Barrierefreiheit, Streitthema

Barrierefreiheit wird 2026 zum zentralen Streitthema in Betrieben

27.12.2025 - 22:24:12

Das Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes führt 2026 zu strengen Kontrollen und erhöhten Ausgleichsabgaben, was Betriebsräte in Verhandlungen um digitale Inklusion stärkt.

Ab 2026 wird die digitale Barrierefreiheit zum entscheidenden Prüfstein für Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen. Nach dem Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) im Juni 2025 rückt nun die praktische Umsetzung und Kontrolle in den Fokus. Das kommende Jahr markiert die erste volle Phase aktiver Marktüberwachung – und zwingt Unternehmen zu neu verhandelten Inklusionsvereinbarungen.

Das Jahr der Kontrolle und Sanktionen beginnt

Die Schonfrist ist vorbei. Seit dem 24. Dezember ist klar: 2026 wird zum „Jahr der Durchsetzung“. Die Marktüberwachungsbehörden beginnen mit strengen Prüfungen, von Online-Shops bis zu Bankautomaten. Für die Betriebe geht es jedoch um mehr als nur die Compliance ihrer Produkte.

Ein zentraler Stichtag rückt näher: der 31. März 2026. Bis dahin müssen Arbeitgeber die Ausgleichsabgabe für das Berichtsjahr 2025 entrichten – erstmals zu den erhöhten Sätzen von bis zu 815 Euro monatlich pro unbesetzter Pflichtstelle für schwerbehinderte Menschen. Diese drohende finanzielle Belastung befeuert die Verhandlungen zwischen Management und Betriebsrat.

Die Inklusionsvereinbarung wird zum Schlüsselinstrument. Auf Antrag der Schwerbehindertenvertretung (SBV) muss sie ausgehandelt werden. Der entscheidende Unterschied zu früher? Die neuen Vereinbarungen sind digital-first und rücken die IT-Barrierefreiheit in den Mittelpunkt.

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Interne IT muss BFSG-Standards genügen

Ein strategischer Schachzug gewinnt an Bedeutung: Betriebsräte nutzen die externen Vorgaben des BFSG nun auch für die interne Arbeitswelt. Das Gesetz zielt zwar primär auf Verbraucherprodukte wie Smartphones oder Router ab. Doch die betrieblichen Interessenvertreter setzen durch, dass diese technischen Standards (basierend auf EN 301 549) auch für neue interne Software und Hardware gelten.

Das hat handfeste Konsequenzen. Juristen sehen hier eine Brücke zwischen dem B2C-fokussierten BFSG und dem Arbeitnehmer-Schutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sowie des Sozialgesetzbuchs IX. Durch die Verankerung der BFSG-Standards in Betriebsvereinbarungen schließen die Vertretungen eine Lücke. Bisher konnte oft nicht-barrierefreie Unternehmenssoftware angeschafft werden, die qualifizierte Mitarbeiter mit Seh- oder Bewegungseinschränkungen benachteiligte.

Betriebsräte erhalten neue Macht bei IT-Planung

Diese Entwicklung weitet die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte erheblich aus. Neben Fragen der Verhaltens- und Leistungskontrolle nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) wird Barrierefreiheit zunehmend als Gesundheitsschutz- und Diskriminierungsfrage verhandelt.

Behindertenverbände empfehlen Betriebsräten für 2026 ein klares Instrument: die Forderung nach einem Digitalen Barrierefreiheits-Check. Dieser soll alle internen Tools – von Zeiterfassungs-Apps bis zum Intranet – auf die gleichen Standards prüfen, die nun für öffentliche Produkte gelten. Die Inklusionsvereinbarung wird zum verbindlichen Fahrplan für Nachbesserungen.

Zudem überwachen oft eigens eingerichtete Inklusionsteams die Einführung assistiver Technologien. Da künftig mehr Standardgeräte wie Tablets von Haus aus barrierefrei sind, wird ihre Integration leichter – sofern die IT-Sicherheitsrichtlinien angepasst werden. Ein Punkt, der in fortschrittlichen Vereinbarungen bereits festgehalten wird.

Europäischer Kontext erhöht den Druck

Dieser betriebliche Push findet in einem größeren europäischen Rahmen statt. Ab 2026 wird die Europäische Digitale Identitäts-Brieftasche eingeführt. Sie soll sich mit dem EU-Behindertenausweis verbinden und so den Status-Nachweis über Grenzen hinweg vereinfachen.

Für deutsche Personalabteilungen bedeutet das: Die Verwaltung rund um die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen wird einfacher. Doch die digitale Kompetenz der HR wird zugleich entscheidend. Unternehmen, deren Systeme nicht mit diesen neuen digitalen Nachweisen interagieren können, riskieren im War for Talents abgehängt zu werden – besonders in einer alternden Gesellschaft.

Hinzu kommt das Reputationsrisiko. Ab 2026 veröffentlichen die Marktüberwachungsbehörden ihre Prüfergebnisse. Bei Verstößen drohen nicht nur Bußgelder bis 100.000 Euro, sondern auch öffentliche Bloßstellung. Eine proaktive, umfassende Inklusionsstrategie wird für Investor-Relations-Abteilungen immer mehr zu einem unverzichtbaren ESG-Vermögenswert (Environmental, Social, Governance).

Ausblick: Streit um die „unverhältnismäßige Belastung“

Im Laufe des Jahres 2026 werden erste gerichtliche Klärungen erwartet. Streitpunkt wird die Auslegung der „unverhältnismäßigen Belastung“ im BFSG sein. Diese Klausel erlaubt Unternehmen, Anforderungen zu umgehen, wenn die Kosten zu hoch sind.

Betriebsräte werden voraussichtlich Management-Argumente hierzu hart anfechten, besonders bei internen Anpassungen. Ihr Argument: Die stark erhöhte Ausgleichsabgabe macht Investitionen in Barrierefreiheit oft zur wirtschaftlich sinnvolleren Option. Bis Mitte 2026 könnte die Wirksamkeit der neuen Vereinbarungen erstmals vor Arbeitsgerichten auf dem Prüfstand stehen.

Die Botschaft zum Jahreswechsel ist eindeutig: Digitale Barrierefreiheit ist kein Nischen-Thema der IT-Abteilung mehr und auch kein CSR-Häkchen. Sie wird 2026 zur zentralen Säule der Betriebsverfassung und rechtlichen Compliance.

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