Kommunen und Landkreise haben sich unzufrieden mit den Ergebnissen der Bund-Länder-Beratungen zur Migrationspolitik gezeigt.
07.03.2024 - 06:00:01Kommunen und Kreise enttäuscht von Bund-Länder-Treffen zu Migration
"Das Treffen hat erneut keinen wirklichen Fortschritt in der Migrationspolitik gebracht", sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager (CDU), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Donnerstag). "Das ist schwer nachvollziehbar." Eine spürbare Intensivierung der Anstrengungen bei der lange angekündigten Rückführungsoffensive sehe der Landkreistag nicht. "Kaum Abkommen mit möglichen Aufnahmestaaten, kaum Rückführungen in die Türkei, obwohl wir hier geringe Anerkennungsquoten haben, keine weiteren sicheren Herkunftsstaaten", zählte Sager auf.
Die 16 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten hatten am Mittwoch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) über Migrations- und Asylpolitik beraten. Neue Beschlüsse gab es nicht. Die Länder verlangten jedoch von der Bundesregierung Klarheit über eine mögliche Verlagerung von Asylverfahren in Länder außerhalb der EU. In einem nach dem Treffen veröffentlichten Papier bitten sie die Ampel-Regierung, bei der nächsten Bund-Länder-Konferenz am 20. Juni dazu erste Ergebnisse vorzulegen. Auch soll nach dem Willen der Länder bald feststehen, wann die vereinbarte Bezahlkarte für Asylbewerber kommt. In ihrem Papier fordern die Regierungschefs der Länder den Bund auf, dafür zu sorgen, dass der Bundestag einen entsprechenden Entwurf dazu schnell verabschiedet.
Sager mahnte allgemein mehr Tempo an. "Wir brauchen viel mehr Geschwindigkeit in der Migrationswende." Die Landkreise erwarteten deutliche Signale, "dass die Flüchtlingszahlen absehbar sinken". Klar sei, "dass wir eine Größenordnung von derzeit deutlich über 300 000 Menschen im Jahr nicht bewältigen können", sagte Sager. Man müsse über die "Dimension des Leistbaren" diskutieren.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hält die Ergebnisse des Treffens ebenfalls für unzureichend. Man hätte sich "weitere klare Schritte zur nachhaltigen Entlastung der Kommunen gewünscht", sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger der "Rheinischen Post" (Donnerstag). "Der Bundeskanzler liegt zwar nicht falsch, wenn er Deutschland auf dem richtigen Weg sieht. Wichtig ist jetzt aber, dass die Beschlüsse aus dem November nun konsequent und zügig umgesetzt werden."
Im November hatte zuletzt ein Migrationsgipfel stattgefunden. Beim jüngsten Treffen am Mittwoch zogen der Kanzler und die amtierenden Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, der Hesse Boris Rhein (CDU) und sein niedersächsischer Stellvertreter Stephan Weil (SPD), eine positive Zwischenbilanz bei der Umsetzung der damaligen Beschlüsse.
Berghegger hält zudem weitere Anstrengungen für nötig. "Mit Blick auf die weiterhin sehr starke Belastung der Kommunen bei Aufnahme, Unterbringung und Versorgung erwarten wir von Bund und Ländern weitere Schritte, die schnell wirksam sind. Ein Beschluss zum Verbleib in den Erstaufnahmeeinrichtungen hätte ebenso dazugehört wie das Bekenntnis zu einer weiteren Flexibilisierung bei den Möglichkeiten zur Integration in den Arbeitsmarkt", sagte Berghegger. "Hier sollte es möglich sein, dass Sprach- und Integrationskurse parallel zur Arbeitsaufnahme erfolgen. Wir müssen in der Migrationspolitik schnell wirksame Schritte zur Entlastung der Kommunen gehen. Dies bedeutet steuern, ordnen und begrenzen."
Auch aus der Union kam Kritik an dem Treffen. Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andrea Lindholz, bezeichnete es als "herbe Enttäuschung". Der Bundeskanzler sei offenbar nicht bereit gewesen zu "mehr als einer bloßen Bestandsaufnahme". Ähnlich hatte sich zuvor Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geäußert.
Weiter sagte Lindholz: "Der Widerstand gegen weitere Maßnahmen ist ein Schlag in das Gesicht all derer, die vor Ort in den Kommunen nicht mehr wissen, wie sie Asylbewerber unterbringen, versorgen und beschulen sollen." Sie forderte, die Bundesregierung müsse alle Spielräume zur Senkung von Asylbewerberleistungen nutzen und weitere Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklären. Zudem müssten freiwillige Aufnahmeprogramme und der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten gestoppt werden.