Der prominente russische Außenpolitik-Experte Fjodor Lukjanow sieht US-Präsident Donald Trump als echten Vermittler im Ukraine-Konflikt.
01.03.2025 - 07:16:49Moskauer Experte: Trump vollzieht 'fundamentale Kehrtwende'
Er stelle sich weder auf die Seite Russlands noch auf die der Ukraine, sehe wie ein echter Diplomat beide Parteien als Schuldige an dem Konflikt und habe nur das Ziel, den Krieg zu beenden, sagte Lukjanow der russischen Zeitung "Kommersant". "Das ist eine fundamentale Kehrtwende", sagte der Chefredakteur der Fachzeitschrift "Russland in der globalen Politik".
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe bei seinem Auftritt im Weißen Haus unterschätzt, wie sehr sich die US-Politik unter Trump geändert habe. Er sei es in den vergangenen drei Jahren des Krieges gewöhnt gewesen, dass die Ukraine sich nach dem Motto: "Sie sind die Opfer, sie haben alle Rechte" alles erlauben könne und ihr niemand öffentlich widersprechen werde. Diese Gewissheit habe Selenskyj nun einen "bösen Streich" gespielt; er habe mit seinem Verhalten im Weißen Haus einen "fatalen Fehler" begangen.
"Trump hat sich, so seltsam das ist, für die klassische Diplomatie ausgesprochen, die notwendig ist, um Kriege zu beenden. Selenskyj und seine Anhänger lehnen sie ab und setzen auf einen sauberen Sieg. Doch der ist unerreichbar", sagte Lukjanow. Selenskyj habe mit seinem Auftritt bei Trump zugleich noch die Gruppe seiner europäischen Unterstützer entwaffnet.
Lukjanow: Selenskyjs Fehler ist ungeheuerlich
"Sie können sich über Trump ärgern, soviel sie wollen, und weitere Hilfe für die Ukraine fordern, aber Selenskyjs Fehler ist ungeheuerlich. Die Chance, den amerikanischen Präsidenten zu einer wohlwollenden Haltung zu bewegen, ist vertan", sagte Lukjanow. Selenskyj habe jetzt die Chance, auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin zuzugehen - oder den Krieg fortzusetzen.
Trump hatte Selenskyj im Weißen Haus scharf zurechtgewiesen und ihn aufgefordert, Frieden anzustreben. Der Ukrainer sei undankbar, weil er im russischen Angriffskrieg nur dank US-Waffen so lange durchgehalten habe. Die Gespräche wurden abgebrochen. Selenskyj verließ das Weiße Haus vorzeitig, ohne ein geplantes Abkommen über den US-Zugang zu ukrainischen Rohstoffen zu unterzeichnen. Später schrieb Trump in seinem sozialen Netzwerk Truth Social, dass Selenskyj nicht bereit sei für einen Frieden. Wenn er dazu bereit sei, könne er wiederkommen.