Wann gibt´s mal richtig deutsches Essen?
Kassler und Soleier als Vorboten von Currywurst und Döner. Oh Schreck: Globalisierung in der Gastronomie. Das kulinarische Kulturgut ist bedroht. Die Sarazinierung der Küche in Berlin wird nicht nur an Sarahwienerschen Desserts deutlich. Kann der Koch kein Eisbein zubereiten? Liefert der Gastroservice kein Sauerkraut? Will der Gast nur noch Sushi, Pasta, Schnitzel? Weltweit trumpfen die deutschen Köche auf – von Quito über Kapstadt nach Shanghai keine Metropole ohne deutsche Mütze. Nur in Berlin herrscht gastronomische Ohnmacht an der heimischen Herdfront. Die bayerische Küche schleift – ähnlich den nicht mehr wahrnehmbaren Überresten der Mauer - die Berliner Menükarten; Haxe statt Eisbein, Leberkäs statt Kassler Rippenspeer, der Pfannkuchen – im Westen als Berliner annektiert– räumt das Feld für Apfelstrudel, Baklava und Crepes. Berlin, eine touristische Hochburg mit Potential, punktet mit Kultur und Kiez, nur die Küche ist austauschbar. Bratkartoffeln mit Sülze, Brühwürstchen, Eintopf, Braten - alles Erinnerungen an längst vergangene Zeiten vor der Tiefkühlpizza.
Ganz Gastroland ist besetzt mit Hamburgerbuden, Pizzerien und Sushibars. Ganz? Nein, ein kleiner Haufen unbeugsamer, innovativer Köche und Gastronomen setzen auf den konservativen, aber kreativen Trend und reanimieren die regionale Küche. Dazu gehört auch der Versuch geschäftstüchtiger Unternehmer, der sich vergrößernden Nachfrage von Touristen nach der Berliner Küche eine totgebratene Leber als Original „Berliner Art“ zu verkaufen. Wenn die „Berliner Art“ schlechte Qualität zu überhöhten Preisen ist, dann passt das auch zu den wirklich kalten Eisbeinen in der Massenabspeisung in original Berliner Touristenfallen.
Wann kommt die Renaissance der deutschen Küche in Berlin? Sobald ein chinesischer Staatskonzern die Idee hat, mit deutschem Essen die Welt und auch Deutschland zu erobern?