Kleinunternehmerregelung, Jahresbilanz

Kleinunternehmerregelung: Erste Jahresbilanz unter neuen Grenzwerten

22.11.2025 - 10:20:11

Das erste Jahr unter der reformierten Kleinunternehmerregelung endet – und für viele Selbstständige wird es jetzt ernst. Wer die neuen Schwellenwerte überschritten hat, muss handeln. Doch was bedeuten die Änderungen konkret, die vor genau einem Jahr vom Bundesrat beschlossen wurden?

Am 22. November 2024 nickte der Bundesrat das Jahressteuergesetz 2024 ab. Seitdem gelten deutlich veränderte Spielregeln für Kleinunternehmer. Während Freiberufler und kleine Betriebe das Jahr über arbeiteten, tickte im Hintergrund eine Uhr: Die neuen Umsatzgrenzen sind erstmals voll wirksam – und damit steht für viele der Wechsel zur Regelbesteuerung bevor.

Mit dem Jahresende 2025 naht nun der erste kritische Stichtag. Steuerberater und Wirtschaftsverbände drängen Kleinunternehmer zur Überprüfung: Wurde die 100.000-Euro-Grenze überschritten? Und was folgt daraus für 2026?

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Seit dem 1. Januar 2025 gelten zwei zentrale Umsatzgrenzen:

  1. 25.000 Euro für das Vorjahr: Der Umsatz des Kalenderjahres 2024 durfte maximal 25.000 Euro (netto) betragen – eine Erhöhung vom früheren Limit von 22.000 Euro.

  2. 100.000 Euro für das laufende Jahr: Eine neue, absolute Obergrenze von 100.000 Euro für den Umsatz im aktuellen Jahr 2025.

Diese zweite Schwelle ist die entscheidende Neuerung. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) und das Bundesfinanzministerium (BMF) betonen: Die 100.000-Euro-Grenze wirkt als “harte Obergrenze”. Wer sie überschreitet, verliert sofort seinen Kleinunternehmerstatus – selbst wenn der Mehrumsatz ungeplant kam.

Die Industrie- und Handelskammern (IHK) formulieren es in ihrer aktualisierten Orientierungshilfe unmissverständlich: „Überschreitet der Umsatz während des Jahres 100.000 Euro (netto), erfolgt der Wechsel zur Regelbesteuerung sofort.” Konkret bedeutet das: Wer im Oktober oder November 2025 diese Marke knackte, muss ab dem Zeitpunkt der Überschreitung auf alle weiteren Rechnungen Umsatzsteuer ausweisen und abführen.

Übergang zur Regelbesteuerung: Wann wird es konkret?

Der Begriff “Übergang” hat 2025 eine doppelte Bedeutung erhalten: die gesetzliche Umstellung und den praktischen Wechsel für betroffene Unternehmen.

Für Betriebe, die unter der 100.000-Euro-Grenze blieben, aber mehr als 25.000 Euro Umsatz im Jahr 2025 erzielten, greift die Regelbesteuerung ab dem 1. Januar 2026. Diese planbare Frist ermöglicht strategische Vorbereitung – etwa bei Investitionen oder der zeitlichen Steuerung von Rechnungen.

„Das neue System beseitigt die frühere Pufferzone der alten 50.000-Euro-Regel”, erklärt das Steuerportal Steuertipps.de in einer aktuellen Analyse vom 22. November 2025. „Unternehmer müssen ihre Gesamtumsätze nun kontinuierlich überwachen. Liegt der Nettoumsatz 2025 über 25.000 Euro, kann die Kleinunternehmerregelung ab dem 1. Januar 2026 nicht mehr beansprucht werden.”

