Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump wird Deutschland nach Einschätzung führender Wirtschaftsforschungsinstitute in der Rezession halten.
10.04.2025 - 11:55:56Wegen Trumps Zöllen droht weitere Rezession
Zwar prognostizieren die fünf Institute für das laufende Jahr ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Davon müssten aber wegen der US-Zollpolitik mindestens 0,1 Prozentpunkte abgezogen werden, hieß es in der in Berlin vorgestellten sogenannten Gemeinschaftsdiagnose.
Deutschland droht damit ein drittes Jahr der Rezession, also anhaltend schrumpfender Wirtschaftsleistung. "Die geopolitischen Spannungen und die protektionistische Handelspolitik der USA verschärfen die ohnehin angespannte wirtschaftliche Lage in Deutschland", erklärte Torsten Schmidt, Konjunkturchef des RWI - Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung.
Der Trump-Effekt
So erwarten die Ökonomen, dass die US-Zölle auf Aluminium, Stahl und Autos in Höhe von 25 Prozent inklusive Gegenzöllen der EU das BIP in diesem und dem kommenden Jahr um jeweils 0,1 Prozentpunkte drücken. Wenn Trumps jüngste Zollerhöhungen von Anfang April sowie Gegenzölle hinzukommen, dürften sich die Einbußen auf jeweils 0,2 Prozentpunkte in beiden Jahren verdoppeln, so die Fachleute. Die konkreten Auswirkungen ließen sich aber schlecht benennen.
"So hohe Zollsätze gab es in den USA seit der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre nicht", schreiben die Experten - und die Auswirkungen der Einfuhrabgaben ließen sich nur schwer beziffern. Das bremst den Welthandel aus: Produktion wird teuer, hinzu kommt die Unberechenbarkeit. Investoren dürften deshalb Entscheidungen aufschieben. Bei ihrer vorherigen Prognose im Herbst hatten die Institute noch 0,8 Prozent Wachstum erwartet.
Hoffnung auf Aufwind im nächsten Jahr
Für das kommende Jahr erwarten die Institute wie schon im Herbst ein Wachstum von 1,3 Prozent - allerdings von einem niedrigeren Niveau ausgehend. 0,3 Prozentpunkte gehen dabei auf eine höhere Zahl an Arbeitstagen zurück. Hier sind die jüngsten US-Zölle allerdings nicht eingerechnet.
Es ist nicht nur die Wirtschaftslage
Deutschland hat strukturelle Probleme. China macht Konkurrenz, ein Teil der energieintensiven Industrie scheint dauerhaft weggebrochen, schreiben die Fachleute. Demnach schrumpft die Erwerbsbevölkerung, und die Bürokratie drückt.
Der Rat der Institute: Die sozialen Sicherungssysteme in einer alternden Gesellschaft absichern, mehr Anreize zum Arbeiten und qualifizierte Zuwanderung. Energiepreise müssten sinken, Treibhausgas-Einsparungen vorrangig über einen CO2-Preis erzielt werden. Auch eine "durchgreifende Entbürokratisierung" sei nötig.
Was bringt Schwarz-Rot?
Die werdende Koalition aus CDU/CSU und SPD hat sich mit Hilfe der Grünen finanziell Luft verschafft. Die Schuldenbremse ist für Verteidigungsausgaben gelockert worden, zudem stehen 500 Milliarden aus einem Sondervermögen vor allem für Investitionen in die Infrastruktur zur Verfügung. Die Ökonomen gehen davon aus, dass die Politik sich damit weniger um Einsparungen bemüht.
Für das laufende Jahr dürften der Prognose zufolge kaum zusätzliche Mittel fließen. Für 2026 rechnen die Institute hingegen mit Mehrausgaben von knapp 24 Milliarden Euro und einem um 0,5 Prozentpunkte höheren BIP-Wachstum, das sie in ihren Wachstumserwartungen bereits einkalkuliert haben.
Die Deutschen sparen
Auch wenn die Menschen wieder mehr Geld in der Tasche haben, legte der private Konsum im vergangenen Jahr mit 0,3 Prozent nur wenig zu. Viel Geld floss in Ersparnisse, die Sparquote lag 2024 bei 11,4 Prozent - so viel vom verfügbaren Einkommen gaben private Haushalte nicht aus, sondern legen es zurück.
Die lange Zeit hohe Inflation hat sich im vergangenen Jahr auf 2,2 Prozent abgeschwächt. Die Institute erwarten, dass das Niveau der Teuerung im laufenden Jahr so bleibt und im kommenden Jahr leicht sinkt auf 2,1 Prozent.
Die Arbeitslosenquote dürfte dem Gutachten zufolge von 6,0 Prozent im vergangenen auf 6,3 Prozent im laufenden Jahr steigen und im kommenden Jahr wieder auf 6,2 Prozent sinken. Vor allem im Verarbeitenden Gewerbe, am Bau und bei Unternehmensdienstleistern gingen Arbeitsplätze verloren. Im öffentlichen Dienst, in der Erziehung und im Gesundheitsbereich entstünden neue Jobs.
Die "Gemeinschaftsdiagnose" wird im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellt vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, dem Ifo Institut, dem Kiel Institut für Weltwirtschaft, dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle und dem RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Essen. Sie fließt ein in die Regierungsprognose, auf deren Basis werden die Steuereinnahmen geschätzt.