Katastrophe, Skihotel

In einem Skihotel mit mehr als 200 Gästen bricht ein Großbrand aus, 79 Menschen sterben.

22.01.2025 - 11:53:04

Katastrophe in türkischem Skihotel - Kritik an Brandschutz. In die Trauer um die Toten mischt sich Wut - und dramatische Schicksale werden bekannt.

Nach dem verheerenden Brand in einem Skihotel mit mehr als 70 Toten in der Türkei nimmt die Suche nach Verantwortlichen an Fahrt auf. Vorwürfe mehren sich, dass der Brandschutz vernachlässigt wurde. Augenzeugen berichteten türkischen Medien übereinstimmend, dass etwa der Feueralarm nicht funktionierte und es keine Feuerlöscher gegeben habe. Die Feuerwehr musste zudem erst vom rund 40 Kilometer entfernten Stadtzentrum im nordwesttürkischen Bolu zu dem in den verschneiten Bergen liegenden Hotel anrücken.

Die größte Oppositionspartei CHP warf der islamisch-konservativen Regierung vor, im Jahr 2012 Brandschutzvorgaben gelockert zu haben. Sie kritisierte in einer Anfrage an das Tourismusministerium, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, zudem, dass in dem Hotel keine Sprinkleranlage eingebaut war, obwohl dies Pflicht sei. Dadurch habe sich das Feuer schneller ausbreiten können und zu höheren Opferzahlen geführt. Das Tourismusministerium äußerte sich auf Anfrage der dpa zunächst nicht zu den Vorwürfen. 

Elf Festnahmen

Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy hatte bereits am Dienstag die Verantwortung der Regierung zurückgewiesen und sah die lokale Feuerwehr in der Pflicht. Auch Vorwürfe, dass es keine Feuertreppen gegeben habe, wies der Minister zurück.

Der verheerende Brand war in der Nacht zu Dienstag in einem Skihotel mit mehr als 230 Gästen in der nordwesttürkischen Provinz Bolu ausgebrochen. 79 Menschen kamen in den Flammen ums Leben, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Mehr als 50 wurden verletzt. In der Türkei sind zurzeit Schulferien. Das Skigebiet Kartalkaya westlich von Istanbul ist ein beliebtes Ziel für Winterurlauber. 

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte versichert, dass Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden. Elf Menschen wurden laut Anadolu bislang festgenommen, darunter der Hotelbesitzer. Die Brandursache wird noch untersucht. 

15-köpfige Familie stirbt in Flammen

In der Nacht der Katastrophe hatten sich dramatische Szenen abgespielt. Überlebende beschrieben Medien Szenen der Panik aus der Nacht: Hotelgäste seien orientierungslos durch rauchverhangene Korridore gerannt, um den Ausgang zu finden, während andere aus Fenstern gesprungen seien, um zu entkommen. Ein Augenzeuge berichtete in einem TV-Interview, ein Mann habe sich aus Verzweiflung aus dem elften Stock in den Tod gestürzt. 

Nach und nach wird mehr über die Todesopfer bekannt. Darunter war etwa eine 15-köpfige Familie - eine Mitarbeiterin der halbstaatlichen Fluggesellschaft Turkish Airlines mit ihren 14 Angehörigen, wie die Airline der dpa bestätigte. 

Auch eine 24-Jährige entkam den Flammen nicht. Von ihrem Schicksal und dem ihres Vaters berichtet die Nachrichtenagentur DHA. Die Behörden informierten ihren Vater, der aus dem 1.200 Kilometer weit entfernten Mardin anreiste, um die sterblichen Überreste seiner Tochter in Empfang zu nehmen. Überwältigt von dem Verlust seiner Tochter, habe der Mann vor dem Krankenhaus, in dem die Autopsie durchgeführt wurde, einen Herzinfarkt erlitten. Der Vater wurde vor Ort ärztlich versorgt.

Starke Schäden am Hotel und Einsturzgefahr

Die Arbeiten am Ort des Unglücks gingen unterdessen weiter. Die Katastrophenschutzbehörde Afad und die Feuerwehr durchkämmten das Hotel erneut, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Weil in dem Gebäude vor allem Holz verbaut wurde, bestehe Einsturzgefahr. Das Dach des zwölfstöckigen Hotels sei stark beschädigt und der Sportbereich im unteren Stockwerk vollständig abgebrannt. 

Die Türkei hat eine düstere Bilanz, was Gebäudesicherheitsmaßnahmen angeht. Im vergangenen Jahr waren etwa 29 Menschen bei einem Brand in einem Nachtklub in Istanbul getötet worden. Auch für die hohe Opferzahl von offiziell mehr als 50.000 Toten durch die Erdbeben im Jahr 2023 machen Experten unter anderem Mängel an der Bausubstanz verantwortlich.

@ dpa.de