwuchs

Die Vorstellung autonomer KI-Systeme löst bei vielen IT-Abteilungen verständliche Ängste aus. Wie verhindert man unkontrollierte Datenzugriffe? Was, wenn sensible Informationen in die falschen Hände geraten? Microsoft kontert diese Bedenken mit dem Copilot Control System – einem Governance-Framework, das IT-Administratoren die volle Kontrolle geben soll.

Das System ermöglicht granulare Einblicke in Agent-Aktivitäten, erlaubt Datenzugriffsverwaltung, setzt Sicherheitsrichtlinien durch und misst den geschäftlichen Wert der KI-Einsätze. “Jede IT-Abteilung erhält ein Kontrollsystem zum Verwalten, Absichern und Messen der Auswirkungen”, versprach Nadella.

Die wichtigsten Sicherheitsfunktionen im Überblick:

  • Data Loss Prevention (DLP): Erweiterte Kontrollen gegen unangemessene Datenzugriffe oder -weitergabe durch Agenten
  • Prompt-Injection-Abwehr: Neue Funktionen in Microsoft Purview erkennen und blockieren böswillige Manipulationsversuche
  • Loop-Schutz: Sicherheitsmechanismen gegen Endlosschleifen, ein potenzielles Risiko autonomer Systeme

Integration in den Arbeitsalltag

Entscheidend für den Erfolg wird die nahtlose Einbindung in bestehende Arbeitsabläufe sein. Microsoft kündigte die allgemeine Verfügbarkeit von Agents in SharePoint an. Nutzer können Agenten erstellen, die ausschließlich auf spezifische SharePoint-Dokumentbibliotheken zugreifen – für Fragen beantworten, Inhalte zusammenfassen oder Workflows automatisieren.

Das neue Microsoft 365 Agents SDK ermöglicht Entwicklern zudem, Agenten zu bauen, die über Teams, Outlook und Webanwendungen hinweg funktionieren. Die Grenze zwischen eigenständiger Anwendung und KI-Assistent verschwimmt zusehends.

Angriff auf Salesforce

Der Vorstoß kommt nicht von ungefähr. Salesforce hat kürzlich seine “Agentforce”-Plattform vorgestellt, und CEO Marc Benioff attackiert Microsofts Copilot öffentlich als “Clippy 2.0” – eine Anspielung auf die berüchtigte Office-Büroklammer. Benioff argumentiert, dass Agenten, nicht Copilots, die wahren Mehrwertbringer für Unternehmen seien.

Die Ignite-Ankündigungen wirken wie eine direkte Antwort: Microsoft will sowohl die assistierende (Copilot) als auch die autonome (Agenten) Ebene des KI-Stacks beherrschen. Mit der Integration direkt in Azure und Microsoft 365 nutzt der Konzern seine riesige Installationsbasis, um autonome Agenten zur Normalität zu machen.

Während hierzulande SAP und die Telekom eigene KI-Strategien verfolgen, könnte Microsofts Vorsprung bei Cloud-Infrastruktur und Unternehmensanwendungen zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden. Die Frage bleibt: Sind deutsche Unternehmen bereit, kritische Geschäftsdaten digitalen “Teammitgliedern” anzuvertrauen?

Der Praxistest beginnt jetzt

Microsoft setzt auf den “Customer Zero”-Ansatz und testet alle Agenten zunächst intern, bevor sie an Kunden ausgeliefert werden. Die kommenden Monate werden zeigen, ob Unternehmen tatsächlich bereit sind, autonomen Systemen zu vertrauen.

“Es geht nicht um Technologie um ihrer selbst willen, sondern um echte Geschäftsergebnisse”, betonte Nadella und gab damit den pragmatischen Ton der diesjährigen Konferenz vor. Die Infrastruktur steht – jetzt kommt der Härtetest im Unternehmensalltag.

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