Milliarden, Euro

EU investiert 1,3 Milliarden Euro in digitale Zukunft

20.11.2025 - 12:40:12

Brüssel – Die Europäische Kommission will den Kontinent digital fit machen: Mit einem Doppelschlag aus massivem Bürokratieabbau und milliardenschweren Investitionen soll Europa im globalen Tech-Wettlauf aufholen. Das Ziel? Start-ups und Mittelständler von regulatorischen Fesseln befreien – und gleichzeitig die technische Infrastruktur auf Weltklasse-Niveau bringen.

Gestern stellte die für Technologie-Souveränität zuständige Vizepräsidentin Henna Virkkunen das „Digital Omnibus”-Paket vor: Ein Gesetzesvorschlag, der Unternehmen jährlich rund 5 Milliarden Euro an Verwaltungskosten ersparen soll. Parallel dazu läuft bereits das 1,3-Milliarden-Euro-Programm „Digital Europe”, das in Cybersicherheit, KI und digitale Kompetenzen fließt.

Kernstück der Initiative ist das Digital Omnibus – ein gezielter Angriff auf die berüchtigte EU-Bürokratie. Die Kommission reagiert damit auf jahrelange Klagen der Industrie über ein undurchdringliches Dickicht sich überlappender Digitalvorschriften.

„Wir haben Talente, Infrastruktur und einen großen Binnenmarkt”, erklärte Virkkunen. „Doch unsere Unternehmen – vor allem Start-ups und kleine Betriebe – ersticken unter starren Regelschichten. Weniger Bürokratie schafft Raum für Innovation.”

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Besonders dramatisch: die neue Zentrale Europäische Meldestelle für Cybersicherheitsvorfälle. Bisher mussten Unternehmen Datenpannen parallel unter mehreren Gesetzen melden – DSGVO, NIS2-Richtlinie, DORA-Verordnung. Das neue „Einmal-melden”-System soll diesen Albtraum beenden und Firmen massiv entlasten.

Hinzu kommt die Europäische Unternehmens-Wallet: eine digitale Identitätslösung für Firmen, mit der sich Dokumente über alle 27 Mitgliedstaaten hinweg signieren und austauschen lassen. Die Kommission kalkuliert mit Einsparungen von bis zu 150 Milliarden Euro pro Jahr durch reibungsloseren grenzüberschreitenden Handel.

Wo das Geld hinfließt: 1,3 Milliarden für die digitale Aufrüstung

Während die neuen Regeln auf Effizienz setzen, pumpt die EU parallel massives Kapital in den Aufbau technischer Kapazitäten. Das 1,3-Milliarden-Euro-Investitionsprogramm des Digital Europe Programme (2025-2027) wurde im ersten Quartal 2025 finalisiert und läuft bereits.

Diese Mittel sind das Fundament der neuen Regulierungsphilosophie – sie liefern die Infrastruktur für Compliance und Innovation. Die wichtigsten Posten:

  • Cyber-Resilienz: Ein Großteil fließt in die EU-Cybersicherheitsreserve – eine Schnelleingreiftruppe zum Schutz kritischer Infrastruktur wie Krankenhäuser, Stromnetze und Unterseekabel vor Großangriffen.
  • KI-Fabriken: Förderung der „AI Factories”-Initiative, die Start-ups und mittelständischen Unternehmen Zugang zu Supercomputern für das Training generativer KI-Modelle verschafft.
  • Digitale Kompetenzen: Investitionen in fortgeschrittene Weiterbildung, damit europäische Arbeitskräfte mit neuen Technologien Schritt halten können.

Die Strategie dahinter? Zuckerbrot und Peitsche: Die Spielregeln vereinfachen – und gleichzeitig die Autobahn ausbauen.

KI-Verordnung: Brüssel gibt Start-ups mehr Zeit

In einem Zugeständnis an die Tech-Branche schlägt das Digital Omnibus auch eine pragmatische Anpassung der EU-KI-Verordnung vor. Die Kommission will die Anwendung der Regeln für „Hochrisiko-KI-Systeme” um rund 16 Monate verschieben.

Der neue Zeitplan koppelt Compliance-Pflichten an die Verfügbarkeit harmonisierter technischer Standards. Unternehmen müssen komplexe Sicherheitsanforderungen erst erfüllen, wenn die nötigen Leitfäden und Werkzeuge tatsächlich existieren.

„Effiziente Umsetzung des KI-Gesetzes ist entscheidend für Sicherheit und Grundrechte”, heißt es in der Begründung der Kommission. „Aber sie braucht klare Anleitungen. Firmen müssen die Regeln erst anwenden, wenn die Standards stehen.”

Wie reagiert die Industrie?

Die Ankündigung löst „vorsichtigen Optimismus” aus. Die Computer and Communications Industry Association (CCIA), die große Tech-Konzerne vertritt, begrüßt den Abbau überlappender Meldepflichten.

Stéphan André, Rechtsexperte beim belgischen Cybersicherheitszentrum, nennt die zentrale Meldestelle einen „positiven Schritt” – knüpft dies aber an die technische Umsetzung der Plattform.

Doch es gibt auch kritische Stimmen: Datenschutzaktivisten wie NOYB (Europäisches Zentrum für digitale Rechte) befürchten, dass „Vereinfachung” zur Aufweichung der DSGVO führen könnte – besonders beim Einsatz personenbezogener Daten für KI-Training. Die Kommission betont, die Änderungen klärten Regeln, ohne Schutzstandards zu senken.

Was kommt als Nächstes?

Das Digital Omnibus wandert nun ins Europäische Parlament und den Rat der EU zur Debatte. Angesichts des Fokus auf wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit rechnen Analysten mit einem Fast-Track-Verfahren – mögliche Verabschiedung bis Mitte 2026.

Parallel laufen Ausschreibungen unter dem 1,3-Milliarden-Arbeitsprogramm weiter. Die nächste Förderrunde soll noch dieses Jahr vergeben werden. Während Europa dem Druck aus den USA und China ausgesetzt ist, markiert diese Woche einen Strategiewechsel in Brüssel: Weg von der Phase harter Regulierung, hin zu Umsetzung, Vereinfachung und strategischer Investition.

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