Die wichtigsten Übergangsfristen im Überblick

  • Sofortige Wirkung: Bei Umsatz 2025 > 100.000 Euro
  • Wirkung ab 1. Januar 2026: Bei Umsatz 2025 > 25.000 Euro, aber < 100.000 Euro
  • Status bleibt: Bei Umsatz 2025 ≤ 25.000 Euro (und Schätzung 2026 ≤ 100.000 Euro)

EU-weite Anwendung und E-Rechnung: Neue Pflichten greifen

Die Reform geht über nationale Grenzen hinaus. 2025 brachte die Integration deutscher Kleinunternehmer in das EU-Mehrwertsteuersystem. Die Umsetzung der EU-Richtlinie 2020/285 erlaubt es deutschen Kleinunternehmern, auch in anderen EU-Mitgliedstaaten steuerbefreit zu agieren – vorausgesetzt, ihr EU-weiter Jahresumsatz übersteigt nicht 100.000 Euro.

Für diese grenzüberschreitende Anwendung benötigen Betroffene eine spezielle Kleinunternehmer-Identifikationsnummer (beginnend mit „EX”). Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) verarbeitet diese Anträge seit Jahresbeginn. Deutsche Freiberufler können so etwa in Österreich oder Frankreich steuerfrei arbeiten – sofern sie dortige nationale Grenzen einhalten.

Parallel dazu wurde die E-Rechnungspflicht zum Stolperstein für viele Kleinstbetriebe. Seit dem 1. Januar 2025 sind Kleinunternehmer zwar technisch von der Pflicht befreit, strukturierte elektronische Rechnungen wie XRechnung auszustellen. Doch sie müssen solche Rechnungen empfangen und archivieren können. Diese Anforderung gilt für alle B2B-Transaktionen und zwang selbst kleinste Betriebe zur Digitalisierung ihrer Belegverwaltung.

Ein Jahr nach der Reform: Bürokratieabbau oder neue Komplexität?

Die Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2024 durch den Bundesrat am 22. November 2024 wurde als Bürokratieentlastung gefeiert. Ein Jahr später fällt die Bilanz gemischt aus. Die Anhebung auf 25.000 Euro wurde als Inflationsanpassung begrüßt. Die strikte 100.000-Euro-Obergrenze brachte jedoch eine neue Überwachungsebene mit sich.

Juristen weisen auf eine weitere Feinheit hin: Der Wechsel von der „Nichterhebung der Steuer” zu einer echten „Steuerbefreiung” – eine seit Januar geltende rechtliche Anpassung – erforderte die Überarbeitung von Millionen Rechnungsvorlagen. Rechnungen müssen nun explizit auf die Steuerbefreiung verweisen (etwa: „Steuerfrei gemäß § 19 UStG”). Viele Betriebe setzen diese Änderung noch immer um.

Die Reform harmonisierte Deutschland mit EU-Standards. Doch sie beseitigte auch den Spielraum, der zuvor wachsende Kleinstunternehmen vor plötzlichen Steuerpflichten schützte.

Handlungsbedarf bis Jahresende: Was jetzt zu tun ist

Mit dem Auslaufen des Jahres 2025 müssen Kleinunternehmer drei konkrete Schritte gehen:

1. Abschließende Umsatzprognose erstellen: Berechnen Sie den voraussichtlichen Gesamtnettoumsatz für 2025.

2. Status prüfen: Wurde die 25.000-Euro-Grenze überschritten? Dann müssen Sie ab dem 1. Januar 2026 auf allen Rechnungen 19 % (bzw. 7 %) Umsatzsteuer ausweisen.

3. Systeme aktualisieren: Stellen Sie sicher, dass Ihre Buchhaltungssoftware für den möglichen Wechsel zur Regelbesteuerung bereit ist.

Für 2026 sind aktuell keine weiteren Anhebungen der Schwellenwerte geplant. Der Fokus dürfte sich auf die vollständige Durchsetzung der E-Rechnungspflichten und die Verfeinerung der EU-weiten Meldeverfahren über das BZSt-Portal verlagern. Kleinunternehmer sollten die kommenden Wochen nutzen, um ihre Weichen rechtzeitig zu stellen – bevor der Jahreswechsel Fakten schafft.

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