Die geplanten ersten direkten Gespräche zwischen der Ukraine und Russland seit rund drei Jahren über ein Ende des russischen Angriffskriegs werden zur Hängepartie.
15.05.2025 - 17:40:21Hängepartie in Istanbul: Ukraine-Gespräche verzögern sich
Beide Kriegsparteien betonten zwar ihre Gesprächsbereitschaft, allerdings war am späten Nachmittag nicht klar, ob und wann es zu dem Treffen kommt - noch am Donnerstag oder erst am Freitag.
Die Absage von Kremlchef Wladimir Putin hatte die Erwartungen am Mittwochabend gedämpft. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Putins Anwesenheit gefordert, da er der Einzige sei, der über den Krieg zu entscheiden habe.
Was Trump zur Lage sagt
US-Präsident Donald Trump äußerte sich zurückhaltend. Er rechne bis zu einem persönlichen Treffen von ihm und Putin nicht mit echter Bewegung. "Es wird nichts passieren, bis Putin und ich zusammenkommen", sagte Trump nach Angaben von mitreisenden Reportern auf dem Flug von Katar in die Vereinigten Arabischen Emirate.
"Ich glaube nicht, dass irgendetwas passieren wird, bis er und ich zusammenkommen - ob es Ihnen gefällt oder nicht", sagte der Republikaner demnach. Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine müsse aber gelöst werden, denn es kämen zu viele Menschen durch den Krieg ums Leben.
Selenskyj kommt nicht
Trotz Putins Absage entsandte Kiew eine Delegation nach Istanbul. Selenskyj selbst, der sich in Ankara mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan traf, will nicht an den geplanten Gesprächen teilnehmen.
Die ukrainische Delegation wird von Verteidigungsminister Rustam Umjerow geleitet, der auch zu den Unterhändlern bei den Gesprächen mit den Vertretern des Weißen Hauses gehörte. Die ukrainischen Diplomaten wollen auch am Freitag noch in Istanbul sein. Sie hätten das Mandat, über eine Waffenruhe zu verhandeln, stellte Selenskyj klar.
Die russische Delegation habe den Auftrag von Kremlchef Putin, über eine Lösung des Konflikts zu verhandeln, sagte Verhandlungsführer Wladimir Medinski. Es gehe da weiter, wo die Gespräche vor drei Jahren abgebrochen worden seien. Russland sei auf konstruktive Gespräche und Kompromisse eingestellt.
Medinski - politisches Leichtgewicht mit Verhandlungsgeschick
Der russische Chefunterhändler gilt in Moskau als politisches Leichtgewicht. Einen Namen gemacht hat sich der frühere Kulturminister und jetzige Berater Putins mit dem Umschreiben von Geschichtslehrbüchern entsprechend der aktuellen politischen Konjunktur. Im Gegensatz zu den ebenfalls der Delegation angehörenden Vertretern des Militärs, Igor Kostjukow aus dem Generalstab und Vizeverteidigungsminister Alexander Fomin, gilt er nicht als Hardliner.
Der aus der Ukraine stammende Medinski war auch an den Verhandlungen 2022 kurz nach Kriegsbeginn beteiligt. "Er hat sich dabei als ziemlich anständiger Diplomat erwiesen - in dem Sinne, dass er versucht hat, die bestehenden Differenzen nicht zu verschärfen, sondern zu glätten", bescheinigt ihm der ins Ausland geflohene russische Politologe Abbas Galljamow.
Lange Verzögerungen und weitere Vorwürfe
Die Gesprächsatmosphäre ist aufgeladen von gegenseitigen Vorwürfen. Im Tagesverlauf verstärkten beide Seiten das Störfeuer.
Selenskyj kritisierte die russischen Vertreter als zweitklassig "Das Niveau der russischen Delegation ist ein regelrechtes Täuschungsmanöver", sagte er vor dem Treffen mit Erdogan in Ankara.
Derweil befeuerte der russische Außenminister Sergej Lawrow, der selbst nicht zu den Friedensverhandlungen anreiste, die Spannungen mit scharfen Kommentaren. Dabei bezeichnete er Selenskyj bei einem öffentlichen Auftritt in Moskau als "jämmerlichen Kerl", weil dieser die Anwesenheit Putins bei den Verhandlungen gefordert hatte.
Lawrow macht Europa rhetorisch zur Zielscheibe
Lawrow kritisierte die Unterstützung der Europäer für Selenskyj als Kriegstreiberei. Russland wirft dem Westen vor, den Krieg mit Waffenlieferungen am Laufen zu halten - und die Ukraine so anzutreiben, ihre besetzten Gebiete zurückzuerobern. Die von den Europäern forcierten Initiativen für eine Sicherung des Friedens in der Ukraine etwa durch die Stationierung von Truppen lehnte Lawrow kategorisch ab.
Trump bereit, zu den Gesprächen zu stoßen
US-Präsident Trump hatte in den vergangenen Tagen mehrfach gesagt, dass Putin ihn gerne bei den Gesprächen dabeihaben wolle und andernfalls wohl nicht persönlich erscheinen werde. Der US-Präsident hält sich offen, zu einem späteren Zeitpunkt noch zu den Gesprächen in der Türkei dazuzustoßen. "Falls etwas passiert, würde ich am Freitag hingehen, wenn es angemessen ist", sagte Trump zuvor bei seinem Besuch in Katar. Er hatte immer wieder betont, den Krieg zwischen Russland und der Ukraine rasch beenden zu wollen.