Die Militärputsche in afrikanischen Staaten sorgen in der EU für Unruhe.
30.08.2023 - 11:46:05Putsch im Niger: Berlin und Paris für EU-Sanktionen. Deutschland und Frankreich setzen sich jetzt für Strafmaßnahmen gegen die Militärjunta im Niger ein.
Deutschland und Frankreich werben bei EU-Partnern für Sanktionen gegen die Putschisten im westafrikanischen Niger. Nach Angaben von Diplomaten in Brüssel sollen die Strafmaßnahmen insbesondere führende Vertreter der seit einem Staatsstreich regierenden Militärjunta treffen. Zudem könnten zum Beispiel auch Organisationen ins Visier genommen werden, die die Putschisten unterstützen. Es müsse deutlich gemacht werden, dass die EU die gewaltsame Absetzung eines demokratisch gewählten Präsidenten nicht tatenlos hinnehme, sagte ein EU-Beamter der Deutschen Presse-Agentur.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kündigte am Rande eines Treffens der Außen- und Verteidigungsminister im spanischen Toledo Gespräche auf EU-Ebene zum Thema an. Man werde über die Zweckmäßigkeit eines Rechtsrahmens für Sanktionen gegen die Putschisten reden, erklärte er.
Unklar ist vor allem, wie sich eine Sanktionsentscheidung auf die Zusammenarbeit mit dem Niger auswirken würde. Das Land mit rund 26 Millionen Einwohnern war bislang ein wichtiger Partner der EU im Kampf gegen islamistischen Terrorismus und illegale Migration. Zudem sind zahlreiche Soldatinnen und Soldaten aus EU-Staaten im Niger stationiert. Deutschland unterhält so noch immer einen militärischen Lufttransportstützpunkt in der Hauptstadt Niamey, über den derzeit der Abzug der Bundeswehr aus dem westafrikanischen Mali läuft.
Für Sanktionen trotz stationierter deutscher Soldaten
Der Stützpunkt solle weiterhin eine Rolle spielen, sagte Verteidigungsstaatssekretärin Siemtje Möller am Mittwoch in Toledo. Rund 100 deutsche Soldaten seien dort weiterhin vor Ort. Über die Sanktionsdebatte äußerte sich Möller allerdings dennoch positiv. Es gehe darum, Druck aufzubauen, damit die demokratisch legitimierte Regierung wieder eingesetzt werde, sagte die SPD-Politikerin, die in Vertretung von Verteidigungsminister Boris Pistorius an dem EU-Treffen teilnahm.
Im Niger hatten im Juli Offiziere der Präsidialgarde Staatschef Mohamed Bazoum festgesetzt und für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Präsidialgarde, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich daraufhin selbst zum neuen Machthaber. Kurz nach Tianis Machtübernahme als De-Facto-Präsident setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf.
EU-Sanktionen gegen die Putschisten müssten einstimmig von allen EU-Staaten beschlossen werden. Sie würden den EU-Angaben zufolge EU-Einreiseverbote umfassen. Zudem müssten in der EU vorhandene Vermögenswerte der Betroffenen eingefroren werden. Bereits kurz nach dem Putsch hatte die EU mitgeteilt, alle bisherigen EU-Unterstützungszahlungen für den Niger vorerst auf Eis zu legen.
EU fordert Wiedereinsetzung der Verfassung
Dass die anderen EU-Staaten den deutsch-französischen Verstoß für EU-Sanktionen unterstützen, gilt als sehr wahrscheinlich - vor allem, wenn am Ende sichergestellt wird, dass humanitäre Hilfe weiter möglich bleibt. Grund dafür ist auch, dass der neue Militärmachthaber Tiani zuletzt angekündigt hatte, eine Übergangsregierung einzusetzen, die bis zu drei Jahre im Amt bleiben soll. Die EU und auch andere afrikanische Staaten fordern eigentlich eine Wiedereinsetzung der Verfassung und des entmachteten und unter Hausarrest stehenden Präsidenten.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte in der vergangenen Woche, was im Niger passiere, betreffe alle demokratischen Länder auf der Welt. Schaue man einfach weg, wenn in einem Nachbarland oder auf einem anderen Kontinent eine demokratisch gewählte Regierung weggeputscht werde, dann drohe ein solcher Regelbruch auch in anderen Regionen der Welt.