Gefahrstoffverordnung: Bundesrat winkt umstrittene Asbestregeln durch
26.11.2025 - 19:30:12Deutschland schafft die EU-Vorgaben gerade noch rechtzeitig. Am Freitag, den 22. November, passierte die novellierte Gefahrstoffverordnung den Bundesrat – nur vier Wochen vor Ablauf der Brüsseler Frist am 21. Dezember. Was das Bundesarbeitsministerium als überfälligen Modernisierungsschritt beim Arbeitsschutz verkauft, löst bei Bauverbänden und Handwerkskammern jedoch heftige Kritik aus. Ihr Vorwurf: Die neuen Regeln schaffen ein bürokratisches Monster, das vor allem kleine Betriebe belastet.
Während die Große Koalition von verbessertem Krebsschutz für Beschäftigte spricht, warnen Praktiker vor einem Renovierungsstau. Ausgerechnet jetzt, wo Deutschland Millionen Gebäude aus der Asbestära energetisch sanieren will.
Mit der Zustimmung der Länderkammer ist der Weg frei für das Inkrafttreten der Novelle. Deutschland setzt damit fristgerecht die EU-Richtlinie 2023/2668 um, die strengere Schutzstandards beim Umgang mit Asbest vorschreibt. Im Fokus stehen Renovierungs-, Abbruch- und Instandhaltungsarbeiten – genau jene Tätigkeiten, bei denen versteckter Asbest zur tödlichen Gefahr werden kann.
Diese 7 Fehler bei der Gefährdungsbeurteilung können Sie teuer zu stehen kommen — gerade jetzt, wo Asbest- und Gefahrstoff-Regeln deutlich verschärft werden. Sicherheitsexperten erklären, welche Lücken Aufsichtsbehörden zuerst prüfen, welche Nachweise fehlen und wie Sie Haftungsrisiken praktisch minimieren. Das kostenlose Paket liefert praxiserprobte Vorlagen, Checklisten, Musterformulierungen und einen klaren Ablauf, mit dem Ihre Gefährdungsbeurteilung jeder Prüfung standhält. Jetzt GBU-Vorlagen kostenlos herunterladen
Die Anpassung erfolgt keine zwölf Monate nach der letzten großen Reform im Dezember 2024, als erstmals das sogenannte Ampel-Modell zur Risikobewertung eingeführt wurde. Die aktuelle Fassung schärft diese Regeln nach und schließt rechtliche Lücken, die Brüssel beanstandet hatte.
„Wir bringen nationale Sicherheitsstandards und europäische Anforderungen in Einklang”, erklärte ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums nach der Abstimmung. „Der Fokus liegt eindeutig auf der Minimierung von Krebsrisiken für Bauarbeiter.”
Was sich ab Dezember ändert
Die verabschiedeten Neuregelungen greifen ab Ende Dezember und betreffen Baufirmen, Handwerksbetriebe und Immobilieneigentümer gleichermaßen. Drei Kernpunkte prägen die Reform:
Veranlasserpflichten konkretisiert
Gebäudeeigentümer und Auftraggeber müssen künftig ausdrücklich alle verfügbaren Informationen über Schadstoffvorkommen – insbesondere Asbest – offenlegen, bevor Arbeiten beginnen. Diese „Mitwirkungspflicht” soll verhindern, dass Handwerker unwissend in kontaminierte Materialien bohren oder schleifen.
Doch genau hier entzündet sich der Hauptkonflikt: Die Verordnung verpflichtet Eigentümer nur zur Weitergabe vorhandener Informationen. Eine aktive Erkundungspflicht – also die Beauftragung von Gutachtern bei Verdacht – fehlt. Die Haftung bleibt damit faktisch beim ausführenden Betrieb.
Ampel-Modell wird rechtsverbindlich
Das Ende 2024 eingeführte risikobasierte System wird nun gesetzlich festgeschrieben:
- Grün (geringes Risiko): Faserkonzentration unter 10.000 Fasern/m³. Standardschutzmaßnahmen ausreichend.
- Gelb (mittleres Risiko): 10.000 bis 100.000 Fasern/m³. Erweiterte Sicherheitsprotokolle und Meldepflicht an Behörden erforderlich.
- Rot (hohes Risiko): Über 100.000 Fasern/m³. Vollständige Abschottung und maximale Schutzausrüstung vorgeschrieben.
Verschärfte Anzeigepflichten
Um EU-Standards zu erfüllen, müssen Unternehmen künftig auch bei „gelben” Tätigkeiten komplexere Meldungen an lokale Behörden abgeben. Was mehr Kontrolle ermöglichen soll, fürchtet die Branche als Papiertiger.
