Russland, Weltmacht

Russland auf dem leisen, „dritten“ Weg zur Weltmacht

+++Kreml-Visionen à la Putin+++“Putinomics“ im Kreuzfeuer der Kritik+++Hoher Ölpreis unterstützt die Moskauer Börse+++Vorsicht vor „Mega-Deals!+++

„Zar“ Putin hatte erstmals Mitte Juli die Grpßfürsten der Welt beim G8-Gipfel in St. Petersburg zu Gast und Putin schien das Heimspiel zu nutzen. Bei allen zukünftigen Mega-Problemen der Welt wie Terrorismusbekämpfung, Iran-Atom-Streit, Nah-Ost-Konflikt und vor allem bei globalen Energiefragen spielt Russland eine bedeutsame Mittlerrolle. Während Bush und Merkel als unverbesserliche „Besser-Wessis“ mit angehobenem Zeigefinger Demokratiedefizite in Russland anmahnten und Bush auch noch als einziges Mitglied bei Russlands angestrebter WTO-Migliedschaft Steine auf den Putin-Weg schmeißt, beschreitet Putin selbst auf leisen Sohlen einen Weg, den ich als den leisen „dritten Weg“ zur Weltmacht bezeichne. Der „dritte Weg“ ist keine Marktwirtschaft im westlichen Sinne, es ist auch kein reiner monopolistischer Staatskapitalismus, sondern ein vom Kreml diktiertes Staats-Oligopol, das aber auch private Konkurrenzunternehmen zulässt, solange die „Putin-Visionen“ dadurch nicht beeinträchtigt werden. Putin nimmt bei seinen Vorhaben, weiter zu wachsen und an Weltbedeutung zu gewinnen, ganz geschickt westliche Partner, die genehm sind, mit ins Boot. So hat sich BP unlängst mit 1 Mrd. US-Dollar beim IPO des staatlich gelenkten Ölkonzern Rosneft beteiligt, auch sich um bei den Steuerverhandlungen über rückständige 2 Mrd. USD eine gute Verhandlungsbasis zu verschaffen. EON und BASF bekommen über Gazprom erstmals Zugang zu den russischen Gasvorkommen. Die Angst vor einer generellen Re-Nationalisierung à la Yukos im Öl-Sektor ist also unbegründet. Dennoch ist der zunehmende Einfluss des Kremls in der Wirtschaft - auch jüngst dokumentiert durch den Einstieg der „Kreml-Agentur“ Rosobronexport beim weltgrößten Titanhersteller VSMPO-Avisma – unverkennbar und auch strategisch geplant.. Gemessen am Bruttosozialprodukt ist Russland mit demnächst knapp 800 Mrd. USD zwar noch ein Zwerg unter den großen Industrienationen; dafür will Putin aber auch das BSP in 10 Jahren verdoppeln. Zudem ist Russland schon jetzt fast schuldenfrei und hat daher in Zukunft wesentlich mehr Handlungsspielraum als Amerika, Japan oder Deutschland, die sich mit zunehmender Geschwindigkeit in die Schulden- und in die „Sozialfalle“ (zunehmende Pensions- und Sozialverpflichtungen, die schlichtweg nicht bezahlbar sind) begeben. Ein strategischer Vorteil für Russland ist es auch, dass die Russen immer noch fast ihr gesamten Erspartes – und das sind über 30 Mrd. USD - „unter der Matratze“ liegen haben und sie kaum verschuldet sind, ganz im Gegenteil zu den amerikanischen Konsumenten, die billige Kredite brauchen, um nicht in die Insolvenz zu rutschen. Die ebenfalls vom Kreml gelenkte Sberbank hat also noch enormes Wachstumspotential insbesondere im Retailsektor, wobei sich auch hier die Russen zum Leidwesen der Amerikaner nicht die Butter vom Brot nehmen lassen wollen. Der russische Staat hat mit Gazprom und Rosneft zwei sehr wertvolle Assets, die bei Energiefragen eine zunehmend bedeutsamere Rolle spielen. Ich bin zwar von dem IPO von Rosneft aufgrund der wenig glorreichen Vergangenheit (=quasi Yukos-Enteignung), der Probleme im Zusammenhang mit der bevorstehenden Konsolidierung von 12 Tochtergesellschaften und vor allen wegen der zu hohen Bewertung (KGV 16-18) wenig begeistert. Das langfristige Potential dieser beiden „Kreml-Aktien“ ist aber aufgrund der hohen Reserven