Digitalministerium, Milliarden

Digitalministerium: 4,47 Milliarden Euro für Deutschlands Zukunft

21.11.2025 - 21:00:12

Das war eine Woche der Weichenstellungen: Deutschland hat seinem erst sechs Monate alten Digitalministerium erstmals ein eigenes Budget genehmigt – und gleichzeitig einen Streit mit Frankreich über die digitale Souveränität Europas vom Zaun gebrochen. Kann Berlin seinen Kurs zwischen Pragmatismus und europäischer Solidarität durchhalten?

Am Montag stimmte der Bundestag für einen Haushalt von 4,47 Milliarden Euro für das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) im Jahr 2026. Es ist das erste umfassende Budget seit Gründung des Ressorts unter Kanzler Friedrich Merz im Mai 2025. Von den Mitteln fließen rund 1,36 Milliarden Euro in den Kernhaushalt, weitere 3,11 Milliarden Euro stammen aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität.

Die Botschaft ist unmissverständlich: Die Ära der Flickschusterei ist vorbei. Noch unter den Vorgängerregierungen waren digitale Zuständigkeiten auf sechs Ministerien verteilt – ein Zustand, der Deutschland bei der Digitalisierung jahrelang ausgebremst hatte. Jetzt übernimmt das BMDS zentral IT-Systeme des Bundes, digitale Strategie und Telekommunikationsinfrastruktur.

Konkret sind 956,2 Millionen Euro für die Modernisierung und Sicherheit zentraler IT-Systeme in Bundesbehörden vorgesehen. Weitere 222,4 Millionen Euro gehen in digitale Politik und Innovation – vor allem für den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Verwaltung. Der größte Brocken aus dem Infrastrukturfonds soll Deutschlands hartnäckige Breitbandlücken schließen und den Glasfaserausbau beschleunigen.

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“Buy European”: Berlin gegen Paris

Während im Bundestag die Kasse stimmte, krachte es am Dienstag beim Gipfel zur europäischen digitalen Souveränität in Berlin. Die französische Digitalministerin Anne Le Hénanff forderte vehement eine “Buy European”-Klausel: EU-Regierungen sollten bei öffentlichen Aufträgen europäische Technologieanbieter gegenüber amerikanischen oder chinesischen Konkurrenten bevorzugen.

Deutschlands Digitalminister Dr. Karsten Wildberger erteilte dem eine klare Absage. Statt geografischer Herkunft setzt Berlin auf strikte technische Kriterien: Datenspeicherung in Europa, Verschlüsselungsstandards und Open-Source-Protokolle. “Der Staat sollte als ‘Ankerkunde’ strategisch einkaufen”, erklärte Wildberger auf der Pressekonferenz.

Die unterschiedlichen Philosophien könnten kaum deutlicher sein: Paris will Souveränität durch Marktschutz erreichen, Berlin setzt auf Tempo, technische Exzellenz und transatlantische Zusammenarbeit – solange die Sicherheitsstandards stimmen. “Wir werden die Diskussion über eine europäische Präferenz fortsetzen”, kündigte Le Hénanff an. Der Kompromiss dürfte das Cloud-Regelwerk der EU für den Rest des Jahrzehnts prägen.

IBM-Campus: Quantencomputer und KI in Ehningen

Dass Deutschland durchaus offen für internationale Partnerschaften ist, zeigte sich am Donnerstag in Ehningen bei Stuttgart. Minister Wildberger eröffnete dort IBMs neues deutsches Hauptquartier und Technologie-Campus – gemeinsam mit Baden-Württembergs Vize-Ministerpräsident Thomas Strobl und 450 Gästen aus Politik und Wirtschaft.

Der Campus mit 3.500 modernen Arbeitsplätzen ist direkt an IBMs Quantencomputer-Rechenzentrum angegliedert. Hier sollen künftig Forschung zu Quantencomputing und künstlicher Intelligenz in Geschäftsanwendungen für den deutschen Mittelstand übersetzt werden.

“Der neue IBM-Campus sendet ein starkes Signal für den Innovationsstandort Deutschland”, betonte Wildberger. “Hier entsteht ein Ort, an dem die Zukunft gestaltet wird.” Das Zentrum soll als “Marktplatz der Ideen” dienen – eine direkte Brücke zwischen globaler Spitzenforschung und deutscher Ingenieurskunst.

Der Wildberger-Faktor: Technokrat statt Parteipolitiker

Dr. Karsten Wildberger, zuvor Manager in der Wirtschaft, ist Deutschlands erster Minister, der sich ausschließlich um digitale Angelegenheiten kümmert. Seine Ernennung sollte einen “Neuanfang” symbolisieren – und die schnelle Budget-Genehmigung zeigt, dass die Merz-Regierung diesen strukturellen Wandel tatsächlich in fiskalische Realität übersetzt.

Doch die Reibung mit Frankreich offenbart: Der Balanceakt zwischen nationalem Pragmatismus und europäischer strategischer Autonomie bleibt eine diplomatische Gratwanderung. Kann Berlin seine Kriterien-basierte Linie durchsetzen, ohne Paris vor den Kopf zu stoßen?

Die nächsten Monate werden zeigen, ob Deutschlands digitaler Aufbruch mehr ist als ein gut finanziertes Versprechen. Mit einem durchfinanzierten Ministerium, konsolidierter Strategie und engen Kontakten zu globalen Tech-Playern versucht Berlin jedenfalls aggressiv, seine Position als digitaler Vorreiter in Europa zurückzuerobern. Ob das ohne europäischen Schulterschluss gelingt, ist die große offene Frage.

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