„Bürokratie statt Praxistauglichkeit”
Die Reaktionen aus der Bauwirtschaft fallen vernichtend aus. In den Tagen vor der Bundesratsabstimmung intensivierten führende Verbände ihren Widerstand.
Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) vermisst eine „klare, verpflichtende Erkundungspflicht für Auftraggeber”. In einer aktuellen Stellungnahme moniert der Verband, dass die Novelle zwar Eigentümer zur Auskunft verpflichtet, sie aber nicht zwingt, ihre Immobilien aktiv auf Asbest untersuchen zu lassen. „Das Haftungsrisiko bleibt einseitig beim Handwerker hängen, wenn er versehentlich auf versteckte Belastungen stößt”, heißt es beim ZDB.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) kritisiert die Regelungen als realitätsfern für Kleinbetriebe. „Die neuen Meldepflichten für mittlere Risikostufen schaffen bürokratische Hürden, die notwendige Sanierungen verzögern, ohne zwangsläufig mehr Sicherheit zu bringen”, so ein ZDH-Vertreter. Besonders Elektriker, Installateure und Fliesenleger, die bei kleineren Arbeiten häufig aufAsbest treffen, würden überproportional belastet.
Kollisionskurs mit der Sanierungswelle
Das Timing könnte kaum ungünstiger sein. Deutschland will mit seiner „Renovierungswelle” Millionen Gebäude energetisch modernisieren, um Klimaziele zu erreichen. Besonders betroffen: Bauten aus den Jahren 1950 bis 1990 – genau jene Epoche, in der Asbest massenhaft verbaut wurde.
Experten schätzen, dass noch mehrere Millionen Tonnen Asbest im deutschen Gebäudebestand schlummern: in Fliesenklebern, Spachtelmassen, Fensterdichtungen. Die Novelle soll diese Sanierungen sicherer machen, könnte sie aber ungewollt ausbremsen.
„Wenn jede kleine Elektroinstallation in einem 1970er-Jahre-Gebäude komplexe Meldeverfahren und Risikoprüfungen auslöst, steigen Kosten und Zeitpläne geraten ins Wanken”, warnt ein Sicherheitsberater der Wohnungswirtschaft. „Die Absicht stimmt, aber der Vollzugsmechanismus ist zu schwerfällig.”
Was Unternehmen jetzt tun müssen
Nach der Zustimmung am 22. November wird die Verordnung in den kommenden Tagen im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt noch vor dem 21. Dezember in Kraft. Für Betriebe beginnt damit die heiße Umsetzungsphase.
Sicherheitsfachkräfte und Geschäftsführer sollten drei Prioritäten setzen:
Gefährdungsbeurteilungen aktualisieren: Alle Betriebsabläufe müssen das verbindliche Ampel-Modell widerspiegeln. Bestehende Dokumentationen sind zu überarbeiten.
Verträge mit Auftraggebern anpassen: Klauseln, die Eigentümer explizit zur Asbestauskunft verpflichten, helfen bei der Dokumentation der Mitwirkungspflicht. Rechtlich ist das noch keine volle Absicherung, aber ein wichtiger Nachweis bei späteren Streitigkeiten.
Mitarbeiterschulungen organisieren: Mit den neuen Regeln dürfte die Nachfrage nach zertifizierter Asbestsachkunde sprunghaft steigen. Wer jetzt keine Schulungsplätze sichert, gerät Anfang 2026 ins Hintertreffen.
Ob die Novelle tatsächlich mehr Arbeitnehmerschutz bringt oder lediglich Aktenordner füllt, wird sich in den kommenden Monaten auf den Baustellen zeigen. Die Debatte zwischen Sicherheitsgewinn und Bürokratielast dürfte die Baubranche das gesamte kommende Jahr begleiten.
PS: Endlich Gefährdungsbeurteilungen, die jede Betriebsprüfung bestehen — besonders wichtig angesichts neuer Pflichten für Asbest-Funde und erweiterten Meldepflichten. Der Gratis-Download bietet eine klare Schritt-für-Schritt-Anleitung für Sicherheitsfachkräfte und Geschäftsführer: fertige Checklisten, sofort einsetzbare Word‑Vorlagen und konkrete Hinweise zur Dokumentation gegenüber Behörden. Sparen Sie Zeit, reduzieren Sie Prüfungsrisiken und sichern Sie Ihre Nachweise mit erprobten Vorlagen. Gratis GBU-Download und Checklisten sichern


