Neue MDR-Reportage: „Artensterben mit Ansage – Kein Ausweg aus dem Acker-Dilemma?“
19.07.2024 - 10:00:00Neue MDR-Reportage: „Artensterben mit Ansage – Kein Ausweg aus dem Acker-Dilemma?“. Leipzig - In dem neuen Film der MDR-Reihe „Exakt – Die Story“ lotet die Journalistin Loréne Gensel das Spannungsfeld zwischen Landwirtschaft, Naturschutz, Wissenschaft und Politik aus, stößt dabei auf manches Dilemma und zeigt, warum das Artensterben für die Menschen gefährlicher als der Klimawandel sein könnte: bereits ab Freitag, 19. Juli, in der ARD Mediathek und am Mittwoch, 24. Juli, um 20.45 Uhr im MDR-Fernsehen.
Massensterben. So nennen einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Naturschützer das, was auf unseren Äckern passiert. Von alarmierendem Ausmaß spricht die Politik: In der Agrarlandschaft ist immer weniger Platz für wildlebende Tiere und Pflanzen. Und das Aussterben geht dort besonders schnell, wo die Bauern besonders intensiv wirtschaften. Der Film zeigt das Dilemma auf zwischen der Dringlichkeit, diesen Trend umzukehren und den Gründen der Landwirte, genau das auszubremsen.
„Alle tun auf großer Fläche zur gleichen Zeit das Gleiche.“ Das ist nach Ansicht von Agrarexperte Dr. Nobert Röder vom Thünen-Institut die Formel, nach der sich Biodiversität in der Agrarlandschaft besonders schnell reduziert. Das ist die Realität moderner intensiver Landwirtschaft. Doch wie stoppt man diesen Prozess und kehrt ihn um? Darüber weiß die Wissenschaft noch recht wenig. Die Europäische Union wollte mit der letzten Reform ihrer Gemeinsamen Agrarpolitik einen großen Schritt gehen: Vier Prozent seiner Fläche sollte jeder Landwirtschaftsbetrieb pro Jahr brachliegen lassen als Bedingung für die Flächenprämie aus Brüssel.
Doch im Frühjahr 2024 hat die EU diese Bedingung revidiert. Der Film zeigt die Enttäuschung von Naturschützern. Sie hatten sich – nach entsprechenden Einschätzungen von Agrarexperten – einen echten Fortschritt für die Artenvielfalt in Feld und Flur erhofft von der Vier-Prozent-Pflicht. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Projektes „Via Natura 2000“ in Thüringen zeigen, wie klein ihre Schritte sind, wenn sie Partner gewinnen und Flächen ausfindig machen, um neue Feldraine anzulegen, wo dauerhaft einheimische Wildpflanzen wachsen. Ein Amphibien-Experte aus dem Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt erklärt, wie Äcker für Kröten, Molche und Frösche immer unwirtlicher werden.
Auf der anderen Seite kommt im Film der Landwirt Florian Grobe zu Wort. Als Geschäftsführer eines großen Agrarbetriebes in Thüringen mit 2000 Hektar Betriebsfläche erklärt er, was sein Unternehmen tut für Biodiversität rund um die Äcker und wo das Potential dafür aufgebraucht ist. Der Film zeigt, wie präzise moderne intensive Landwirtschaft arbeitet und damit in der Landschaft für klare Trennlinien sorgt.
Der Europaabgeordnete und Agrarpolitiker Norbert Lins (CDU) erklärt, unter welchen Vorzeichen die europäische Agrarpolitik die Stilllegungspflicht für die Landwirte zurückgenommen hat. Und wo er den Weg sieht, anstelle von Verpflichtungen mit Wahlfreiheit für die Landwirte und zusätzlichem Fördergeld den Artenschwund auf den Feldern trotzdem zu stoppen.
Aber muss uns Artensterben eigentlich sorgen, wo doch KI inzwischen so vieles kann und Nahrungsproteine längst künstlich im Labor hergestellt werden? Die Biologin Prof. Katrin Böhning-Gaese leitet das „Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum“. Die Trägerin des Deutschen Umweltpreises 2021 macht im Film deutlich, warum der Verlust von immer mehr Pflanzen- und Tierarten am Ende zum Zusammenbruch von Ökosystemen führt und warum genau das für uns noch gefährlicher ist als der Klimawandel.
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