EU-Chat-Kontrolle: Abstimmung über Überwachungsgesetz steht bevor
30.09.2025 - 04:59:01Die EU plant verpflichtende Inhaltsüberprüfung privater Nachrichten vor Verschlüsselung, was Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gefährdet und Tech-Konzerne zum Rückzug bewegen könnte.
Die umstrittene „Chat-Kontrolle“ der EU steht vor der entscheidenden Phase: Bereits am 14. Oktober könnte der EU-Rat über die Verordnung abstimmen, die alle privaten Nachrichten scannen soll. Was als Schutz vor Kindesmissbrauch verkauft wird, könnte die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in Europa beenden.
Die dänische Ratspräsidentschaft drängt auf eine rasche Entscheidung zu dem Kompromissentwurf der sogenannten Verordnung zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern (CSAR). Doch der Widerstand ist gewaltig: Über 500 Kryptografie-Experten warnen vor den Folgen, Tech-Konzerne drohen mit Rückzug aus Europa. Signal hat bereits angekündigt, die App eher vom EU-Markt zu nehmen, als die Überwachungspflicht zu befolgen.
Die Technik: Scannen vor dem Verschlüsseln
Das Herzstück der Verordnung ist die Pflicht für Messenger-Dienste wie WhatsApp, Signal oder Telegram, alle Inhalte vor der Verschlüsselung zu durchleuchten. Diese „clientseitige Überprüfung“ – neuerdings als „Upload-Moderation“ umschrieben – soll Missbrauchsdarstellungen und Grooming aufspüren.
Doch Experten sind alarmiert: „Es gibt keinen Weg, solche Scans zu implementieren, ohne das Versprechen der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung grundlegend zu brechen“, warnen Sicherheitsforscher. Die vorgeschlagenen KI-Algorithmen haben hohe Fehlerquoten und würden Millionen unschuldiger Bürger unter Verdacht stellen.
Signal-Chefin Meredith Whittaker bringt es auf den Punkt: „Ob wir es Hintertür, Vordertür oder Upload-Moderation nennen – jeder dieser Ansätze schafft eine Schwachstelle.“
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Gespaltenes Europa: Deutschland als Zünglein an der Waage
Die politische Schlacht tobt bereits seit 2022. Während das EU-Parlament die Verschlüsselung schützen will, ringt der Rat der Mitgliedstaaten um eine Position. Eine Abstimmung im Juni 2024 musste mangels Mehrheit verschoben werden.
Jetzt wird es spannend: Österreich, Polen und die Niederlande lehnen den Plan ab. Deutschlands Stimme könnte entscheiden, ob eine „blockierende Minderheit“ das Gesetz stoppt oder es durchgewunken wird. Besonders brisant: Ein geleakter Entwurf will Regierungs-, Polizei- und Militärkommunikation von der Scan-Pflicht ausnehmen.
Globale Signalwirkung: Mehr als nur ein EU-Problem
Die Chat-Kontrolle ist Teil eines weltweiten Trends: Regierungen wollen Zugang zu verschlüsselten Daten. Ein EU-Durchbruch könnte anderen Staaten als Blaupause dienen und den globalen Standard für sichere Kommunikation untergraben.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bereits geurteilt, dass die Schwächung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung „nicht als notwendig in einer demokratischen Gesellschaft betrachtet werden kann“. Kritiker befürchten nicht nur Schäden für 450 Millionen EU-Bürger, sondern auch für Europas digitale Wirtschaft.
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Entscheidung in Brüssel: Was jetzt passiert
Falls der Rat eine Position findet, folgen die „Trilog“-Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission. Doch das Parlament hat 2023 eine klare Pro-Verschlüsselungs-Haltung eingenommen – ein harter Kampf ist programmiert.
Datenschutz-Aktivisten mobilisieren bereits: Bürger sollen ihre Abgeordneten kontaktieren, bevor es zu spät ist. Die kommenden Wochen entscheiden, ob Europa den Kinderschutz über die digitale Sicherheit aller stellt – oder Wege findet, beide zu schützen. Die Auswirkungen würden weit über Europas Grenzen hinausreichen.