Leipzig - Mit großer Mehrheit hat sich der Bürgerrat Bildung und Lernen dafür ausgesprochen, dass Kinder und Jugendliche in der Schule besser aufs Leben vorbereitet werden.
24.11.2024 - 17:20:20Bürgerrat Bildung und Lernen für größere Freiheit beim Lernen und mehr lebensnahe Bildung an Schulen. 95 Prozent der rund 120 anwesenden Bürgerinnen und Bürger stimmten für die Forderung "Wissensdurst wecken durch individuelles, lebensnahes Lernen". Damit wurde eine Forderung verabschiedet, die besonders den Kindern und Jugendlichen im Bürgerrat am Herzen liegt.
"Man lernt in der Schule viel zu wenig fürs Leben", sagt der Schüler Sebastian Liess (16). "Dabei geht es um ganz verschiedene Dinge: Wie bewerbe ich mich auf einen Job? Wie suche ich mir eine Wohnung? Und ganz grundsätzlich: Was kommt auf mich zu, wenn ich erwachsen bin und mein Leben selbst organisieren soll?"
Ähnlich äußerten sich auch die anderen jungen Bürgerräte, die bei der siebten Tagung des Bürgerrats Bildung und Lernen am 23. und 24. November im Leipzig anwesend waren. In diversen Diskussionsrunden plädierten sie dafür, dass in der Schule mehr praktische Inhalte vermittelt werden, die sie besser auf ihr späteres Leben vorbereiten.
Spielerischer Spracherwerb in der Kita
Zwei Tage lang haben die Mitglieder des Bürgerrats Bildung und Lernen in Leipzig diskutiert, an Formulierungen gefeilt, Begründungen vertieft und letztlich abgestimmt. Das Ergebnis sind insgesamt 20 Vorschläge, die drei verschiedene Bereiche in den Blick nehmen: die frühkindliche Bildung, die allgemeinbildenden Schulen sowie die berufliche Bildung. Die übergeordnete Fragestellung aller drei Bereiche lautete dabei: Chancengerechtigkeit: Wie viel Freiheit braucht das Lernen?"
Im Bereich der frühkindlichen Bildung erhielt die Empfehlung "Spielerischer, interaktiver Erwerb der deutschen Sprache" die größte Mehrheit. Insgesamt 86 Prozent stimmten "voll" oder "eher" zu. Auch bei den jungen Bürgerräten, die separat über die Empfehlungen abstimmten, war die Mehrheit für diese Forderung. Ein Vorschlag aus dem Bereich der beruflichen Bildung lautet "Berufliche Perspektiven für Jugendliche ohne Schulabschluss" schaffen. Dafür sprachen sich rund 87 Prozent der Anwesenden aus.
Bürgerrat setzt seine Arbeit auch 2025 fort
"Ich denke, wir können wirklich stolz sein auf das, was wir geleistet haben und auf die Vorschläge, die wir gemeinsam formuliert haben. Natürlich waren die Diskussionen teilweise auch hart, aber nun können wir sagen, wir haben etwas entwickelt, das wir guten Gewissens präsentieren können", sagt Sabirya Ekinci, die seit vier Jahren im Bürgerrat aktiv ist. "Nun wünsche ich mir, dass unsere Arbeit auch gesehen und ernst genommen wird."
Im Frühjahr 2025 werden die Empfehlungen - nach der Überarbeitung durch einen Redaktionsausschuss des Bürgerrats - veröffentlicht. "Doch es reicht nicht, die Empfehlungen einfach nur zu verabschieden und zu übergeben - wichtig ist der inhaltliche Austausch auf unterschiedlichen Ebenen, zum Beispiel mit Schulleitungen, mit Fachverwaltungen und Kultusministerien", erklärt Sabine Milowan, Leiterin der Montag Stiftung Denkwerkstatt. "Das Ziel ist es, dass Vorschläge des Bürgerrats auch umgesetzt werden."
Querschnitt der Bevölkerung
Insgesamt setzt sich der Bürgerrat Bildung und Lernen aus rund 700 zufällig ausgewählten Menschen aus ganz Deutschland zusammen, die einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden. Zu den Empfehlungen, deren Grundlage bereits bei der letzten Bürgerratssitzung Mitte September in Köln erarbeitet wurde, konnte der gesamte Bürgerrat vorab sein Feedback abgeben. Das Ergebnis dieser Umfrage wurde in die Beratungen am Wochenende mit einbezogen.
Die finale Entscheidung, welche Empfehlungen verabschiedet werden, trafen nun stellvertretend die circa 100 anwesenden Bürgerratsmitglieder gemeinsam mit den etwa 20 jungen Bürgerräten unter 16 Jahren.
Hintergrund: Der Bürgerrat Bildung und Lernen
Der Bürgerrat Bildung und Lernen besteht aus mehr als 700 zufällig ausgewählten Menschen aus ganz Deutschland. Das Ziel: Gemeinsame Empfehlungen formulieren, um die Politik ins Handeln zu bringen - und die Bildung in Deutschland zu verbessern.
"Der Bürgerrat Bildung und Lernen hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass er etwas bewegen kann, zum Beispiel bei den Themen Teilhabe und Chancengerechtigkeit", sagt Sabine Milowan, Projektleiterin und Leiterin der Montag Stiftung Denkwerkstatt."Es geht auch darum, vorhandene Freiräume zu nutzen, die das Bildungssystem ermöglicht."
In einer ersten Arbeitsrunde hatte der Bürgerrat bereits 15 Empfehlungen in mehreren Schritten erarbeitet und im Juni 2023 an die Präsidentin der Kultusministerkonferenz übergeben. Die neu ausgearbeiteten Empfehlungen, die noch einmal ganz neue Aspekte in den Blick nehmen, sollen im kommenden Jahr ebenfalls an ausgewählte Politikerinnen und Politiker überreicht sowie auf verschiedenen Ebenen diskutiert werden.
Insgesamt setzt sich der Bürgerrat Bildung und Lernen aus mehr als 700 Menschen zusammen, die aus einer Grundgesamtheit von rund 70.000 Personen ausgewählt wurden, um einen Querschnitt der Bevölkerung abzubilden. Die Auswahl erfolgte nach sozio-demografischen Kriterien wie Alter, Geschlecht, Bildung oder Regionen.
Besonders ist außerdem die Tatsache, dass beim Bürgerrat Bildung und Lernen schon Kinder und Jugendliche in die Arbeit einbezogen werden. Mehr als 250 Schülerinnen und Schüler bis 16 Jahren haben in verschiedenen Schulwerkstätten diskutiert und zum Thema "Wie wollen wir lernen?" eigene Vorschläge entwickelt, die sie unter der Überschrift "Hört uns zu!" veröffentlicht haben. "Wir wollen mitentscheiden, WAS wir lernen und WIE wir lernen", lautet eine ihrer zentralen Forderungen.
Ins Leben gerufen wurde der Bürgerrat Bildung und Lernen 2020 von der Montag Stiftung Denkwerkstatt. Diese unabhängige, gemeinnützige Stiftung gehört zu den Montag Stiftungen in Bonn und hat sich zur Aufgabe gemacht, gesellschaftlich relevante Themen aufzugreifen, den konstruktiven Austausch zu fördern und Veränderungsprozesse anzustoßen. Anders als die meisten Bürgerräte wurde der Bürgerrat Bildung und Lernen nicht von einem politischen Gremium beauftragt.
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