BSI und CISA erklären KI-Training zur Sicherheitspflicht
04.12.2025 - 03:20:12Die Zeiten passiver Sicherheitsunterweisungen sind vorbei. Deutsche Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten künftig auch über die Risiken Künstlicher Intelligenz aufklären – das geht aus einer gemeinsamen Richtlinie des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der US-Cybersicherheitsbehörde CISA hervor. Veröffentlicht am 3. Dezember, markiert das Dokument einen Wendepunkt: KI-Kompetenz wird zur Arbeitssicherheit.
Die neue Vorgabe betrifft vor allem produzierende Betriebe und kritische Infrastrukturen. Denn wo Maschinen autonom entscheiden, droht eine neue Gefahr: der Mensch verlässt sich blind auf die Technik. „Automatisierungscomplacency” nennen Experten dieses Phänomen – und es muss jetzt in jede Gefährdungsbeurteilung.
Das gemeinsame Papier der internationalen Sicherheitsbehörden trägt den sperrigen Titel „Principles for the Secure Integration of Artificial Intelligence in Operational Technology”. Kern der 20-seitigen Richtlinie sind vier Grundsätze für den sicheren KI-Einsatz in Industrieanlagen.
Besonders brisant: Prinzip 1 („KI verstehen”) fordert explizit, Mitarbeitende über die Grenzen automatisierter Systeme aufzuklären. Die Warnung vor „Kompetenzverlust” und „übermäßiger Abhängigkeit” richtet sich direkt an Betriebsverantwortliche.
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Für deutsche Unternehmen bedeutet das konkret: Die klassische Sicherheitsunterweisung nach Arbeitsschutzgesetz reicht nicht mehr aus. Wer seinen Beschäftigten KI-gestützte Werkzeuge in die Hand gibt – vom Predictive-Maintenance-Dashboard bis zur autonomen Qualitätskontrolle – muss künftig auch deren digitale Mündigkeit schulen.
„Wer KI in Produktionsumgebungen integriert, erzeugt neue Risiken durch nachlassende menschliche Überwachung”, heißt es in der Richtlinie. Die Folge: Ein neuer Unfalltyp entsteht – nicht durch technisches Versagen, sondern durch übersteigertes Vertrauen in die Maschine.
VR statt Präsentation: Die Zukunft der Unterweisung
Parallel zum steigenden Regelungsdruck revolutioniert die Technologie selbst die Art und Weise, wie Sicherheit vermittelt wird. Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) ersetzen zunehmend den klassischen Vortrag im Schulungsraum.
Die Zahlen sprechen für sich: Laut einer PwC-Studie, die auch 2025 als Branchenstandard gilt, sind VR-geschulte Mitarbeitende 275 Prozent selbstbewusster im Umgang mit dem Gelernten als nach herkömmlichem Unterricht. In Hochrisikobereichen – Chemieanlagen, Baustellen, Schaltanlagen – kann dieser Kompetenzvorsprung Leben retten.
Actemium, ein führender Anbieter industrieller Lösungen, wird in der aktuellen DGUV-Fachzeitschrift (Ausgabe 2/2025) als Vorreiter genannt. Das Unternehmen setzt VR ein, um kritische Szenarien zu simulieren: Schaltfehler unter Hochspannung, chemische Leckagen, Absturzrisiken. Der entscheidende Vorteil? Scheitern ohne Konsequenzen. Mitarbeitende erleben die Folgen falscher Entscheidungen, ohne sich real in Gefahr zu bringen – eine Lernerfahrung, die kein Frontalvortrag bieten kann.
Rechtslage: EU-KI-Verordnung trifft Arbeitsschutz
Die Modernisierung der Unterweisungen ist kein freiwilliger Trend, sondern rechtlich geboten. Seit Februar 2025 verpflichtet die EU-KI-Verordnung (Artikel 4) Arbeitgeber dazu, für KI-Kompetenz ihrer Beschäftigten zu sorgen – wenn diese mit KI-Systemen arbeiten.
Damit entsteht eine neue Schnittmenge:
* Klassischer Arbeitsschutz: Unterweisung zu physischen Gefahren (DGUV Vorschrift 1)
* Digitale Compliance: Schulung zum sicheren Umgang mit KI-Werkzeugen (EU-KI-Verordnung)
Die DGUV erlaubt zwar elektronische Unterweisungen, stellt aber klare Bedingungen: Laut DGUV Regel 100-001 muss eine Lernkontrolle integriert sein. Und rein praktische Gefahren – etwa der Umgang mit Gefahrstoffen vor Ort – dürfen nicht ausschließlich digital vermittelt werden.
Interessant wird es bei adaptiven Lernsystemen. Die DGUV-Fachzeitschrift „Forum” (Ausgabe 3/2025) identifiziert KI als Top-Trend im Arbeitsschutz. Systeme, die Schwierigkeit und Inhalt der Sicherheitsfragen an den Wissensstand der Lernenden anpassen, könnten bald als Best Practice für die geforderte Verständnisprüfung gelten.
Der KI-Tutor kommt – mit Vorsicht zu genießen
Die nächste Evolutionsstufe steht bereits bevor: KI-gestützte Sicherheitsassistenten. Anders als statische E-Learning-Module können diese Systeme, basierend auf Large Language Models, individuelle Fragen in Echtzeit beantworten. „Welche Handschuhe brauche ich für diese spezifische Säure?” – die KI liefert die passende Antwort, sofort und kontextbezogen.
Doch genau hier setzt die BSI-Warnung vom 3. Dezember an: Beschäftigte müssen geschult werden, KI-Ausgaben kritisch zu prüfen. Die Zukunft der Sicherheitsunterweisung besteht also nicht nur darin, Regeln zu befolgen – sondern darin, auch im automatisierten Arbeitsumfeld kritisch zu denken.
Bleibt die Frage: Wie lernt man, einer intelligenten Maschine zu misstrauen, die fast immer richtig liegt? Die Antwort darauf müssen Arbeitgeber jetzt entwickeln.
Checkliste für Arbeitgeber (Dezember 2025)
- Gefährdungsbeurteilung aktualisieren: „KI-Übervertrauen” und „Automation Bias” als neue Risikofaktoren aufnehmen
- Schulungsinhalte erweitern: Unterweisungen müssen die Grenzen der eingesetzten KI-Systeme thematisieren – gemäß BSI/CISA-Grundsätzen
- Immersive Formate prüfen: VR-Training für Hochrisikoszenarien evaluieren, bei denen praktisches Erleben der reinen Wissensvermittlung überlegen ist
- Compliance sicherstellen: Elektronische Unterweisungssysteme müssen DGUV-Anforderungen erfüllen (Verständnischeck) und durch praktische Vor-Ort-Einweisungen ergänzt werden
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