Modeindustrie im Wandel: Unternehmen setzen auf Multi-Channel
03.09.2018 - 15:59:01Mehr Auswahl, schnellere Vergleichsmöglichkeiten und bequeme Lieferungen: Durch die Digitalisierung hat sich das Einkaufsverhalten der Konsumenten grundlegend verändert. Das geht nicht spurlos an den stationären Geschäften vorbei. Die Lösung vieler Händler heißt "Multi-Channel". Durch den gleichzeitigen Offline- und Online-Betrieb konnten Modeunternehmen wie Walbusch stark wachsen. Ein Einblick in das Zukunftsmodell.
War es noch bis vor einigen Jahren vollkommen üblich, in den Einkaufsstraßen des Landes Kleidung einzukaufen und allenfalls ab und zu etwas über Versandkataloge zu bestellen, so ist es inzwischen eher die Regel, das Smartphone zu zücken und Onlineshops anzusteuern. Schon jetzt zeigen Studien, dass 70 Prozent der Frauen und 46 Prozent der Männer Kleidung bevorzugt online kaufen. Die Argumente dafür sind ebenso offensichtlich wie einleuchtend: 57 Prozent der Befragten gaben an, dass günstigere Preise sie zum Onlinekauf bewogen hätten. Kein Wunder: Die Vergleichsmöglichkeiten sind im Netz schier grenzenlos. 54 Prozent nannten die große Auswahl als wichtigsten Faktor, während 50 Prozent das Argument Zeitersparnis ins Feld führten. Die Ergebnisse zeigen, dass sich das Kaufen von Kleidung durch Online- bzw. Mobile-Shopping stark verändert hat. Für Anbieter heißt das jedoch, dass der Wettbewerb verstärkt wird und gerade kleinere Boutiquen Strategien finden müssen, um sich nicht nur gegen die großen Ketten in den Einkaufspassagen und Shopping-Malls zu behaupten, sondern auch gegen die zunehmende Online-Konkurrenz. Tobias Humpert von der Bielefelder Beraterfirma Hachmeister + Partner erklärt der Neuen Westfälischen: "Die Wahrscheinlichkeit ist höher, dass der Konsument den gewünschten Artikel im Internet findet, als wenn er dafür einige Stunden durch die Stadt läuft." Vor diesem Hintergrund erscheint es fahrlässig, das Online-Geschäft gar nicht zu bedienen. Doch dadurch ist das stationäre Geschäft noch lange nicht überflüssig. Vielmehr wird es künftig auf eine sinnvolle Verknüpfung von Online-Shop und Ladengeschäft in der Fußgängerzone ankommen, um Kunden zu überzeugen und zu binden. Die Digitalisierung "ermöglicht es, den Kunden auf digitalen Kanälen durch Automatisierung individualisiert anzusprechen", konstatiert Humpert gegenüber der NW. Zu nennen sind hier alle Formen digitaler Kommunikationskanäle: Von der Suchmaschine, über klassische Banner bis zu Newsletter für Stammkunden ist eine Menge möglich, um nicht nur auf den Online-Shop, sondern auch auf den Laden um die Ecke zu verweisen. Das Ladengeschäft muss dann die digitalen Versprechen einlösen und ein echtes Einkaufserlebnis mit Freizeitwert bieten - und was nicht vorrätig ist, kann leicht zusammen mit dem Verkäufer vor Ort bestellt werden. Die Service- und Beratungsqualität muss gerade im Ladengeschäft stets überzeugen. Ein Unternehmen aus Deutschland, dem der Umbau zum Multi-Channel-Anbieter nachhaltig gelingt, ist Walbusch. Im gut strukturierten Online-Shop wird in sinnvolle und stark ausdifferenzierte Kategorien unterschieden, mit denen sich jeder schnell zurechtfindet. In dieser Kategorie finden sich beispielsweise ausschließlich explizit "bügelfreie Hemden". Das ist eingängig, übersichtlich und erreicht auch eine ältere Zielgruppe. Laut der Rheinischen Post kauft diese Kundengruppe bei Walbusch inzwischen zu 30 Prozent über den Online-Shop. 20 Prozent tragen die Filialen zum Umsatz bei. Damit befindet sich der ehemalige reine Katalogversand inzwischen in einem erfolgreichen Umbau zum Multi-Channel-Anbieter. Der Erfolg gibt der Strategie recht: Im vergangenen Jahr wuchs die Unternehmensgruppe um 5,2 Prozent. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Maßnahmen anderer Modehändler auswirken werden. Sicher jedenfalls scheint, dass die Ladengeschäfte in absehbarer Zeit nicht aussterben werden, sofern man sich nicht allein auf diese verlässt, die Verkaufsfläche als einladenden Eventraum gestaltet, Service großschreibt und Innovationen gegenüber offen bleibt. Bildrechte: Flickr Shopping fever Peverus CC BY 2.0 Bestimmte Rechte vorbehalten