Kreml, Europa

Russland wirft den Nato-Staaten Militarismus und der Ukraine Verhandlungsunwillen vor - und beschießt das Nachbarland weiter mit Drohnen.

16.07.2025 - 16:38:28

Kreml klagt ĂŒber Europa und Ukraine, Kiew wechselt Regierung. In Kiew werden derweil die Weichen fĂŒr einen Wechsel gestellt.

Der Kreml hat BrĂŒssel und Kiew dafĂŒr verantwortlich gemacht, dass der vor mehr als drei Jahren von Russland begonnene Angriffskrieg gegen die Ukraine immer noch lĂ€uft. Sprecher Dmitri Peskow warf den europĂ€ischen LĂ€ndern offenen Militarismus vor. Diese gĂ€ben Unsummen fĂŒr Waffen aus, um den Krieg in der Ukraine weiter zu befeuern, sagte er. «Vor dem Hintergrund eines solchen an Irrsinn grenzenden emotionalen Zustands auf dem europĂ€ischen Kontinent ist es Ă€ußerst schwierig, irgendetwas zu prognostizieren», erklĂ€rte er. 

Zugleich erinnerte er an die erst vor kurzer Zeit umgeschriebene russische Atomdoktrin. Dort sei eindeutig festgehalten, dass schon das «Anstiften» nichtatomarer Staaten zu feindlichen Handlungen gegen Russland durch AtommÀchte als Aggression gelte. 

AtommĂ€chte in Europa sind Großbritannien und Frankreich. Schon mehrfach seit Beginn des von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte die russische FĂŒhrung Atomdrohungen geĂ€ußert, um den Westen von einer stĂ€rkeren UnterstĂŒtzung des ĂŒberfallenen Landes abzuhalten.

VermittlungsbemĂŒhungen kommen seit Monaten nicht voran 

US-PrĂ€sident Donald Trump hatte schon im MĂ€rz eine bedingungslose Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine vorgeschlagen, um Friedensverhandlungen zu starten. WĂ€hrend Kiew die Forderung nach Druck aus Washington annahm, stieß die Offerte in Moskau auf Ablehnung. Kremlchef Wladimir Putin begrĂŒndete dies mit BefĂŒrchtungen, die Ukraine werde eine solche Feuerpause zur AufrĂŒstung und Neuaufstellung der Truppen nutzen. 

Politische Beobachter hingegen sehen hinter dem Unwillen Putins, die Kampfhandlungen zu beenden, das KalkĂŒl, bei Verhandlungen Ă€ußersten Druck auf Kiew ausĂŒben zu können. Kompromissbereitschaft hat Russland bislang bei den seit Mai laufenden GesprĂ€chen zumindest nicht demonstriert. Moskau bleibt bei seinen Maximalforderungen - zum zunehmenden Ärger des US-PrĂ€sidenten. 

Moskau: Wir warten auf neuen Terminvorschlag

Seit Trump neue Waffenlieferungen fĂŒr die Ukraine angekĂŒndigt und Strafzölle fĂŒr Russlands Handelspartner angedroht hat, versucht Moskau mit neuerlichen VorwĂŒrfen an die Ukraine seine Dialogbereitschaft zu demonstrieren. Russland warte auf einen Terminvorschlag aus Kiew heißt es seit Tagen aus dem Kreml. Nun rief Peskow sogar die internationale Gemeinde dazu auf, die Ukrainer zu neuen Verhandlungen anzuhalten. 

Die Kampfhandlungen laufen derweil unverÀndert weiter. In der Nacht attackierte Russland die Ukraine erneut mit rund 400 Drohnen. 15 Menschen wurden dabei verletzt.

Neue Regierung in Kiew

Die derzeitige Pause in den GesprĂ€chen erklĂ€rt sich dabei aus Kiewer Sicht auch durch eine Regierungsumstellung. Das ukrainische Parlament, die Oberste Rada, hat gerade den RĂŒcktritt des Kabinetts um MinisterprĂ€sident Denys Schmyhal abgesegnet. FĂŒr die Entlassung der Regierung stimmten 261 Abgeordnete bei 4 Enthaltungen und keiner Gegenstimme.

Bereits am Donnerstag soll die neue Regierung bestĂ€tigt werden. Sie soll von der 39-jĂ€hrigen Julia Swyrydenko gefĂŒhrt werden, die bislang Wirtschaftsministerin und VizeministerprĂ€sidentin war. Im Zuge der Kabinettsumbildung wird Berichten nach auch Verteidigungsminister Rustem Umjerow die Regierung verlassen. 

Bisheriger ukrainischer VerhandlungsfĂŒhrer vor dem Abflug

Sein Nachfolger soll Schmyhal werden. Umjerow gilt als Kandidat fĂŒr den Posten des ukrainischen Botschafters in Washington. Seine Frau und seine Kinder leben offiziell bereits seit 2016 in den Vereinigten Staaten. FĂŒr Kiew ist der Botschafterposten eine SchlĂŒsselposition - die bisherige Botschafterin Oxana Markarowa wurde ausgetauscht, weil ihr die Trump-Administration dem Vernehmen nach eine zu große NĂ€he zu den Demokraten vorwarf. FĂŒr die Ukraine ist das Wohlwollen der US-Regierung von erheblicher Bedeutung.

Umjerow leitete die ukrainische Verhandlungsdelegation bei den bisherigen Treffen in Istanbul. Nach seinem voraussichtlichen Abgang muss Kiew einen neuen ChefunterhĂ€ndler bestellen, ehe es mit den GesprĂ€chen weitergehen kann. Selenskyj hatte jedoch auch mehrfach Zweifel an der ZweckmĂ€ĂŸigkeit von Verhandlungen im bisherigen Format geĂ€ußert und wiederholt auf ein Gipfeltreffen mit Putin gedrĂ€ngt.

@ dpa.de