ROUNDUP, Bund-LĂ€nder-AG

Die Pflege kommt Millionen Betroffene und Angehörige immer teurer zu stehen, und auch die Kosten fĂŒr die Pflegeversicherung steigen und steigen.

07.07.2025 - 07:35:03

Bund-LĂ€nder-AG fĂŒr große Pflegereform startet

Um die Finanzierung grundlegend zu stabilisieren, soll jetzt eine Arbeitsgruppe von Bund und LĂ€ndern VorschlĂ€ge fĂŒr eine Reform entwickeln. Das im Koalitionsvertrag von Union und SPD vorgesehene Gremium kommt heute zu seiner konstituierenden Sitzung bei Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zusammen. Ergebnisse sollen noch in diesem Jahr her.

Ziel ist ein "Zukunftspakt Pflege", wie es vorab aus dem Ministerium hieß. Der AG gehören aus der Bundesregierung auch Familienministerin Karin Prien (CDU) und weitere Ministerien an, auf LĂ€nderseite die fĂŒr Pflege zustĂ€ndigen Ressortchefinnen und Ressortchefs. Beteiligt sind außerdem die kommunalen SpitzenverbĂ€nde und die schwarz-roten Koalitionsfraktionen im Bundestag.

Die Finanznöte in der Pflege sind schon chronisch geworden. Nach einem Defizit von 1,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr kam Anfang 2025 die nĂ€chste Beitragsanhebung nach der vorherigen im Sommer 2023. In diesem Jahr erwartet die Pflegeversicherung ein kleines Minus von 166 Millionen Euro. Die Bundesregierung will zur Stabilisierung ein Darlehen von 500 Millionen Euro zuschießen und 2026 noch eins von 1,5 Milliarden Euro. Damit im nĂ€chsten Jahr nicht gleich wieder Beitragserhöhungen kommen mĂŒssen, fehlt aber noch Geld.

Die Finanzspritzen sollen der Politik jetzt Zeit verschaffen, um die angepeilte "große Reform" anzugehen. Die Baustellen und Stellschrauben im Überblick:

Mehr PflegebedĂŒrftige

Die Zahl der Menschen, die Pflegeleistungen bekommen, nimmt deutlich zu - und zwar "in stĂ€rkerem Maße, als durch die Alterung der Gesellschaft erwartbar ist", wie das Statistische Bundesamt erlĂ€uterte. Hintergrund ist eine Reform von 2017, die weiter gefasste Kriterien fĂŒr die Einstufung einer PflegebedĂŒrftigkeit einfĂŒhrte. Aktuell gibt es 5,6 Millionen LeistungsempfĂ€nger, nachdem es 2019 4,0 Millionen gewesen waren. Bis 2055 könnte es nach einer Prognose der amtlichen Statistiker einen Anstieg auf 7,6 Millionen PflegebedĂŒrftige geben.

Mehr Kosten

Die Ausgaben der Pflegeversicherung stiegen im vergangenen Jahr auf 63,2 Milliarden Euro nach knapp 57 Milliarden Euro 2023. Im Jahr 2014 waren es noch 24 Milliarden Euro gewesen und 2019 gut 40 Milliarden Euro. Ein großer Kostenfaktor sind dabei steigende Personalausgaben fĂŒr dringend benötigte PflegekrĂ€fte. Seit 2022 darf es VersorgungsvertrĂ€ge der Pflegekassen nur noch mit Heimen geben, die nach TarifvertrĂ€gen oder Ă€hnlich bezahlen.

Mehr aus eigener Tasche

FĂŒr PflegebedĂŒrftige und ihre Angehörigen bedeutet Pflege, dass sie einen Teil selbst zahlen mĂŒssen - und der steigt und steigt. Denn die Pflegeversicherung trĂ€gt anders als die Krankenversicherung nicht die vollen Kosten. FĂŒr die rund 800 000 PflegebedĂŒrftigen in Heimen kommen Unterkunft und Verpflegung dazu, weitergegeben werden auch Umlagen fĂŒr Investitionen in den Heimen und Ausbildung. Anfang 2025 summierte sich das nach Kassendaten im ersten Jahr des Heimaufenthalts im Bundesschnitt auf fast 3000 Euro im Monat.

Erste Entlastungen

Einige KostendĂ€mpfer haben vorherige Bundesregierungen schon installiert. So bekommen Heimbewohnerinnen und Heimbewohner inzwischen angehobene ZuschlĂ€ge, die den Anstieg der Zuzahlungen fĂŒr die reine Pflege mildern sollen. Die Pflegekassen kostet das jĂ€hrlich Milliarden. Das Pflegegeld fĂŒr Menschen, die daheim betreut werden, wurde 2024 nach mehreren Jahren wieder erhöht. Ein Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro pro Jahr wurde aber gestrichen.

Palette an VorschlÀgen

Diverse VorschlĂ€ge fĂŒr eine Finanzreform liegen lĂ€ngst auf dem Tisch: von mehr Steuermilliarden ĂŒber Deckel fĂŒr Eigenanteile bis zu einem Umbau des Modells zu einer Vollversicherung, die alle Pflegekosten trĂ€gt. Die Pflegekassen fordern auch, dass der Bund Milliardenausgaben aus der Corona-Krise erstattet und RentenbeitrĂ€ge fĂŒr pflegende Angehörige ĂŒbernimmt. Die Bund-LĂ€nder-AG soll auch Anreize fĂŒr mehr Eigenvorsorge prĂŒfen - und den Umfang von Leistungen.

Bayern fordert mehr Geld vom Bund fĂŒr Pflegeversicherung

Vor dem Treffen forderte Bayern noch einmal deutlich mehr Bundesmittel fĂŒr die Pflegeversicherung. Versicherungsfremde Leistungen mĂŒssten endlich aus Steuermitteln finanziert werden, die nachhaltige Finanzierung dĂŒrfe nicht durch Darlehen "auf die lange Bank" geschoben werden, sagte Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) der "Augsburger Allgemeinen".

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz verwies auf die hohen Kosten, die fĂŒr Versicherte und HilfsbedĂŒrftige noch hinzukĂ€men. So zahlten Pflegeheimbewohner etwa die medizinische Pflege aus eigener Tasche, kritisierte Vorstand Eugen Brysch. Die Bund-LĂ€nder-Kommission mĂŒsse Fehlentwicklungen stoppen.

@ dpa.de