China verdrängt USA als wichtigster Handelspartner Deutschlands
19.11.2025 - 22:00:12Deutschland importiert massiv aus China, während die eigenen Exporte einbrechen. Die wachsende Schieflage alarmiert Politik und Industrie – und wirft unbequeme Fragen nach fairer Konkurrenz auf.
China hat den USA im ersten Dreivierteljahr 2025 den Rang als wichtigster Handelspartner Deutschlands wieder abgelaufen. Doch hinter dieser Nachricht verbirgt sich eine besorgniserregende Entwicklung: Während chinesische Waren in beispiellosem Umfang nach Deutschland strömen, brechen deutsche Exporte nach Fernost dramatisch ein. Das Handelsvolumen von 185,9 Milliarden Euro zwischen Januar und September 2025 kaschiert ein gefährliches Ungleichgewicht, das die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Schlüsselindustrien bedroht.
Die heute vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen offenbaren das ganze Ausmaß der Schieflage: Deutsche Exporte nach China stürzten um 12,3 Prozent ab, während Importe aus dem Reich der Mitte um 8,5 Prozent zulegten. Die Folge? Ein wachsendes Handelsdefizit, das Ökonomen und Industrievertreter gleichermaßen alarmiert.
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Die nackten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Deutschland importierte Waren im Wert von 124,5 Milliarden Euro aus China – Spitzenplatz bei den Lieferanten. Im Gegenzug exportierten deutsche Unternehmen nur noch Güter für 61,4 Milliarden Euro ins Reich der Mitte. Damit rutschte China auf Rang sechs der deutschen Exportziele ab.
Besonders schmerzhaft trifft es die Automobilindustrie, einst Aushängeschild deutscher Ingenieurskunst. Die Exporte von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen nach China brachen katastrophal um 35,9 Prozent auf magere 10,9 Milliarden Euro ein. Auch andere Schlüsselsektoren verzeichnen empfindliche Rückgänge: Maschinenbau-Exporte schrumpften um 10,7 Prozent, Elektrotechnik-Ausfuhren um 13,2 Prozent.
Ist dies der Beginn einer strukturellen Verschiebung, bei der deutsche Produkte in China schlicht nicht mehr konkurrenzfähig sind?
US-Zölle lenken chinesische Warenflut nach Europa
Eine am 18. November veröffentlichte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) liefert eine mögliche Erklärung für die Importflut: Während die USA ihre Märkte mit hohen Zöllen gegen chinesische Produkte abschotten, weichen chinesische Hersteller zunehmend auf Europa aus – mit Deutschland als bevorzugtem Ersatzmarkt.
„Weil sich die USA immer stärker gegen China abschotten, wird Deutschland zunehmend zum Ausweichmarkt für chinesische Unternehmen”, erklärt IW-Experte Jürgen Matthes. Besonders auffällig zeigt sich dies bei Plug-in-Hybridfahrzeugen: Deren Importwerte in die USA sanken im ersten Halbjahr 2025 nahezu auf null, während sie gleichzeitig massiv auf den deutschen Markt drängten. Diese oft aggressiv bepreisten Waren setzen heimische Produzenten unter enormen Druck.
Industrie und Politik schlagen Alarm
Die Verschiebungen bleiben weder in Wirtschaftskreisen noch in Berlin unbemerkt. Bei seinem Besuch in Peking Mitte November warnte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil vor unfairem Wettbewerb. Er verwies explizit auf chinesische Überkapazitäten in Schlüsselsektoren wie Stahl, Solar und Elektromobilität, die einen fairen Wettbewerb gefährdeten und Arbeitsplätze in Deutschland bedrohten.
Wirtschaftsexperten teilen diese Einschätzung. Jürgen Matthes vom IW argumentiert, die Ära einer einfachen Win-win-Beziehung sei vorbei. Massive staatliche Subventionen und eine möglicherweise unterbewertete Währung verschafften chinesischen Exporteuren unfaire Vorteile. „Das verlangt nach umfassenden Ausgleichszöllen, wo immer chinesische Wettbewerbsverzerrungen nachweisbar sind und europäische Produktion durch chinesische Niedrigpreise bedroht wird”, forderte Matthes am 19. November.
Strukturwandel statt vorübergehendes Tief
Hinter dem wachsenden Handelsdefizit steckt mehr als nur kurzfristige Schwankungen. Chinas konjunkturelle Schwäche dämpft die Nachfrage nach ausländischen Produkten. Gleichzeitig haben chinesische Hersteller technologisch massiv aufgeholt und konkurrieren nun in Bereichen, die einst deutsche Domänen waren. Hinzu kommt: Viele deutsche Konzerne verfolgen verstärkt eine “In China, für China”-Strategie und produzieren direkt vor Ort statt zu exportieren.
Diese komplexe Realität stellt Deutschlands exportorientiertes Wirtschaftsmodell infrage. Eine frühere ifo-Umfrage ergab bereits, dass die deutsche Industrie ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit auf einem Rekordtief sieht – ein deutliches Warnsignal für Europas größte Volkswirtschaft.
De-Risking oder De-facto-Abhängigkeit?
Während deutsche und EU-Politiker eine “De-Risking”-Strategie propagieren, um wirtschaftliche Abhängigkeiten von China zu verringern, zeigen die aktuellen Zahlen das Gegenteil. Die Abhängigkeit von chinesischen Importen – von Konsumgütern bis zu kritischen Komponenten für die grüne Transformation – vertieft sich weiter.
Die laufende Anti-Subventionsuntersuchung der EU gegen chinesische Elektrofahrzeuge könnte als Blaupause für künftiges Handeln dienen. Doch kein Wunder, dass der Druck auf Berlin und Brüssel steigt: Solange sich die Handelslücke weitet und deutsche Industriesektoren unter die Räder kommen, wird die Forderung nach Schutzzöllen gegen subventionierte chinesische Waren lauter werden.
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