Fachkräftelücke, Lehrabsolventen

Fachkräftelücke: 51.000 Lehrabsolventen fehlen bis 2029

27.11.2025 - 12:11:12

WIFO-Studie warnt vor massivem Fachkräftemangel durch Pensionierungswelle, der das Wirtschaftswachstum um 0,1 Prozentpunkte bremsen könnte. Eine Qualifizierungsoffensive für 40.000 Personen soll gegensteuern.

Wien – Die Babyboomer gehen in Pension, der Nachwuchs fehlt: Bis 2029 droht Österreich eine Lücke von 51.000 Fachkräften mit Lehrabschluss. Das zeigt eine aktuelle WIFO-Studie im Auftrag der Arbeiterkammer. Die Warnung ist eindeutig: Ohne sofortiges Gegensteuern wird der Mangel das Wirtschaftswachstum spürbar bremsen.

Die demografische Zeitbombe tickt. Während die Politik oft abstrakt über Fachkräftemangel diskutiert, liefert die Arbeiterkammer nun konkrete Zahlen. Die Botschaft: In den kommenden vier Jahren verliert Österreich massiv an Know-how – mit direkten Folgen für Wachstum und Versorgungssicherheit.

Der Zeitpunkt könnte kaum brisanter sein. Ende 2025 kämpft sich die Wirtschaft aus der Rezession, die Arbeitslosigkeit liegt bei über 7 Prozent. Doch hinter den konjunkturellen Schwankungen verbirgt sich ein strukturelles Problem: Der Exodus der Babyboomer aus dem Erwerbsleben.

Anzeige

Viele Unternehmen unterschätzen, wie schnell Pensionswellen die Personalplanung aus dem Tritt bringen – mit verzögerten Projekten und steigenden Recruitingskosten als Folge. Ein kostenloses E‑Book zur Personalbedarfsplanung zeigt Schritt für Schritt, wie Sie Lücken berechnen, Prioritäten setzen und mit Checklisten sowie Excel‑Vorlagen faktenbasierte Entscheidungen treffen. Ideal für Personaler und Führungskräfte, die Nachqualifizierung und Einsatzplanung jetzt strukturiert angehen müssen. Jetzt Personalbedarfsplanung-Guide herunterladen

51.000 Köpfe fehlen – das Rückgrat bröckelt

Das zentrale Ergebnis der WIFO-Analyse ist erschreckend simpel. Im “Szenario der Untätigkeit” treten bis 2029 rund 51.000 Menschen mit Lehrabschluss mehr in Pension, als junge Absolventen nachrücken. Betroffen sind nicht akademische Berufe, sondern das Rückgrat der Wirtschaft: Fachkräfte in Technik, Handwerk und systemrelevanten Dienstleistungen.

Die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er erreichen das Pensionsalter, geburtenschwächere Jahrgänge rücken nach. Das mathematische Missverhältnis trifft auf einen Arbeitsmarkt mit zunehmend komplexeren Anforderungen.

Die Arbeiterkammer warnt vor direkten Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit. In kritischen Sektoren wie Gesundheit, Pflege und Sicherheit drohen Einschränkungen. Für Konsumenten bedeutet das konkret:

  • Längere Wartezeiten auf Handwerker
  • Reduzierte Öffnungszeiten
  • Engpässe in der Pflegebetreuung

Wirtschaftsbremse: 0,1 Prozentpunkte Wachstumsverlust

Der Fachkräftemangel ist längst keine HR-Frage mehr, sondern eine makroökonomische Bremse. Die ungedeckte Lücke würde das jährliche BIP-Wachstum um 0,1 Prozentpunkte drücken. Was marginal klingt, summiert sich zu Milliardenbeträgen entgangener Wertschöpfung.

Unternehmen sehen sich mit einer toxischen Mischung konfrontiert: Vakanzzeiten steigen, Suchkosten explodieren, geplante Investitionen müssen aufgeschoben werden. Die logische Konsequenz: Arbeitsverdichtung und Überlastung der verbleibenden Belegschaften – ein Teufelskreis aus Burnouts und weiteren Ausfällen.

Die Lösung liegt im Inland: 40.000 nachqualifizieren

Anders als Wirtschaftsverbände fokussiert sich die Arbeiterkammer auf inländisches Potenzial. AK-Präsidentin Renate Anderl betont: Die Lücke ist hausgemacht und kann durch eine massive Qualifizierungsoffensive geschlossen werden.

Die WIFO-Berechnung zeigt: Die Lücke lässt sich fast vollständig kompensieren, wenn 40.000 Personen mit Pflichtschulabschluss auf Lehrniveau nachqualifiziert werden.

Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Wachstumsimpuls: Das BIP läge 2029 um 0,1 Prozentpunkte höher
  • Soziale Sicherheit: Höher Qualifizierte haben geringeres Arbeitslosigkeitsrisiko
  • Produktivität: Fachkräfte stärken die Wettbewerbsfähigkeit

Die AK fordert geförderte Aus- und Weiterbildungen mit existenzsichernden Stipendien. Die Botschaft ist klar: Statt “länger arbeiten” heißt die Devise “besser qualifizieren”.

Das Paradoxon: Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel

Die Warnung kommt in paradoxer Situation. Ende 2025 liegt die Arbeitslosigkeit bei über 7 Prozent. Wie passt das zu Fachkräftemangel?

Dieses Phänomen – in der Ökonomie als “Mismatch” bekannt – verschärft sich drastisch. Es gibt genügend Arbeitssuchende, doch sie verfügen nicht über die Qualifikationen, die durch Pensionierungen verloren gehen. Ein 60-jähriger Maschinenschlosser lässt sich nicht nahtlos durch eine Hilfskraft ersetzen.

Die Industrie spürt den Druck bereits. Während Wiens Dienstleistungssektor wächst, bluten industrielle Kerne aus. Der demografische Wandel wirkt wie ein Brandbeschleuniger für den Strukturwandel. Zudem: Auch Deutschland kämpft mit denselben demografischen Kurven – der internationale Abwerbedruck steigt.

Rennen gegen die Zeit: Handeln bis 2027

Die Weichenstellungen müssen jetzt erfolgen. Aus- und Weiterbildungen dauern Jahre. Wer heute beginnt, steht dem Arbeitsmarkt frühestens 2027 oder 2028 zur Verfügung.

Das Thema “Qualifizierungsoffensive” wird zentraler Streitpunkt in den kommenden Budgetverhandlungen sein. Die Kosten für die Nachqualifizierung von 40.000 Menschen sind hoch – doch die WIFO-Daten zeigen: Die “Kosten des Nichtstuns” durch entgangenes Wachstum und höhere Sozialausgaben wären weitaus höher.

Für Unternehmen bedeutet dies: Die Zeiten, in denen fertig ausgebildetes Personal einfach am Markt verfügbar war, gehen zu Ende. Interne Personalentwicklung und Unterstützung von Quereinsteigern werden zur Überlebensfrage. Schafft die Politik die Rahmenbedingungen nicht, könnte 2029 tatsächlich zum Bremsklotz für den österreichischen Wohlstand werden.

Anzeige

PS: Sie planen konkrete Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel? Die kostenlose Personalbedarfsplanung-Checkliste liefert Praxis‑Vorlagen, Beispielrechnungen und eine sofort einsetzbare Excel-Datei, mit der Sie Nachqualifizierungs‑Szenarien durchspielen und Kosten sowie Einsatzzeiten transparent machen. Perfekt für HR‑Verantwortliche, die Entscheidungssicherheit in knappen Budgets brauchen. Personalplanung-Checkliste gratis sichern

@ boerse-global.de