Deutschland, Finanzen

Der Kanzler spricht sich für eine europäische Börse aus, um zu verhindern, dass Firmen an Investoren in den USA abwandern.

18.10.2025 - 04:00:22

Aktionärsschützer unterstützen Merz-Vorstoß für Europa-Börse. Doch das ist schwieriger als es klingt.

  • Die EU ringt seit Jahren um eine Kapitalmarktunion in Europa (Archivbild) - Foto: Virginia Mayo/AP/dpa

    Virginia Mayo/AP/dpa

  • Handelssaal der Frankfurter Börse: In Europa gibt es unzählige Börsenplätze, der Kapitalmarkt ist zersplittert (Archivbild) - Foto: Boris Roessler/dpa

    Boris Roessler/dpa

  • Fordert eine «European Stock Exchange»: Kanzler Friedrich Merz - Foto: Niklas Graeber/dpa

    Niklas Graeber/dpa

Die EU ringt seit Jahren um eine Kapitalmarktunion in Europa (Archivbild) - Foto: Virginia Mayo/AP/dpaHandelssaal der Frankfurter Börse: In Europa gibt es unzählige Börsenplätze, der Kapitalmarkt ist zersplittert (Archivbild) - Foto: Boris Roessler/dpaFordert eine «European Stock Exchange»: Kanzler Friedrich Merz - Foto: Niklas Graeber/dpa

Europa bringt erfolgreiche Unternehmen hervor, doch oft ziehen sie die USA für einen Börsengang vor - wie der Mainzer Impfstoffentwickler Biontech oder der Bezahldienst Klarna. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will das ändern und fordert eine gemeinsame europäische Börse. Dafür erntet viel Zuspruch, doch die Umsetzung ist komplex.

«Der Vorschlag von Herrn Merz ist der Königsweg für Europa», sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer des Anlegerschutzvereins DSW. Eine zentrale europäische Börse, für die sich Frankfurt anbiete, würde Liquidität bündeln. «Dem stehen aber nationale Interessen entgegen, da alle Länder ihre eigene Börse haben wollen.»

Mehr als 500 Handelsplätze in der EU

Merz hatte jüngst im Bundestag gefordert, die Kraft des europäischen Binnenmarkts besser auszuschöpfen. «Wir brauchen eine Art European Stock Exchange, damit erfolgreiche Unternehmen wie zum Beispiel Biontech aus Deutschland nicht an die New Yorker Börse gehen müssen.» Der Mainzer Impfstoffentwickler, bekanntgeworden in der Corona-Pandemie, ging 2019 an die amerikanische Technologiebörse Nasdaq.

Vom SPD-Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil kommt «volle Unterstützung». Das sei ein sinnvoller Schritt, wenn es darum gehe, das Zusammenwachsen der europäischen Kapitalmärkte voranzubringen, sagte er am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington.

Auch die Deutsche Börse begrüßte den Vorstoß von Merz. «Mit über 500 Handelsplätzen hat die EU nicht nur den fragmentiertesten Markt geschaffen, sondern auch den intransparentesten, mit nur rund 30 Prozent des Aktienhandels an transparenten Börsen», erklärte der Dax-Konzern. Die Stärkung der Kapitalmärkte sei nötig, um wichtige gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen - etwa bei der Unternehmensfinanzierung oder der Altersvorsorge.

11,5 Billionen Euro auf Sparkonten

In den USA gibt es starke Börsen und große Investoren, während die Kapitalmärkte in Europa zersplittert sind. Die EU ringt seit Jahren darum, die Finanzmärkte in Europa zu vertiefen, die Umsetzung aber stockt.

Der Europäischen Zentralbank (EZB) zufolge liegen geschätzt rund 11,5 Billionen Euro in Europa auf den Sparkonten der Bürger. «Dieses Geld verliert an Wert, da die Rendite abzüglich Inflation negativ ist», sagt Tüngler. Würden nur Teile davon in die Kapitalmärkte fließen, ergäben sich gewaltige Summen. «Nur: Das Lenken von Ersparnissen an die Kapitalmärkte funktioniert schon in Deutschland nicht.» Die Idee von Merz sei gut, sagt Tüngler. «Nun müssen Taten folgen.»

@ dpa.de

Weitere Meldungen

Wirecard: BGH prüft Ansprüche von Aktionären nach Insolvenz. Nach einem Zwischenurteil aus München dürfen sie auf ein wenig Geld hoffen. Nun schaut Karlsruhe sich die Sache an. Zehntausende Aktionäre fordern im Insolvenzverfahren von Wirecard Schadenersatz. (Wirtschaft, 16.10.2025 - 14:06) weiterlesen...

Interhyp-Umfrage: Wachsender Frust über den Wohnungsmarkt. Doch bei denjenigen, die umziehen wollen oder müssen, wächst die Frustration. Wer in Zeiten des Wohnungsmangels eine Bleibe hat, will in der Regel nicht umziehen. (Wirtschaft, 16.10.2025 - 11:00) weiterlesen...

Nach Wirecard-Insolvenz: BGH prüft Ansprüche von Aktionären. Aktionäre und Gläubiger haben Milliarden verloren. Aber wer bekommt noch Geld aus der Insolvenzmasse? Die Frage geht nach Karlsruhe. Seit fünf Jahren ist der Finanzdienstleister Wirecard pleite. (Wirtschaft, 16.10.2025 - 05:00) weiterlesen...

Was bringt die Last-Minute-Operation für stabile Beiträge? Die Gesundheitskosten steigen, die Krankenkassenbeiträge auch: Diese Spirale will die Bundesregierung jetzt stoppen, und zwar erst einmal mit einem akuten Sparpaket. (Politik, 15.10.2025 - 17:38) weiterlesen...

Riskante Wetten: Aufsicht greift bei Turbo-Zertifikaten ein. Doch viele Produkte sind komplex und bescheren Privatanlegern hohe Verluste, kritisiert die Bafin - und interveniert. Mit Turbo-Zertifikaten können Kleinsparer gehebelt auf steigende Kurse setzen. (Wirtschaft, 15.10.2025 - 12:24) weiterlesen...

Last-Minute-Operation für stabile Beiträge Die Gesundheitskosten steigen, die Krankenkassenbeiträge auch: Diese Spirale will die Bundesregierung jetzt stoppen, und zwar erst einmal mit einem akuten Sparpaket. (Politik, 15.10.2025 - 04:59) weiterlesen...