Kommt nach dem Wegfall des Bundeszuschusses zum Netzentgelt der Preisschock? Bisher ist bei den Kunden davon wenig angekommen, auch wenn die Branche damit rechnet.
02.02.2024 - 07:15:10Netzentgelte-Erhöhung lässt Strompreis nur leicht steigen. Einige Versorger geben Entwarnung.
Die Meldung ließ Stromkunden kurz vor Weihnachten aufschrecken: Die Bundesregierung strich im Haushaltskompromiss den Bundeszuschuss von 5,5 Milliarden Euro für die Stromnetze, die vier großen Fernleitungsbetreiber haben daraufhin die Netzentgelte zum Jahreswechsel von 3,1 auf 6,4 Cent pro Kilowattstunde mehr als verdoppelt.
Doch inzwischen geben erste Versorger Entwarnung: Der Sprung beim Strompreis werde wohl deutlich geringer ausfallen als zunächst befürchtet und erst zeitversetzt bei den Kunden ankommen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter ausgewählten Versorgern und Stadtwerken in ganz Deutschland.
So kündigte ein Sprecher von Eon Energie Deutschland mit Blick auf die sechs Millionen Stromkunden der Marke Eon an: «Für unsere bestehenden Kundinnen und Kunden ändert sich aktuell an den Preisen erst einmal nichts.» Dass es später noch zu einer Erhöhung komme, schloss er aber nicht aus. Gegenwärtig gebe es noch keine Entscheidung.
Mehrere Versorger halten Tarife stabil
Die Leipziger Stadtwerke, Enercity aus Hannover und SachsenEnergie aus Dresden erklärten sogar, dass man auf eine Erhöhung komplett verzichten wolle. Auch N-Ergie aus Nürnberg versicherte, die gestiegenen Netzentgelte vorerst nicht umzulegen. «Dementsprechend halten wir unsere Strompreise stabil», so ein Sprecher.
Vereinzelt wollen Anbieter die Preise sogar senken: der Dortmunder Versorger DEW21 zum 1. März in der Grundversorgung, die in Frankfurt am Main ansässige Eon-Tochter Süwag zum 1. Mai. RheinEnergie aus Köln und die Stadtwerke Göttingen kündigten dagegen an, die Preise zum 1. April zu erhöhen. Man werde die gestiegenen Netzentgelte komplett an die Kunden weitergeben, hieß es bei beiden. Die meisten der 26 von der dpa befragten Versorger machten dagegen noch keine konkreten Angaben. Man sei noch am Rechnen, hieß es. Ein Sprecher der Stadtwerke München fügte allerdings hinzu: «Klar ist jedoch bereits: Der Strompreis wird steigen.»
Dass die höheren Netzentgelte, die bereits seit 1. Januar gelten, nicht sofort auf den Strompreis der Verbraucher aufgeschlagen wurden, liegt an der Kurzfristigkeit der Entscheidung: Erst am 13. Dezember hatte die Ampelkoalition beschlossen, den Zuschuss zum Stromnetz zu streichen, die Fernleitungsbetreiber haben daraufhin die Netzentgelte zum Jahreswechsel erhöht.
Verband erwartetet höhere Preise
Wegen der kurzen Frist sei es den Versorgern nicht möglich gewesen, dies bereits zum 1. Januar an ihre Kunden weiterzugeben, sagte Kerstin Andreae, die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. In der Grundversorgung müssten Erhöhungen sechs Wochen vorher angekündigt werden, bei anderen Verträgen in der Regel mindestens einen Monat vorher. Sie gehe aber davon aus, dass die meisten Versorger die Erhöhung demnächst nachholen werden, fügte Andreae hinzu.
Dass einige Versorger die Preise dennoch stabil halten oder sogar senken, erklärte sie mit den zuletzt gesunkenen Beschaffungskosten. «Da die Beschaffungsstrategien der Energieversorger sehr unterschiedlich sind, können im Einzelfall günstigere Beschaffungskosten eventuell die gestiegenen Netzentgelte teilweise kompensieren.»
Auch die Erhöhung der Netzentgelte schlägt nach Berechnungen des auf Energieunternehmen spezialisierten IT-Dienstleisters Enet weniger stark als befürchtet auf durch: Von den 3,3 Cent pro Kilowattstunde, die bei den Fernleitungen aufgeschlagen wurden, kämen bei lokalen Verteilnetze, an denen die Haushalte hängen, im Schnitt nur 1,1 Cent an, hat das Unternehmen aus Hückelhoven in Nordrhein-Westfalen nach Auswertung der regionalen Preisblätter errechnet. Damit falle die Erhöhung für Privatkunden glimpflicher aus als zunächst befürchtet. Im Schnitt bedeute das für einen typischen Familienhaushalt mit 3500 Kilowattstunden Jahresverbrauch noch eine Mehrbelastung von knapp 38 Euro pro Jahr. Das sei aber deutlich weniger, als viele zunächst befürchtet hatten.