Führende Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen zunächst nicht mit dramatischen Auswirkungen der angekündigten US-Strafzölle gegen Kanada, Mexiko und China auf die deutsche Wirtschaft.
03.02.2025 - 15:46:08Deutsche Ökonomen fürchten Eskalation des Handelskonflikts
Das würde sich jedoch ändern, sobald US-Präsident Donald Trump Strafzölle gegen die EU folgen lässt. So lautet die einhellige Einschätzung am Münchner Ifo-Institut, im Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und am Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in den Antworten auf eine dpa-Anfrage.
Zölle gegen die EU die eigentliche Gefahr
"Die Effekte für Deutschland werden insgesamt nur marginal sein", sagt Julian Hinz, Leiter des Forschungszentrums Handelspolitik am IfW. "Das liegt daran, dass es zwar negative Einflüsse gibt - Preise werden steigen, Kaufkraft sich verringern, Produktion wird zurückgehen - aber es auch leicht positive Effekte für deutsche Unternehmen durch Handelsumleitungen geben kann. Dennoch sollte man die amerikanischen Zölle auf kanadische, mexikanische, und chinesische Produkte sehr ernst nehmen, sagt der Wissenschaftler. "Denn es ist nun umso mehr davon auszugehen, dass auch Zölle gegen EU-Produkte kommen werden."
Zunächst sogar ein leichter positiver Effekt möglich
Auch die Münchner Ökonomin Lisa Flach meint, dass deutsche Exporte in die USA sogar steigen könnten, "da Produkte aus China, Kanada und Mexiko in den USA weniger wettbewerbsfähig werden." Für Deutschland bestehe das höchste Risiko weiterhin darin, "das nächste Ziel der Trump-Zölle zu werden", sagt die Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft.
Das DIW in Berlin rechnet ebenfalls nur mit geringen direkten Auswirkungen. Dem stehe aber das stark gestiegene Risiko eines eskalierenden globalen Handelskonfliktes gegenüber, sagen die Konjunkturexperten Pia Hüttl und Ruben Staffa. "Die exportabhängige Wirtschaft Deutschlands hätte hier besonders viel zu verlieren."
Zollkrieg würde Industrierezession verschärfen
"Ein Zollkrieg würde die Industrierezession in Deutschland weiter verschärfen", prophezeit der Ökonom Friedrich Heinemann am Mannheimer ZEW. Wenn Trump - wie zu erwarten - auch Waren aus der EU mit Zöllen belege, werde das wichtige Industriebranchen treffen, "die einen besonders hohen Handelsüberschuss mit den USA haben: den Fahrzeugbau, den Maschinenbau, die Pharmaindustrie und die Elektrotechnik."
Trumps Politik könnte auch die Abwanderung heimischer Unternehmen beschleunigen. "Wir müssen damit rechnen, dass manche deutsche Industrieunternehmen sich für eine Verlagerung von Teile der Produktion in die USA entscheiden, um sowohl von den geplanten niedrigeren Steuern zu profitieren als auch um Zölle zu umgehen", sagt Ifo-Außenhandelschefin Flach.
Die USA hätten bei vielen Standortfaktoren die Nase vorn, meint ZEW-Ökonom Heinemann. "Der Arbeitsmarkt ist flexibler, die Bürokratie geringer, die Arbeitsbereitschaft der Menschen ist höher, die Energiekosten sind niedriger. Es braucht keine Trump-Zölle, um den Exodus in Richtung USA auszulösen, er ist ohnehin im Gang."