Stück, Kreml

Ein Stück Kreml gefällig?

Das Rosneft-Mega-IPO mit viel Licht und Schatten+++Hoher Ölpreis sorgt für gute Stimmung an der Moskauer Börse

Am 14. Juli ging der nach eigenen Angaben zweitgrößte Öl-Konzern Russlands an die Londoner Börse, wobei die Einführung an der Moskauer Börse erst am 19. Juli erfolgt. Damit betritt ein weiterer Standardwert von Weltbedeutung die Bühne der Aktionäre. Mit einem Emissionsvolumen von 11,5 Mrd. US-Dollar handelt es sich um das größte IPO in Russland und das viertgrößte IPO auf der Welt. Mit großen Werbekampagnen wurde in Russland für das Rosneft-IPO geworben. Rosneft wird damit die erste russische „Volksaktie“. Platziert wurden 19 Prozent der Aktien zum IPO-Preis von 7,55 US-Dollar am oberen Rand der Preisspanne zwischen 5,85 bis 7,85 US-Dollar pro Aktie, was als Erfolg auch für den Kreml gewertet werden kann. Damit ist Rosneft mit einem Marktwert von 78 Mrd. US-Dollar nach Gazprom der zweitgrößte Energiekonzern Russlands – noch vor dem Rivalen LUKoil mit einer Marktkapitalisierung von 72 Mrd. US-Dollar. Vor allem die chinesische und indische Ölgesellschaft sollen zu dem Platzierungererfolg und der Überzeichnung beigetragen haben, aber auch der russische Oligarch Roman Abromovich soll „gebeten“ worden sein, mit zu zeichnen. Ob die Bewertung angemessen oder zu hoch ist, hängt ganz vom Bewertungsstandpunkt ab. Rosneft hat nach eigenen Angaben mit 14,88 Mrd. Barrel die zweitgrößten Ölreserven der Welt und mit 18,942 Barrel Öläquivalent die drittgrößten Kohlenwasserstoffreserven der Welt. Von den Reserven größter ist im Öl-Sektor nur noch ExxonMobil und LUKoil. Die Jahresproduktion beträgt im Ölsektor 74,6 Mio. Tonnen (Lukoil bei 90,1 Mrd Tonnen), was einer durchschnittlichen Öl-Produktion von 1,72 Mio. Barrel am Tag entspricht. Bis zum Jahr 2010 soll die Ölproduktion von gegenwärtig 74 auf 100 Mrd. Tonnen erhöhen und bis zum Jahr 2015 sogar verdoppelt werden. Im 1. Quartal 2006 wurde die Ölproduktion um 7% von 17,79 auf 19,03 Mio. Tonnen trotz eines harten Winters erhöht. Damit ist Rosneft im Moment das am schnellsten wachsende russische Ölunternehmen. Mit 4,1 Mrd. USD verdiente Rosneft im letzten Jahr nach US GAAP bei Umsätzen von 23,951 Mrd. USD jedoch deutlich weniger als der Rivale LUKoil mit 6,4 Mrd. USD. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis 06 von geschätzten 16 ist Rosneft deutlich höher bewertet als LUKoil mit einem KGV von 11. Rosneft bezeichnet sich auf seiner IPO-Roadshow selbst als das am schnellsten wachsende Ölunternehmen Russlands. Der Anleger sollte aber nicht vergessen, wie das rasante Wachstum auf dem Papier in den letzten beiden Jahren zustande gekommen ist. Gut zwei Drittel der Öl-Produktion wird durch die Ex-Yukos-Tochter Yuganskneftegas erzielt. Nach dem IPO werden US-Investoren Rosneft auf Schadensersatz für die Quasi-Enteigung der Yukos-Aktionäre verklagen. Noch am IPO-Tag versuchte Yukos vergeblich, das IPO durch eine einstweilige Verfügung zu stoppen. Yukos ist der Auffassung, dass die Ex-Tochter Yuganskenftegas rechtswidrig enteignet und damit unrechtmäßig von Rosneft erworben wurde. Die Chancen der Yukos-Prozesses werden als gering eingestuft. .Rosneft hat nun umgekehrt wohlmöglich vor, Yukos ganz zu schlucken und auch die Urdmurneft zu erwerben, die gerade von TNK-BP an die chinesische Ölgesellschaft Sinopec verkauft wurde. In jedem Fall soll ein Großteil der Öl-Produktion demnächst auch nach China exportiert werden. Ungeklärte Fragen werfen auch die formal schon beschlossene aber noch zu vollendende Konsolidierung von 12 Tochtergesellschaften auf. Durch die festgelegten Swap-Konditionen werden die Anteile der Minderheitsaktionäre der Tochtergesellschaften um bis zu 50% entwertet. Der Finanzvorstand Peter O´Brein, der von Morgan Stanley zu Rosneft wechselte, muss sich nun von ausländischen Investoren auch kritische Fragen gefallen lassen. Auch der westliche renommierte Manager Hans-Jörg-Rudloff, Ex-CSFB-Manager und nun Manager von Barclay Capital, ist mit im Boot der westlichen Aktionärsvertreter. Immerhin bekommt die Moskauer Börse einen weiteren weltbedeutenden Blue Chip, der für Langfristinvestoren trotz der heiklen Vorgeschichte durchaus von Interesse sein wird. Langfristig ist es durchaus möglich, dass Gazprom und Rosneft mergen und dann vor ExxonMobil zum weltgrößten Energiekonzern der Welt avnacieren werden. Auch dies dürfte von Putin langfristig geplant sein. Nun darf Ptuin zunächst „sein Baby“ stolz auf dem G8-Gipfel in St. Petersburg präsentieren, auf dem auch Energiefragen behandelt werden. Es kann unter diesen Gesichtpunkten langfristig nicht schaden, auch ein relativ teueres Stück Kreml im Depot zu haben, auch wenn der IPO-Preis sehr ambitioniert ist und deutlich über den Bewertungsniveaus der russischen Konkurrenten Lukoil, Surgutneftegas und TNK-BP liegt. Privatanleger sollten aber nach Einschätzung von Analysten niedrigere Einstiegskurse abwarten. Der hohe Ölpreis von über 78 USD/Barrel wirkt derweil unterstützend für alle Ölwerte und sorgt für gute Stimmung an der Moskauer Börse, die mit einem Kursplus von 40% wie schon im letzten Jahr zu den Top-Performern unter den Weltbörsen zählt.
@ ad-hoc-news.de | 16.07.06 16:44 Uhr