Silent, Killer

Experten nennen ihn «Silent Killer», weil er oft unbemerkt bleibt.

17.05.2025 - 09:46:19

Der «Silent Killer» – Wieso Bluthochdruck gefährlich ist. Mitunter macht Bluthochdruck sich durch Stechen in Kopf oder Herz bemerkbar.

  • Bei Verdacht auf Bluthochdruck gilt es immer wieder zu messen. (Archivbild) - Foto: Christoph Soeder/dpa

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  • Hinweise auf Bluthochdruck können frühmorgendliche Kopfschmerzen im Hinterkopfbereich oder generell Kopfschmerzen im Nacken sein. (Archivbild) - Foto: Oliver Killig/dpa-Zentralbild/dpa

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  • Moderne digitale Blutdruckgeräte können auch am Handgelenk messen, was im Vergleich zum Oberarm aber ungenauer sein kann. (Archivbild) - Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/ZB

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  • Wer zu viel Gewicht mit sich herumträgt, erhöht damit die Gefahr, an Bluthochdruck zu erkranken. (Archivbild) - Foto: Franziska Kraufmann/dpa/dpa-tmn

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  • Ausdauersport wie Schwimmen hilft dabei, den Blutdruck zu regulieren. (Archivbild) - Foto: Andreas Arnold/dpa

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Bei Verdacht auf Bluthochdruck gilt es immer wieder zu messen. (Archivbild) - Foto: Christoph Soeder/dpaHinweise auf Bluthochdruck können frühmorgendliche Kopfschmerzen im Hinterkopfbereich oder generell Kopfschmerzen im Nacken sein. (Archivbild) - Foto: Oliver Killig/dpa-Zentralbild/dpaModerne digitale Blutdruckgeräte können auch am Handgelenk messen, was im Vergleich zum Oberarm aber ungenauer sein kann. (Archivbild) - Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/ZBWer zu viel Gewicht mit sich herumträgt, erhöht damit die Gefahr, an Bluthochdruck zu erkranken. (Archivbild) - Foto: Franziska Kraufmann/dpa/dpa-tmnAusdauersport wie Schwimmen hilft dabei, den Blutdruck zu regulieren. (Archivbild) - Foto: Andreas Arnold/dpa

Wer Bluthochdruck hat, ist damit nicht allein. Bis zu 30 Millionen Menschen leiden nach Angaben der Deutschen Hochdruckliga hierzulande darunter. Das Tückische: Viele wissen gar nichts von ihrer Erkrankung, die deshalb «Silent Killer» (auf Deutsch: «Stiller Mörder») genannt wird. 

Bluthochdruck kann zu schlimmen Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenversagen führen. Deshalb wird zum sogenannten Welthypertonietag (17. Mai) jährlich über die Volkskrankheit aufgeklärt.

Wenn die Diagnose einmal gestellt ist, ähneln sich bei Patienten die Fragen: Bleibt das für immer? Wie kann das wieder weggehen?

Ab welchen Werten ist der Blutdruck hoch?

Keine internistische Erkrankung gebe es in Deutschland häufiger als die arterielle Hypertonie – also Bluthochdruck, erklärt Anne Fleck, Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie. Das Krankheitsbild liegt nach Angaben der European Society of Hypertension vor, wenn die systolischen Werte 140 mmHg und/oder die diastolischen Werte 90 mmHg überschreiten. 

Der erste, systolische Wert bezieht sich auf den Druck in den Arterien, wenn das Blut aus dem Herzen herausgepumpt wird. Ideal sind hier etwa 120 mmHg oder weniger. Die in der Regel dreistellige Zahl wird auch oberer Wert genannt, weil sie bei digitalen Blutdruckgeräten auf der Anzeige oben steht. Darunter findet sich als unterer der zweite, diastolische Wert. Dieser misst den Druck in den Arterien, wenn das Blut wieder zurück ins Herz fließt und es sich entspannt. Ziel sind hier etwa 80 mmHg oder weniger.

Zum ersten Wert stellt Markus van der Giet, Vorsitzender der Deutschen Hochdruckliga, fest: «98 Prozent der Patienten kämpfen damit.» Bluthochdruck kann auch in einer Kombination von systolischer und diastolischer Hypertonie und anderen Formen auftreten. Martin Middeke, Professor für Innere Medizin und ehemaliger Leiter des Hypertoniezentrums München, hat es sich zur Aufgabe gemacht, über die Krankheit zu schreiben. Sein neues Werk «Die Altersformel» erscheint am 1. Juni und thematisiert den Zusammenhang zwischen guter Durchblutung und der Gesundheit.

Allgemein gilt bei Bluthochdruck: Wer nichts dagegen unternimmt, steigert das Risiko für weitere Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems. Das können Herzinfarkt oder Schlaganfall sein.

Warum entsteht Bluthochdruck überhaupt?

Wenn das System ins Ungleichgewicht gerät und der Körper seine Funktionen erhalten will, entsteht Bluthochdruck. Das kann der normale Alterungsprozess sein, wie Bluthochdruckexperte van der Giet erklärt: «Bei jedem steigt im Laufe des Lebens der Blutdruck an.» Dabei geht es um die Versteifung der Gefäße. Beim Blutdruck spielen aber auch das Geschlecht (Männer sind häufiger betroffen) und erbliche Veranlagungen eine Rolle.

