Saß Manfred Genditzki 13 Jahre lang für einen Mord im Gefängnis, den es nie gegeben hat? Inzwischen hat sogar die Staatsanwaltschaft Zweifel an der Schuld des 63-Jährigen.
07.07.2023 - 05:15:5313 Jahre unschuldig in Haft? «Badewannen-Mord»-Prozess endet
Es ist ein mit Spannung erwartetes Urteil: Heute soll das Landgericht München I entscheiden, ob der Angeklagte Manfred Genditzki 13 Jahre lang unschuldig wegen Mordes im Gefängnis saß. In dem neu aufgerollten Prozess um den sogenannten Badewannen-Mord fordert inzwischen sogar die Staatsanwaltschaft Freispruch, weil es Zweifel daran gibt, ob es sich bei dem Tod einer alten Frau in einer Badewanne im oberbayerischen Rottach-Egern überhaupt um ein Verbrechen handelte und nicht schlicht um einen tragischen Unfall.
Der inzwischen 63-Jährige, der in der Wohnanlage der Getöteten als Hausmeister tätig war, war 2010 vom Landgericht München II zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nach Überzeugung des Schwurgerichts hatte er die Seniorin im Oktober 2008 in deren Wohnung nach einem Streit auf den Kopf geschlagen und dann in der Badewanne ertränkt. Er hat die Vorwürfe stets bestritten.
Gutachter entlasten Genditzki
Nach jahrelangem Kampf um ein Wiederaufnahmeverfahren war im April ein neuer Prozess gestartet. Im neuen Verfahren waren nun Gutachter gehört worden, die den inhaftierten Mann entlasten.
Möglich sei laut einem biomechanischen Gutachten, dass die Seniorin schlicht in die Wanne stürzte, sich den Kopf anschlug und ertrank. Laut einem thermodynamischen Gutachten starb die alte Frau mit sehr großer Wahrscheinlichkeit deutlich nach dem von der Staatsanwaltschaft angenommenen Tatzeitraum.
«Hat überhaupt eine Tat stattgefunden?» - das sei die entscheidende Frage, sagte Staatsanwalt Michael Schönauer in seinem Schlussplädoyer. Und diese Frage sei nun einmal nicht zweifelsfrei mit Ja zu beantworten. Die Staatskasse sei verpflichtet, Genditzki für 13 Jahre im Gefängnis zu entschädigen, sagte er und fügte hinzu, er finde «die passenden Worte nicht».
Verteidigerin «erschöpft»
Genditzkis Verteidigerin Regina Rick forderte einen Freispruch, der keinen Zweifel an der Unschuld ihres Mandanten lässt und keinen nur aus dem Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten. Sie sei «erschöpft», hatte Rick der Mediengruppe Münchner Merkur/tz kurz vor dem Urteil gesagt. «Dieser Fall war ein jahrelanger Marathon für mich.» Sie habe «vom ersten Moment an seine Unschuld geglaubt. Das ging ja damals schon aus den Akten hervor».
«Man verliert schon ein wenig die professionelle Distanz. Wenn ich nach über 20 Jahren Strafverteidigung noch ein Herz hätte, würde es manchmal brechen», sagte die Juristin. «Was dieser Mann durchgemacht hat, tut mir leid.»