Dekonstruktion, Taxi-Opfernarrativs

Berlin - Die Taxibranche klagt seit Jahren über sinkende Einnahmen und ungerechte Konkurrenz, doch die Zahlen zeichnen ein ganz anderes Bild.

30.09.2024 - 06:00:00

Dekonstruktion des Taxi-Opfernarrativs. Laut einer aktuellen Studie von Karim Kandil (Technische Universität Berlin) haben sich die Preise für Taxifahrten seit 1991 fast verdreifacht. Das ist mehr als das Doppelte des durchschnittlichen Preisanstiegs anderer Verkehrsanbieter. Selbst inflationsbereinigt haben sich die Kosten um fast die Hälfte erhöht, während die Preise für öffentliche Verkehrsmittel nur um ein Viertel gestiegen sind. Zeit, das Opfer-Narrativ der Taxibranche kritisch zu hinterfragen.

Explodierende Taxi-Tarife seit 1991

Die Preisentwicklung der vergangenen Jahrzehnte zeigt deutlich, wie stark die Tarife in der Taxibranche im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln gestiegen sind. 1991 kostete eine zehn Kilometer lange Taxifahrt in der Hauptstadt umgerechnet 10,56 EUR. Bis 2023 stieg der Preis auf 29,40 EUR. Das bedeutet eine prozentuale Erhöhung von 179%.

Vergleicht man dies mit anderen Verkehrsmitteln, wird das Ausmaß der Erhöhung noch deutlicher. Der durchschnittliche Tarif der Deutschen Bahn für Fahrten über 101 Kilometer lag 1991 bei umgerechnet 11,44 EUR. Bis zum Jahr 2020 stieg der Preis auf 23,10 EUR, eine Steigerung von 102%. Während auch hier eine deutliche Zunahme zu verzeichnen ist, fällt diese Erhöhung im Vergleich zu den Taxitarifen moderater aus.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Preisen für den öffentlichen Nahverkehr der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Eine einfache Fahrt kostete 1991 umgerechnet 1,43 EUR. Bis 2023 stieg dieser Preis auf 3,50 EUR, ein Anstieg um 145 %. Auch wenn dies eine spürbare Erhöhung ist, bleibt sie deutlich unter der massiven Preissteigerung im Taxigewerbe.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Taxitarife im Vergleich zu anderen Verkehrsanbietern die höchste Preissteigerung verzeichnet haben. Während die Preise für Bahnfahrten und den öffentlichen Nahverkehr in Berlin zwar gestiegen sind, explodierten die Kosten für eine Taxifahrt in der Hauptstadt nahezu um das Dreifache.

Inflation bereinigt: Taxi-Preise bleiben Spitzenreiter

Kritiker könnten bei dieser Rechnung einwenden: "Ja, aber was ist mit der Inflation?" Selbst unter Berücksichtigung der Inflation, also bei herausgerechneter Inflation, sind die Preise für eine zehn Kilometer lange Taxifahrt in Berlin um 43,4 % teurer geworden.

Zum Vergleich: Die Kraftstoffpreise haben inflationsbereinigt im gleichen Zeitraum nur um 29,6 % zugelegt. Die Fahrpreise des öffentlichen Nahverkehrs (BVG-Einzelfahrten) stiegen um 26 % und die Fahrpreise der Deutschen Bahn zeigen eine minimale inflationsbereinigte Steigerung von 4 %, während die Handelspreise für Kraftfahrzeuge sogar um 12,2 % gesunken sind.

Diese Zahlen machen eines deutlich: Während viele andere Sektoren Preissteigerungen verzeichneten, die in Relation zur Inflation moderat ausfielen oder sogar sanken, sind Taxis massiv teurer geworden. Doch was bedeutet das für die Erzählung der "leidenden" Taxibranche?

Wer ist hier wirklich das Opfer?

Die Studie von Karim Kandil entlarvt ein weitverbreitetes Missverständnis: Die Vorstellung, dass Taxifahrer in Deutschland von unfairen Bedingungen und neuer Konkurrenz gedrückt werden, ist zumindest in puncto Tarife schlichtweg falsch. Die Preissteigerungen der letzten Jahrzehnte, selbst wenn man die Inflation berücksichtigt, zeigen eindeutig, dass die Taxiindustrie ihre Preise über Druck auf die Kommunen erheblich erhöht hat und zwar weit über das Maß hinaus, das in anderen Verkehrsbranchen üblich ist. In einem Satz: Taxianbieter haben ihre Monopolstellung ausgenutzt. Die Verbraucher wenden sich nun ab.

Anstatt weiterhin ein Bild von sich als Opfer zu malen, sollten sich die Taxiunternehmen fragen, ob es nicht an der Zeit ist, die eigene Preisstrategie zu überdenken und transparenter zu gestalten. Vermehrt sehen sich die Kunden mit Preisen konfrontiert, die sie nicht mehr bezahlen können und wechseln zu Taxi-Alternativen.

Die Studie von Karim Kandil zeigt deutlich, dass das Narrativ der "finanziell leidenden" Taxibranche einer Revision bedarf. Es wird Zeit, dass die Diskussion über Taxi-Tarife auf einer faktenbasierten Ebene geführt wird.

Hier die ganze Studie von Karim Kandil MBA an der Technischen Universität Berlin lesen.

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Thomas Mohnke
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