Genie, Yamal

Spanien jubelt, Europa staunt: Lamine Yamal schreibt EM-Geschichte.

10.07.2024 - 13:36:24

«Genie» Yamal feiert EM-Historie - «Getauft» von Messi. Nach einem Bad als Baby mit Lionel Messi gibt es atemberaubende Parallelen. Ein deutscher Weltmeister ahnt, warum.

  • Dieses im September 2007 aufgenommene Foto zeigt den damals 20-jährigen Lionel Messi beim Baden des damals erst sechs Monate alten Lamine Yamal mit Yamals Mutter Sheila Ebana. - Foto: Joan Monfort/AP

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  • Spaniens Lamine Yamal feiert den 2:1-Sieg gegen Frankreich. - Foto: Peter Kneffel/dpa

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Dieses im September 2007 aufgenommene Foto zeigt den damals 20-jährigen Lionel Messi beim Baden des damals erst sechs Monate alten Lamine Yamal mit Yamals Mutter Sheila Ebana. - Foto: Joan Monfort/APSpaniens Lamine Yamal feiert den 2:1-Sieg gegen Frankreich. - Foto: Peter Kneffel/dpa

Super-Teenie Lamine Yamal präsentierte nach dem größten Auftritt seiner Karriere und dem Einzug in das EM-Endspiel liebend gerne ein unglaubliches Foto von sich und Lionel Messi. Der damals 20-jährige Messi hält das in ein flauschiges Tuch eingehüllte Baby Lamine besonnen im Arm, auf einem anderen badet er den erstaunten Knirps, auch Mama Yamal schaut zu. 

Mit «Reborn», also wiedergeboren, kommentierte der 16-jährige Yamal nach dem 2:1 gegen Frankreich in der Münchner Nacht das Foto von 2007. Verziert wurde der Internet-Post des Wunderkindes mit einem Ziegen-Emoji. Die Ziege, englisch Goat, steht für den «Greatest Of All Times», also hier Messi. Dahinter setzte Yamal noch ein Sternchen. Für sich? «Ich versuche, einfach Spaß zu haben und der Mannschaft zu helfen», sagte er nach dem Halbfinal-Coup.

Yamals Traum ist auch Mamas Traum

Der Stern von Yamal, der am Tag vor dem Endspiel am Sonntag im Berliner Olympiastadion 17 Jahre alt wird, stahlt bei der EM so hell wie noch nie. «Meine Mutter hat immer gesagt, dass es auch ihr Traum ist, dass ich bei der EM ein Tor mache», sagte Yamal, der zum Spieler des Spiels gekürt wurde. «Ich bin froh, dass ich mein erstes Tor gegen Frankreich in einem Halbfinale schießen konnte.»

Auf dem langen Weg auf die prestigeträchtige Turnier-Bühne ist schon recht unheimlich, dass der spätere Weltfußballer Messi mit dem vielleicht zukünftigen Weltfußballer Yamal im Rahmen eines Shootings für einen Wohltätigkeitskalender bereits im Jahr 2007 und dann auch noch so symbolträchtig in Kontakt kam. 

Beängstigende Parallelen

Die Parallelen zu Argentiniens Superstar Messi sind dabei so stark, dass ein Drehbuch-Autor vom Produzenten für eine arg konstruierte Geschichte kritisiert worden wäre. Messi trug damals in Barcelona die Nummer 19, Yamal jetzt in Spaniens Nationalteam. Messis glorreiche Geschichte mit Barça ist hinlänglich bekannt, Yamal will - künftig unter Ex-Bundestrainer Hansi Flick - eine neue Epoche mit den Katalanen prägen. 

Die einzigen beiden Spieler, die bei den beiden letzten Welt- oder Europameisterschaften mehr als 15 Chancen, 15 Schüsse und 15 Dribblings hatten, sind? Klar, Messi und Yamal. «Mit Messi kann man niemanden vergleichen», sagte der deutsche 2014er Weltmeister Christoph Kramer, «aber Yamal ist ein Wahnsinnsspieler.» Sein WM-Kollege Per Mertesacker wertete den Messi-Baby-Akt im ZDF als Sakrament. «Getauft, nicht gebadet.»

