Indien, Gesetz

Indien: Gesetz soll Recht auf Unerreichbarkeit garantieren

07.12.2025 - 09:19:11

Die indische Abgeordnete Supriya Sule bringt das Parlament in Bewegung: Mit dem „Right to Disconnect Bill” soll endlich Schluss sein mit ständiger Erreichbarkeit nach Feierabend. Das am Freitag eingebrachte Gesetz kommt nicht zufällig – während ein prominenter IT-Gründer weiter 70-Stunden-Wochen fordert, melden 78 Prozent der indischen Arbeitnehmer Burnout-Symptome. Jetzt drohen Unternehmen erstmals empfindliche Strafen.

Die Abgeordnete der NCP (SP) legte ihren Gesetzentwurf im Unterhaus vor, während das Land über die Grenzen der Arbeitskultur debattiert. Der Zeitpunkt ist brisant: Erst im November hatte Infosys-Mitgründer N.R. Narayana Murthy seine umstrittene Forderung nach 70 Arbeitsstunden pro Woche bekräftigt. Nun folgt die politische Antwort.

Das Gesetz geht über symbolische Gesten hinaus. Wer Mitarbeiter außerhalb der vertraglich vereinbarten Zeiten kontaktiert, riskiert saftige Konsequenzen: ein Prozent der gesamten Lohnsumme aller Beschäftigten als Strafzahlung. Eine Klausel mit Wirkung – besonders für Indiens 250-Milliarden-Dollar-IT-Branche.

Kernpunkt bleibt das absolute Recht auf Verweigerung. Angestellte dürfen Anrufe und E-Mails nach Feierabend ignorieren, ohne disziplinarische Folgen befürchten zu müssen. Sollten sie dennoch zustimmen, greift eine weitere Neuerung: Überstundenzuschläge werden Pflicht.

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Digitale Entgiftung als Staatsaufgabe

Bemerkenswert ist der ganzheitliche Ansatz des Entwurfs. Eine neu zu schaffende Arbeitnehmer-Wohlfahrtsbehörde soll Richtlinien entwickeln und Konflikte schlichten. Studien zur digitalen Nutzung am Arbeitsplatz würden die Grundlage bilden.

Noch ungewöhnlicher: Der Staat soll „Digitale Entgiftungszentren” einrichten. Die Begründung nennt „Telepressure” – den Zwang, sofort auf Nachrichten zu reagieren – und warnt vor „Info-Adipositas”. Beratungsangebote sollen Betroffenen helfen, sich von ständiger Erreichbarkeit zu lösen.

Parallel brachte Kongress-Abgeordneter Shashi Tharoor einen ergänzenden Entwurf ein, der Arbeitszeiten generell begrenzen will. Seine Zahlen sind alarmierend: Mehr als drei Viertel der indischen Arbeitnehmer berichten von Erschöpfung.

Globaler Trend erreicht Asien

Indien steht nicht allein. Das Timing des Gesetzentwurfs passt zu internationalen Entwicklungen. Großbritannien beendet am 18. Dezember die Konsultationsphase zu ähnlichen Regelungen, die Teil eines größeren Arbeitsrechtspakets sind. Gewerkschaften und Unternehmen ringen dort um die konkrete Ausgestaltung.

Australien ist bereits einen Schritt weiter. Seit August 2024 gilt dort das Recht auf Unerreichbarkeit für die meisten Arbeitgeber. Kleinunternehmen müssen bis August 2025 nachziehen. Australische Beschäftigte können sich bereits jetzt auf die neuen Regelungen berufen.

IT-Branche vor grundlegendem Umbau?

Sollte das Gesetz Realität werden, stehen massive Umstrukturierungen bevor. Indiens Technologie-Sektor lebt von der Zusammenarbeit über Zeitzonen hinweg. Kunden in Europa und Nordamerika erwarten oft Verfügbarkeit rund um die Uhr – bisher meist ohne zusätzliche Vergütung.

Die Flexibilität bleibt begrenzt. Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern müssten Ausnahmen individuell mit Beschäftigten oder Gewerkschaften aushandeln. Ein pauschaler Verzicht auf Schutzrechte wäre ausgeschlossen.

Als Initiativantrag einzelner Abgeordneter hat der Entwurf statistisch geringe Erfolgschancen. Doch die Signalwirkung ist enorm: Die Debatte hat das Parlament erreicht. Während London seine Weichen stellt und Australien bereits Erfahrungen sammelt, könnte der internationale Druck 2026 neue Dynamik entwickeln. Die Winter-Session des indischen Parlaments läuft – und mit ihr die Diskussion über die Zukunft der Arbeit.

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