EU-Haushalt, Milliarden

EU-Haushalt: 409 Milliarden Euro für Europas Zukunft

03.12.2025 - 22:20:12

Die Europäische Union steht vor ihrer größten Finanzreform seit Jahrzehnten. Während die dänische Ratspräsidentschaft in diesen Tagen den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2028–2034 verhandelt, dominieren zwei gigantische Zahlen die Debatte: Ein geplanter European Competitiveness Fund über 409 Milliarden Euro und die explosive Rechnung für die EU-Erweiterung.

Haushaltskommissar Piotr Serafin warnte gestern bei seinem Besuch in Bratislava, die Verhandlungen würden „nicht einfach” – eine diplomatische Untertreibung. Zwischen Nettozahlern und Empfängerländern verhärten sich die Fronten. Der im Juli vorgelegte Kommissionsentwurf stellt nicht nur eine finanzielle, sondern eine strukturelle Revolution dar.

Das Herzstück des Vorschlags ist radikal: Der European Competitiveness Fund (ECF) soll die zersplitterte EU-Förderlandschaft zusammenführen und Europa gegen die USA und China wappnen. Statt über 50 verschiedene Programme künftig nur noch 16 – gebündelt unter einem einheitlichen Regelwerk.

Die strategische Ausrichtung ist klar definiert. 131 Milliarden Euro fließen exklusiv in Verteidigung und Weltraum. Die EU wird faktisch zum Rüstungsinvestor – eine direkte Reaktion auf die neue geopolitische Realität.

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„Wir bewegen uns weg von einer programmorientierten hin zu einer politikorientierten Budgetierung”, erklärten Kommissionsvertreter. Für Unternehmen und Forschungseinrichtungen bedeutet das vor allem: weniger Bürokratie, schnellerer Zugang zu Fördermitteln.

Ukraine-Beitritt: Die 136-Milliarden-Euro-Frage

Während die Industrie den Competitiveness Fund begrüßt, sorgt die Erweiterungsfinanzierung für Nervosität. Die Integration der Ukraine, Moldaus und der Westbalkan-Staaten wird den EU-Haushalt fundamental verändern.

Aktuelle Berechnungen des Bruegel-Instituts beziffern die Kosten allein für den Ukraine-Beitritt auf bis zu 136 Milliarden Euro über sieben Jahre – basierend auf den aktuellen Regeln. Die Konsequenzen wären dramatisch:

  • Bisherige Nettoempfänger in Osteuropa könnten zu Nettozahlern werden
  • Der Agrarhaushalt müsste radikal reformiert werden
  • Die Ukraine würde als Agrargroßmacht den Großteil der Direktzahlungen absorbieren

Deutschland und die Niederlande fordern hinter verschlossenen Türen klare Obergrenzen. Ihre Sorge: Ohne neue EU-Steuern oder Abgaben ist die Erweiterung im aktuellen Budgetrahmen von 1,2 % des BNE nicht finanzierbar.

Radikaler Kurswechsel: Vom Gießkannenprinzip zu Reformverträgen

Der kontroverseste Aspekt des MFR-Vorschlags ist die Abkehr von der direkten Regionalförderung. Künftig sollen Nationale und Regionale Partnerschaftspläne (NRPPs) die Förderung steuern – nach dem Vorbild des Corona-Wiederaufbaufonds.

Das bedeutet: Gelder fließen nicht mehr automatisch, sondern nur bei Erfüllung konkreter Reformvorgaben. Diese Konditionalität stößt auf massiven Widerstand – besonders bei deutschen Bundesländern. Sie befürchten eine Zentralisierung der Macht in Berlin und Brüssel.

Kommissar Serafin verteidigte den Ansatz diese Woche erneut: „Wir müssen Investitionen mit Reformen verknüpfen.” Jeder Mitgliedstaat soll künftig einen einzigen umfassenden Plan vorlegen, der Kohäsionsmittel, Agrargelder und Wettbewerbsförderung bündelt.

Kritiker warnen: Die regionale Entscheidungsgewalt droht unterzugehen.

Ein Budget für die geopolitische Zeitenwende

Die Verhandlungen markieren einen Paradigmenwechsel. Ging es früher um Verteilungskämpfe zwischen Agrar- und Kohäsionspolitik, steht der MFR 2028–2034 im Zeichen der strategischen Souveränität:

  • Historisches Novum: 131 Milliarden Euro für Verteidigung machen die EU zum Rüstungsinvestor
  • Antwort auf Biden: Die Bündelung im 409-Milliarden-Fonds reagiert direkt auf den US-Inflation Reduction Act
  • Finanzierungslücke: Ohne neue Einnahmequellen – Kerosinsteuer, Importabgaben – ist die Gleichung nicht lösbar

Marktbeobachter sehen Chancen für die europäische Rüstungs- und Tech-Industrie, warnen aber vor einer jahrelangen Hängepartie.

Langer Weg zur Einigung

Bis Ende Dezember will die dänische Ratspräsidentschaft eine konsolidierte Verhandlungsbox vorlegen. Doch eine Einigung ist noch nicht in Sicht – die Positionen liegen zu weit auseinander.

Experten erwarten, dass die Verhandlungen bis 2026 oder sogar 2027 andauern. Die nächste Ratspräsidentschaft Zyperns muss dann die technischen Details der NRPPs ausarbeiten.

Für Investoren und Unternehmen bedeutet das: Der große Geldregen aus dem neuen Competitiveness Fund ist zwar in Sicht, wird aber frühestens ab 2028 fließen. Bis dahin bleibt die Unsicherheit über die Erweiterungs-Milliarden der dominierende Faktor in Brüssel.

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