Deutscher Weltmeister lobt: Immer eine Nachricht

Nach dem Rückstand durch den ehemaligen Frankfurter Randal Kolo Muani (9. Minute) drehten Yamal mit einem traumhaften Schlenzer (21.) und der Leipziger Dani Olmo (25.) das Spiel. Vor dem 2:1 schaffte Yamal per Pass den Raum für Olmo. «Ich finde nicht nur seine Tempodribblings herausragend, sondern dass er immer den richtigen Pass im richtigen Moment mit der richtigen Schärfe findet», sagte Kramer. «Er gibt immer eine Nachricht mit seinem Pass.»

Spitze - gegen Rabiot?

Botschaften sendet der Jungspund aber auch verbal. Nach seinem Tor-Kunstwerk in der Arena rutschte er jubelnd auf Knien Richtung Bank, seine Zahnspange blitzte im Scheinwerferlicht. Die zu hörende Botschaft «Habla, habla» (redet und redet) galt angeblich dem ausgetanzten Adrien Rabiot. 

«Der, zu dem ich gesprochen habe, weiß schon, dass er gemeint ist», entgegnete Yamal pubertär keck. Rabiot hatte vor dem Spiel gesagt, man wolle Yamal aus der Komfortzone holen.

Jünger als Pelé

Dank seines Ausgleichstreffers mit gerade einmal 16 Jahren und 362 Tagen kürte sich Yamal zum jüngsten Torschützen der Turnier-Geschichte. Und nicht nur das. Er ist auch jünger als Brasiliens Legende Pelé bei dessen WM-Tor als jüngster Spieler.

«Lamine, weltweite Wirkung», titelte die spanische Sportzeitung «Marca». Ein «historischer Lamine Yamal» habe Spanien getragen, schrieb die französische Tageszeitung «Le Figaro». In das gewaltige Kontinental-Lob stimmte auch Nationaltrainer Luis de la Fuente ein. «Man hat die Genialität eines Genies gesehen», sagte der 63-Jährige.

Trainerrat: «Demütig bleiben»

Der langjährige Trainer der Nachwuchsnationalteams mahnte in diesem glanzvollen Kapitel EM-Geschichte aber auch zur Besonnenheit. «Ich möchte ihm einen Rat mit auf den Weg geben: Dass er weiter demütig und mit beiden Füßen auf dem Boden bleibt und sich weiter verbessern will», sagte de la Fuente. 

Er habe eine Mannschaft mit 26 «Fußball-Genies», sagte der Coach. «Die Mannschaft hat eine große Zukunft vor sich.». Ein Sonderlob bekam auch der Noch-Leipziger Olmo, der sich im EM-Schaufenster mehr und mehr für einen Mega-Transfer zeigt, etwa zu Yamals FC Barcelona oder Rodris Manchester City.

Eine goldene Generation?

Nach den spanischen Allesgewinnern von 2008 bis 2012 um Xavi, Andrés Iniesta und Leverkusens heutigen Meistertrainer Xabi Alonso wollen nun Yamal, Olmo und Nico Williams eine Epoche prägen. «Die goldene Generation musste das Vermächtnis auch erst aufbauen», sagte Leader Rodri.

Erst einmal geht's um das EM-Finale. «Mein Ziel war es, meinen Geburtstag hier in Deutschland zu feiern», sagte Yamal, dessen bis 2026 laufender Barcelona-Vertrag eine Ausstiegsklausel von einer Milliarde Euro haben soll. Für den Ehrentag vor dem Endspiel hat er keine großartigen Wünsche, höchstens das naheliegende: «Nichts, nur gewinnen, gewinnen, gewinnen.»

@ dpa.de