DGUV attackiert Bundesregierung: Abbau von Sicherheitsbeauftragten bedroht Mittelstand
24.11.2025 - 00:39:12Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung geht scharf gegen die Deregulierungspläne des Bundesarbeitsministeriums vor. Was bedeutet das für die betriebliche Sicherheitskultur?
In einer am vergangenen Freitag veröffentlichten Stellungnahme hat die DGUV ihre Kritik an den Kürzungsplänen der Bundesregierung deutlich verschärft. Das „Sofortprogramm Bürokratieabbau” des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) sieht vor, die Pflicht zur Bestellung von Sicherheitsbeauftragten massiv einzuschränken – ein Schritt, der nach Ansicht der Unfallversicherung die Sicherheitskultur in deutschen Betrieben gefährdet.
Der Kern der Auseinandersetzung: Künftig sollen erst Unternehmen ab 50 Beschäftigten zur Bestellung eines Sicherheitsbeauftragten verpflichtet sein. Bislang gilt diese Pflicht bereits ab deutlich geringeren Schwellenwerten. Dr. Stephan Fasshauer, Hauptgeschäftsführer der DGUV, warnte in der Stellungnahme vom 21. November 2025 eindringlich vor den Folgen.
Die Regierung argumentiert mit Entlastung von Verwaltungsaufwand. Doch Sicherheitsexperten sehen das anders: Sicherheitsbeauftragte fungieren als niedrigschwellige Schnittstelle zwischen Belegschaft und Führung. Sie erkennen Gefährdungen, die formelle Audits oft übersehen.
Bei 61.308 meldepflichtigen Handwerkzeug-Unfällen allein 2024 werden Alltagsrisiken häufig unterschätzt – und viele Gefährdungsbeurteilungen enthalten typische Lücken. Das kann zu vermeidbaren Unfällen, Bußgeldern und Haftungsrisiken führen. Mit praxisnahen Vorlagen, Checklisten und einem klaren 3‑Schritte-Leitfaden unterstützen Sie ASA, Sicherheitsbeauftragte und Arbeitgeber dabei, rechtssichere Gefährdungsbeurteilungen zu erstellen, Prüfungen standzuhalten und Risiken zu reduzieren. Gefährdungsbeurteilungen jetzt gratis herunterladen
Was das Kabinett beschlossen hat
Das Bundeskabinett hatte am 5. November die Eckpunkte für den Bürokratieabbau verabschiedet. Für den Arbeitsschutzausschuss (ASA) in den Betrieben bedeuten diese Pläne einen fundamentalen Wandel:
- Wegfall der Verpflichtung für Sicherheitsbeauftragte in Betrieben unter 50 Mitarbeitern
- Reduzierung auf einen einzigen Beauftragten für Unternehmen bis 250 Beschäftigte, abhängig vom Gefährdungsprofil
- Digitalisierung der Dokumentation: Statt Schriftform genügt künftig die Textform für Bestellungen und Nachweise
Für ASA-Mitglieder ergibt sich daraus eine strategische Frage: Reicht die gesetzliche Mindestanforderung für die spezifischen Betriebsrisiken aus? Die DGUV empfiehlt den Ausschüssen ausdrücklich, die freiwillige Beibehaltung dieser Rollen zu prüfen.
61.000 Unfälle sprechen eine klare Sprache
Die Statistik gibt den Kritikern recht: Laut DGUV-Daten ereigneten sich 2024 insgesamt 61.308 meldepflichtige Arbeitsunfälle mit nicht-motorbetriebenen Handwerkzeugen. Hämmer, Messer, Schraubendreher – vermeintlich banale Arbeitsmittel verursachen erhebliche Ausfallzeiten.
Diese Zahlen unterstreichen: Gerade die „Low-Tech-Gefahren” des Arbeitsalltags benötigen kontinuierliche Aufmerksamkeit. Die DGUV mahnt, dass Gefährdungsbeurteilungen diese alltäglichen Werkzeuge nicht vernachlässigen dürfen – unabhängig von möglichen Deregulierungen.
Weihnachtsfeier: Wann greift die Unfallversicherung?
Passend zur Jahreszeit veröffentlichte die DGUV am 20. November klare Kriterien für den Versicherungsschutz bei betrieblichen Weihnachtsfeiern. Der Versicherungsschutz besteht nur, wenn:
- Der Arbeitgeber die Veranstaltung offiziell zur Förderung des Betriebsklimas ausrichtet
- Die gesamte Belegschaft oder eine komplette Organisationseinheit eingeladen ist
- Der Arbeitgeber oder ein Vertreter anwesend ist
Der direkte Hin- und Rückweg ist mitversichert. Doch Vorsicht: Unfälle durch übermäßigen Alkoholkonsum, der die Verkehrssicherheit beeinträchtigt, können den Versicherungsschutz gefährden. Für ASA-Sitzungen diese Woche, in denen oft Jahresabschlussveranstaltungen geplant werden, ist dieser Hinweis hochaktuell.
Was 2026 auf den ASA zukommt
Die Spannung zwischen Deregulierungsdruck und Sicherheitsanforderungen wird die Compliance-Landschaft der kommenden Monate prägen:
- Gesetzgebungsverfahren: Das „Bürokratieentlastungsgesetz” durchläuft voraussichtlich im ersten Quartal 2026 die parlamentarischen Instanzen
- Digitale Transformation: Die Umstellung auf Textform erfordert Anpassungen der Dokumentationsprozesse in allen Betrieben
- Freiwillige Standards: Steigen die Pflichtschwellen, entscheidet der ASA maßgeblich über Beibehaltung oder Abbau der Positionen
Branchenbeobachter erwarten: Selbst wenn die Pflichtschwellen steigen, könnten Versicherungsträger Anreizprogramme für die freiwillige Beibehaltung von Sicherheitsbeauftragten schaffen.
Die Botschaft der vergangenen Tage ist eindeutig: Während die Politik auf weniger Vorschriften setzt, verlagert sich die Verantwortung stärker auf betriebliche Gremien wie den ASA. Bei 61.000 Handwerkzeug-Unfällen jährlich und drohenden Kürzungen bleibt die beratende Funktion des Ausschusses wichtiger denn je.
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