unbestritten. Mein mittelfristiges Szenario ist, dass Gazprom und Rosneft mergen und dann vor ExxonMobil zum weltgrößten Energiekonzern der Welt avancieren werden. Schon jetzt ist die Marktkapitalisierung der beiden russischen Energiegiganten von zusammen über 300 Mrd. USD (80 Mrd. USD für Rosneft und 225 Mrd. für Gazprom) in etwa genauso hoch wie die von ExxonMobil mit ebenfalls 300 Mrd. USD. Merken Sie sich schon mal den Namen „GazpromRosneft“ als zukünftige No 1 der Welt. Über die Hälfte davon gehört dem Staat und das sind immerhin 160 Mrd. USD. Zudem hat Russland Währungsreserven von 250 Mrd. USD, die jeden Monat um etwa 2-5 Mrd. USD zunehmen und einen Stabilisierungsfonds von über 70 Mrd. USD (wozu eigentlich?). Kein Wunder, dass die Pariser Club-Schulden im Volumen von 21 Mrd. USD so schnell wie möglich vorzeitig zurückbezahlt werden sollen. Russland wird damit schon bald zum Nettogläubigerland! Während die Energie-Assets von Jahr zu Jahr im Wert ansteigen, begeben sich die restlichen Industiernationen mehr und mehr in Abhängigkeit zu Ihren Gläubigern. Russland wird daher nicht nur sehr schnell wirtschaftlich gesunden, sondern mittelfristig auch ein bedeutsamer Player auf den internationalen Kapitalmärkten werden. Von daher sollten russische Anleihen gerade nach den letzten Kurseinbußen weiterhin gekauft werden, zumal der Rubel seit dem 3. Juli voll konvertierbar ist. Der Rubel rollt also und ist eine starke Währung! Schon jetzt vagabundieren weit über 200 Mrd. US-Dollar russischer Petro-Dollar auf Auslandskonten (Schweiz, Lichtenstein, Österreich und England), die nach Anlagemöglichkeiten suchen. Auch bei M&A-Transaktionen, die weltweit jetzt schon ein Rekord-Volumen von über 1 Billionen USD im Har erreichen, werden in Zukunft russische Unternehmen eine bedeutsame Rolle spielen. So wird der Gejagte zum Jäger. Was Phels Dodge, Falconbridge und Inco demnächst umsetzen wollen, nämlich den größten Mega-Merger der Welt im Volumen von über 40 Mrd. USD, könnte demnächst auch eine Norilsk Nickel oder ein anderer Rohstoff-Gigant Russlands schaffen. Auch Gazprom/Rosneft könnten in Zukunft als international agierender Aufkäufer auftreten LUKoil versucht jetzt schon jede erdenkliche Raffinerie in Europa zu kaufen, die strategisch ins Konzept passt. Und Gazprom will unbedingt auch im Stromgeschäft direkt an die deutschen Endverbraucher heran. Apropos Mega-Merger. Ich sehe die gegenwärtigen Mega Merger wie EON/Endesa, Mittal Steel/Acelor und Phels Dodge/Faconbrigde/Inco mit einiger Sorge, denn hernach brechen die Kurse nach solchen Mega-Deals in der Regel zusammen. Vielleicht erinnern Sie sich noch an den bis dato größten Zusammenschluss der Welt Nabisco im Volumen von 36 Mrd. USD. Hernach gab es den 87-er Crash. Auch die deutsche T-Aktie als Mega-IPO lässt grüßen! Kurzfristig hat uns alle der US-Notenbankchef Bernanke in der Hand. Wenn er die Zinsschraube überdreht, hat nicht nur die USA ein Problem. Freuen wir uns auf einen wahrhaft „heißen Sommer“ mit viel Bewegung an der Börse – hoffentlich auch mal wieder nach oben! Im Zweifel sollten Sie auch in Zukunft mehr auf die Karte Russland setzen, denn Putin hat noch nicht alle Trümpfe ausgespielt. Der Ölpreis von fast 75 USD/Barrel sorgt indess weiterhin für gute Stimmung an der Moskauer Börse, die trotz der kräftigen Mai/Juni-Korrektur mit einem Plus von 30% immer noch zu den besten der Welt zählt. Es waren Anfang Mai aber schon mal + 70%...! Mit hoher Volatilität ist daher weiter zu rechnen - ein wahres Eldorado für Trader und "echte" Putin-Strategen!
@ ad-hoc-news.de | 21.07.06 16:00 Uhr