Zehn Jahre nach Beginn der Initiative «Neue Seidenstraße» lädt Peking zum dritten Mal zum Gipfeltreffen.
17.10.2023 - 11:55:03Seidenstraßen-Gipfel in China - Xi lobt Ungarns Orban. Beobachter blicken auf ein Treffen mit einem nur noch selten ins Ausland reisenden Staatsgast.
China hat am ersten Tag des internationalen Forums zum Investitionsprojekt «Neue Seidenstraße» zahlreiche Staatsgäste empfangen. Russlands Präsident Wladimir Putin landete am Dienstag zu einem seiner seltenen Auslandsbesuche in Peking und soll am Mittwoch Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping treffen. Dem Vernehmen nach soll auch der Konflikt in Nahost Thema sein. China ist ein wichtiger Partner Russlands, der Moskau im Krieg gegen die Ukraine durch seine neutrale Haltung bislang Rückendeckung gab. Den Haftbefehl des Weltstrafgerichts gegen Putin konnte China ignorieren, weil es dem sogenannten Römischen Statut des Gerichtshofes nie beitrat.
Aus der EU reiste Ungarns Regierungschef Viktor Orban an, der am Dienstag mit Xi über die Zukunft seines Landes in dem chinesischen Investitions- und Infrastrukturprojekt sprach. «Wir betrachten Sie als Freund», sagte Xi. Ungarn habe sich aktiv an der Errichtung der «Neuen Seidenstraße» beteiligt und die chinesisch-ungarischen Beziehungen hätten sich ungeachtet der sich ändernden internationalen Lage auf hohem Niveau entwickelt. Nach chinesischen Angaben dankte Orban für Pekings Unterstützung beim Bau der etwa 350 Kilometer langen Eisenbahnverbindung zwischen Budapest und Belgrad - ein Seidenstraßen-Projekt Chinas und Ungarns.
Ungarn ist eines von wenigen EU-Ländern, das Mitglied der Initiative ist. Deutschland ist kein Teil des 2013 von Xi ins Leben gerufenen Projekts. Italien erwägt laut Berichten, die Initiative zu verlassen. Diese enthält Vorhaben auf dem Landweg, die zur «Neuen Seidenstraße» gehören und auf dem Seeweg, die zur «Maritimen Seidenstraße» gehören. «Neue Seidenstraße» leitet sich von der weltberühmten Seidenstraße ab - eine antike Handelsroute, die sich bis nach Europa erstreckte.
China investiert weltweit in Verkehrswege
Die regierende kommunistische Partei investiert in Afrika, Asien und Südamerika in Transportwege, baut Schienen und Straßen oder kauft Häfen, wie etwa den im griechischen Piräus. Der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge schloss China bis 2023 mehr als 200 Seidenstraßen-Kooperationen mit mehr als 150 Ländern. Laut offiziellen Angaben aus Peking investierte China in den vergangenen zehn Jahren fast eine Billion US-Dollar weltweit in Projekte.
Zu dem dritten Gipfeltreffen, das zuletzt 2019 vor der Corona-Pandemie stattfand, wurden mehr als 4000 Delegierte aus über 140 Ländern beziehungsweise von mehr als 30 internationalen Organisationen erwartet. Themen des Forums sind Konnektivität, grüne Entwicklung und Digitalwirtschaft. Für Peking ist die «Neue Seidenstraße» eine Neuausrichtung in der Außenpolitik.
Peking schickt meist eigene Unternehmen für die Bauvorhaben und fungiert als Kreditgeber. Deshalb gibt es Kritik, dass sich finanziell schwache Länder durch die «Neue Seidenstraße» in große Abhängigkeit begeben, weil sie in der Folge bei China Schulden haben. Ein Fall ist der südasiatische Inselstaat Sri Lanka, der bei China mit umgerechnet mehr als 20 Milliarden Euro in der Kreide steht und wegen einer Wirtschaftskrise zahlungsunfähig wurde.
Xinhua kommentierte vor Gipfel-Beginn, die «Schwarzseher» im Westen würden versuchen, die Initiative mit Behauptungen, sie sei eine «Schuldenfalle», schlechtzureden. «Kein Mitgliedsland ist als Ergebnis der Neuen Seidenstraße in eine Schuldenkrise gestürzt», hieß es. Die «Volkszeitung», ein Sprachrohr der kommunistischen Partei, verwies darauf, dass viele Länder durch die Initiative lange bestehende Engpässe in der Infrastruktur überwinden.
Im Westen vermuten Beobachter hingegen, dass das Herzensprojekt von Xi in Schwierigkeiten steckt, weil die Wirtschaft des Landes mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern schwächelt und Peking damit weniger Geld zum Verleihen hat. Hinzu kommt, dass die Regierung das Geld ausstehender Kredite von anderen Staaten zurückbekommen muss.