Häufig bestehe eine erbliche Veranlagung, wenn ein Elternteil oder beide Eltern eine Hypertonie haben, sagt Experte Middeke. Das beginne im jungen und mittleren Erwachsenenalter, meist mit einem Anstieg des diastolischen Blutdruckes, also des unteren Werts. Gründe hierfür können Gewichtszunahme, mangelnde körperliche Aktivität oder chronischer Stress sein. 

Daneben gibt es für Bluthochdruck weitere Faktoren wie Insulinresistenz, hoher Alkohol- und Nikotinkonsum oder eine zu salzreiche oder kaliumarme Ernährung. Auch Infektionskrankheiten wie Virusinfektionen (Covid-19) oder chronische Borreliose-Erkrankungen, mit denen der Körper kämpft, können für Bluthochdruck oder starke Schwankungen des Blutdrucks sorgen.

Die Niere hat als Filter eine besondere Rolle im Körper – und wenn das nicht gut funktioniert, ist es nach van der Giets Worten wie bei einer verstopften Espressomaschine. «Dann produzieren wir höheren Druck.»

Primäre oder sekundäre Hypertonie - was ist das?

Bluthochdruck kann in zwei Arten unterteilt werden: die primäre und die sekundäre Hypertonie. Etwa 90 Prozent aller Betroffenen haben die primäre Form. Dabei ist der Bluthochdruck selbst die eigentliche Krankheit.

Bei der sekundären Hypertonie ist der Bluthochdruck eine Begleiterscheinung einer anderen Krankheit. Das Alter spiele hier nur eine untergeordnete Rolle, erklärt Middeke. Hinter einer sekundären Hypertonie kann laut van der Giet eine mangelhafte Durchblutung der Niere stecken. Ursache könnten aber auch eine Schilddrüsenüberfunktion, entzündlich-rheumatische Krankheiten an den Gefäßen, neurologische Ursachen oder psychogene Ursachen bei etwa starken Schmerzen sein, so Expertin Fleck. 

«Silent Killer»: Was ist, wenn es keine Symptome gibt?

Nicht immer lässt sich Bluthochdruck sofort erkennen. Van der Giet schätzt, dass ein Drittel der Betroffenen gar nichts von ihrer Erkrankung wissen. Für Fleck ist das «das Tückische». Denn Beschwerden können lange Zeit fehlen oder fehlgedeutet werden.

Als typische Symptome nennt die Fachärztin frühmorgendliche Kopfschmerzen im Hinterkopfbereich oder generell Kopfschmerzen im Nacken. Wer nachts Bluthochdruck hat, kann unter Schlafstörungen leiden oder öfter aufwachen. «Viel zu selten wird bei Schlafstörungen an eine konsequente kurze Blutdruckmessung gedacht», warnt Fleck. Auch Ohrensausen, Schwindel, starke Nervosität, Nasenbluten oder Luftknappheit bei Belastung seien Indizien.

Kann man Bluthochdruck heilen oder nur behandeln?

Für Fleck ist klar: «Je früher Symptome nicht nur mit Medikamenten glattgebügelt, sondern Ursachen erkannt und abgestellt werden, umso besser sind die Heilungschancen.» Für die Fachärztin ist Grundlage jeder Therapiemaßnahme eine Anpassung des Lebensstils. Wer seine Ernährung anpasse, Nährstoffdefizite wie Kalzium, Kalium und Magnesium ausgleiche und regelmäßig Ausdauertraining mache, könne «immens viel erreichen».

Allein durch diese Maßnahmen lassen sich nach ihren Worten ein Viertel aller Fälle mit Grad 1 umfänglich normalisieren. Grad 1 besteht nach Angaben der Bundesärztekammer bei systolischen Werten zwischen 140 und 159 systolisch und/oder diastolischen Werten zwischen 90 und 99 mmHg.

Wer an sekundärer Hypertonie leidet – also als Begleiterscheinung einer Krankheit –, hat einen Vorteil: «Wenn man die Krankheit erkennt, kann man sie in der Regel behandeln, sodass eigentlich danach das Blutdruckproblem gelöst sein sollte», erläutert van der Giet, der das Hypertoniezentrum an der Berliner Charité leitet. Eine Spezialform können dabei Folgen einer Corona-Erkrankung sein. Die Omikron-Varianten des Virus bringen nach seinen Worten die «Blutdruckregulation durcheinander». 

Wer dagegen an einer genetischen oder altersbedingten primären Hypertonie leide, habe schlechtere Karten. «Aus dieser Falle kommt man nicht raus», sagt van der Giet. Dann heißt es: aktiv etwas gegen den Bluthochdruck zu tun und meist lebenslang Tabletten nehmen.

Warum ist die Behandlung so wichtig?

Patienten, die von ihrem Bluthochdruck nichts wissen, sind van der Giet zufolge mitunter überrascht. Denn «viele fühlen sich unter hohem Blutdruck sogar besser, weil sie leistungsfähiger sind», erklärt der Experte. Ihnen müsse er dann erklären, dass eine Regulation etwa mittels Tabletten trotzdem wichtig sei. Van der Giet fragt dann: «Wollen Sie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall bekommen?» Weil das keiner will, lautet sein dringender Appell: «Stellen Sie ihren Blutdruck ein.»

Für Middeke ist die dauerhafte Behandlung von Bluthochdruck die «erfolgreichste medizinische Maßnahme zur Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen».

@ dpa.de