(Aussagen von Selenskyj zur US-Wahl im 13.
10.07.2024 - 08:30:37Nato-Gipfel startet mit Signal an Ukraine. Absatz ergänzt)WASHINGTON - Zum Auftakt des Nato-Gipfels in Washington haben die USA und andere Partner der Ukraine weitere militärische Unterstützung zugesagt.
(Aussagen von Selenskyj zur US-Wahl im 13. Absatz ergänzt)
WASHINGTON (dpa-AFX) - Zum Auftakt des Nato-Gipfels in Washington haben die USA und andere Partner der Ukraine weitere militärische Unterstützung zugesagt. US-Präsident Joe Biden kündigte bei einem Festakt zum 75-jährigen Bestehen des Verteidigungsbündnisses an, die USA und weitere Nato-Staaten wollten Kiew zusätzliche Ausrüstung zur Abwehr russischer Luftangriffe liefern. Die Ankündigung fiel dürftiger aus, als manche erwartet hatten. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warb noch einmal für deutlich mehr Hilfe und die Aufnahme der Ukraine in das Bündnis.
Biden, der nach seinem verpatzten TV-Duell unter besonderer Beobachtung steht, brachte seinen Auftritt fehlerfrei über die Bühne, allerdings mithilfe eines Teleprompters.
Der Festakt wurde in der US-Hauptstadt im Andrew W. Mellon Auditorium ausgerichtet und damit an dem Ort, an dem am 4. April 1949 mit dem Washingtoner Vertrag das Gründungsdokument der Nato unterzeichnet wurde. Biden würdigte das Bündnis als die "größte und wirksamste Verteidigungsallianz in der Geschichte der Welt".
Alle Augen auf Biden gerichtet
Der Demokrat, der in diesem Jahr Gipfel-Gastgeber ist, kämpft derzeit an allen Fronten darum, seine Kandidatur für die Präsidentenwahl im November zu retten. Er hatte Ende Juni bei dem Fernseh-Duell gegen seinen republikanischen Herausforderer Donald Trump einen desaströsen Auftritt hingelegt. Das fachte die Debatte über seine mentale Fitness und seine Eignung für eine weitere Amtszeit in einem ganz neuen Ausmaß an. Derzeit wird jede Regung, jeder Satz in der Öffentlichkeit des 81-Jährigen genau analysiert.
Beim Nato-Festakt in Washington war Biden eine gewisse Anspannung anzumerken. Er trug seine Rede vor den Staats- und Regierungschefs der Nato-Mitgliedsstaaten ohne größere Patzer vor.
Die Ukraine im Fokus
Bei dem Gipfeltreffen steht der Ukraine-Krieg ganz oben auf der Agenda. Mit der Zusage weiterer Unterstützung der ukrainischen Luftabwehr sandten die USA und andere Alliierte gleich zum Start ein Signal an Kiew. Die Ukraine mahnt seit langem eindringlich, sie brauche vor allem Ausrüstung, um das Land vor russischen Luftangriffen zu schützen.
Kurz vor dem Nato-Gipfel hatte Russland schwere Attacken aus der Luft auf Kiew gestartet, unter anderem auf ein großes Kinderkrankenhaus. Das löste große Empörung aus.
Mehrere Nato-Länder - darunter die USA, Deutschland, Rumänien, die Niederlande und Italien - kündigten in einem gemeinsamen Statement nun an, sie wollten "zusätzliche strategische Luftverteidigungssysteme zur Verfügung stellen, darunter zusätzliche Patriot-Batterien, die von den Vereinigten Staaten, Deutschland und Rumänien gespendet wurden". Außerdem wollten die Niederlande und andere Partner Komponenten liefern, um ein weiteres Patriot-System zu betreiben, hieß es.
Eine künstlich aufgeblähte Ankündigung
Das meiste davon ist nicht neu. Bei dem deutschen Beitrag handelt es sich nach Angaben aus Kreisen der Bundesregierung um eines von drei bereits gelieferten Patriot-Systemen. Rumänien und die Niederlande hatten ihre Beiträge auch bereits zuvor in Aussicht gestellt.
Die USA aber schicken nun ein weiteres Patriot-System an Kiew. Eines hatten sie bereits geliefert. Das Patriot-Flugabwehrraketensystem zählt zu den modernsten der Welt. Mit ihm werden feindliche Flugzeuge, ballistische Raketen und Marschflugkörper bekämpft. Aus Nato-Kreisen hieß es, es sei enttäuschend, dass bis zu dem Gipfel nicht Zusagen für mehr Patriot-Systeme zustande gekommen seien.
In dem Statement sagen die Staaten Kiew allerdings auch Dutzende taktische Luftabwehrsysteme - etwa vom Typ Nasams oder Iris-T - zu, ebenso wie Hunderte zusätzliche Abfangraketen, die im Laufe des nächsten Jahres geliefert werden sollen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich. Auf der Plattform X schrieb er, die zusätzlichen Patriots und Luftabwehrsysteme würden dabei helfen, "russische Drohnen und Raketen zu zerstören und die Ukrainer besser vor russischem Terror aus der Luft zu schützen".
Bei einer Rede am Rande des Gipfels richtete Selenskyj den Blick auch auf die US-Präsidentschaftswahl im November. Die ganze Welt schaue auf den US-Wahlkampf und auch der Nato-Gipfel in Washington werde davon überschattet. Es sei an der Zeit, "aus dem Schatten zu treten, starke Entscheidungen zu treffen und zu handeln - und nicht auf den November oder einen anderen Monat zu warten", mahnte Selenskyj. "Wir müssen stark und kompromisslos sein, alle zusammen."
Nato-Generalsekretär wirbt für neue Beitritte
Stoltenberg nutzte seine Rede, um für eine Aufnahme von beitrittswilligen Ländern wie der Ukraine zu werben. Die Erweiterung des Bündnisses nach dem Ende des Kalten Krieges habe Europa geeint, den Weg zur Integration geebnet und Frieden und Wohlstand über den Kontinent gebracht. Wie damals müssten auch heute "Klarheit und Entschlossenheit" gezeigt werden, mahnte er.
Mögliche Nato-Einladung für Ukraine ist Streitthema
Mit den Äußerungen zur Nato-Erweiterung stellte sich Stoltenberg klar auf die Seite derjenigen Bündnismitglieder, die dem Beitrittswunsch der Ukraine sehr offen gegenüberstehen und dem Land schnelle Fortschritte im Aufnahmeprozess ermöglichen wollen. Positive Entscheidungen in diese Richtung werden vor allem wegen des Widerstandes von Bundeskanzler Olaf Scholz und Biden nicht erwartet.
Das wird am Mittwoch wichtig
Am Mittwoch beraten die Staats- und Regierungschefs, welche Fähigkeiten zur Verteidigung und Abschreckung das Bündnis angesichts internationaler Bedrohungen braucht. Auch China dürfte Thema sein. Insbesondere die USA nehmen die Volksrepublik als zunehmende Sicherheitsbedrohung wahr und legen besonderes Augenmerk auch auf die Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten der Nato im Indopazifik. Zu dem Gipfeltreffen sind Partner aus dem indopazifischen Raum eingeladen: Japan, Neuseeland, Südkorea und Australien.